Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Monat: November 2021 (Seite 1 von 2)

S.A.M. Health

Mit der Corona-Krise sind viele Sachen kompliziert geworden, die ich früher mal eben so gemacht habe. Dazu gehören meine ärztlichen Untersuchungen. Seit ich in Hamburg wohne, lasse ich die nicht bei einem Arzt machen, sondern im Casa Blanca, einer Beratungsstelle in Altona. Da kann man normalerweise einfach zu den Öffnungszeiten vorbeigehen, anonym und ohne dass unangenehme Fragen gestellt werden. Seit Corona sind sie nicht mehr offen, sondern bieten nur noch Termine für Notfälle an – wozu ich mich nicht zähle.

Vor gut einem Jahr wurde ich dann auch ein Angebot der Deutschen Aidshilfe aufmerksam, dass sich S.A.M. Health nennt. Dort kann man sich Probenentnahme-Kits nach Hause schicken lassen, diese dann an ein Labor schicken, und bekommt das Ergebnis nach ein paar Tagen per SMS aufs Handy. Das habe ich jetzt zum zweiten Mal gemacht.

Beim ersten Mal letztes Jahr hatte ich arge Probleme mit der Blutentnahme. Man sticht sich in den Finger und streicht dann Bluttropfen in ein Röhrchen; beim ersten Versuch habe ich so ziemlich überall Blut gehabt (an der ganzen Hand, meiner Kleidung und im Waschbecken), aber keins im Röhrchen. Diesmal hat das ein Freund für mich gemacht, so dass ich die Hand einfach locker hängen lassen konnte und er beide Hände dafür frei hatte. Das hat deutlich besser geklappt! Neben der Blutabnahme macht man Abstriche mit Wattestäbchen, was völlig unkompliziert ist.

Getestet wird auf HIV, Syphilis, Tripper und Chlamydien – die häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten (und die nicht sofort Symptome verursachen). Das Ergebnis hatte ich schon nach zwei Tagen, alles in Ordnung. Toller Service, schnell und zuverlässig. Ein wenig fehlt mir der Kontakt zum Arzt, das kurze Gespräch, das Gefühl alles im Blick zu haben. Aber eigentlich ist diese Form der Kontrolle ausreichend – und im Moment auf jeden Fall die einfachere und sicherere Lösung.

samhealth.de

Geschichte: Cola light

Er saß noch entspannt im Sessel, als ich hinter ihn trat und ihm die Augen verband. Der schwarze Stoff senkte sich über seine Augenlieder und beraubte ihn dieses sonst so wichtigen Sinnes und intensivierte damit sein Fühlen – und sein Gefühl des ausgeliefert sein und benutzt werden. Mit einem Griff an seine Unterarme bedeutete ich, ihm, aufzustehen. Ich zog ihm das T-Shirt über den Kopf, legte Ledermanschetten um seine Handgelenke und fixierte sie mit einem Karabiner vor seinem Körper.

Dann ließ ich ihn erst mal so dort stehen, blind und hilflos, und ging genüsslich um ihn herum. Meine hohen Schuhe klackerten auf dem Boden. Meine Fingerspitzen strichen über seine Brust, ganz sanft, doch direkt gefolgt von meinen Fingernägeln, die Spuren auf seiner Haut hinterließen.

Mein Blick fiel auf das große Glas mit Cola light, das ich mir vorhin eingeschenkt und noch kaum getrunken hatte. Ein böses Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, als ich meine Finger in die kalte Flüssigkeit tauchte – und dann mit einer schnellen Bewegung über seine Brust zog.

Sein abruptes Ausatmen verriet mir, dass die Kälte ihre Wirkung getan hatte. Ich arbeitete dagegen, indem ich mit meiner warmen Zunge die klebrige Flüssigkeit wieder von seiner Haut leckte. Sein Atem ging nun schon deutlich unruhiger…

Ich legte die Hände auf seine Hüften und schob ihn rückwärts Richtung Bett, wo er sich automatisch auf die Kante setzte. Ich ging vor ihm in die Knie und zog ihm fürsorglich schon mal Schuhe und Strümpfe aus, bevor ich eine Hand auf seine Brust drückte und ihn dazu brachte, sich nach hinten zu legen, die Arme weit über dem Kopf.

Meine Finger strichen wieder über seine Brust, dann sein Gesicht. Sie umspielten seine Lippen und brachten ihn dazu, den Mund zu öffnen. Sanft biss ich ihn in die Schulter und ließ meine Zunge dann über seinen Kiefer tanzen, genoss es wie sein kurzer Bart auf meiner empfindlichen Haut kratzte.

Doch das Spiel mit dem Cola-Glas ließ mir keine Ruhe. Ich tauchte wieder die Finger hinein, ließ sie ihn ablecken. Dann kippte ich das Glas und ließ etwas von der kalten Flüssigkeit auf seine Brust fließen. Sie zerfloss schnell in alle Richtungen, schneller als ich sie mit meinem Mund auffangen konnte. Langsam saugte ich die kleinen Pfützen von seiner Brust, wanderte dann tiefer, über seinen Bauch, und leckte mit meiner Zunge den Rand seiner Boxershorts entlang, wo der letzte Rest versickert war.

Ich entschloss mich, diesen lästigen Stoff jetzt erst mal aus dem Weg zu schaffen, und zog ihm Hose und Shorts aus. Gedankenverloren nahm ich das Cola-Glas vom Nachttisch und nahm einen Schluck. Den zweiten Schluck behielt ich im Mund, beuge mich vor, und stülpte meine Lippen über seinen Schwanz.

Sein Atem stockte, als die kalte, prickelnde Flüssigkeit auf die empfindliche Haut seiner Eichel traf. Ich badete sie einen Moment darin, zog die Flüssigkeit durch die Zähne hin und her, bevor ich sie herunterschluckte und noch einen Moment die letzten Reste von seinem Schwanz lutschte.

Sein abgehackter Atem hallte mittlerweile durch den ganzen Raum. Ich kletterte wieder weiter nach oben und hob mit einer Hand seinen Kopf an, um ein Handtuch darunter zu schieben. Mit einer Hand öffnete ich wieder seinen Mund. Ließ meine Finger über seine Lippen gleiten, in seinen Mund, forderte seine Nachgiebigkeit, um dann mit der Hand seinen Unterkiefer festzuhalten, seinen Mund weit geöffnet.

Meine andere Hand hielt das Cola-Glas und kippte es unbarmherzig. Die klebrige Flüssigkeit ergoss sich über sein Gesicht und in seinen Mund, rann seitlich ins Handtuch und brachte ihn zum Husten. Ich wartete, bis er sich wieder beruhigt hatte, und verteilte die klebrige Nässe dann genüsslich auf seiner Haut.

Zeit für einen Geschmackwechsel. Ich schob zwei Finger tief in mich, spürte die klebrige Nässe, die so ganz anders war als die Zuckerklebrigkeit der Cola. Versonnen betrachtete ich, wie mein Saft zwischen meinen Fingern Fäden zog, bevor ich ihm die Finger in den Mund schob.

Ich bemerkte den Moment, in dem er den Geschmack erkannte, denn da begann er, gierig an meinen Fingern zu lutschen, um auch die letzten Reste abzuschlecken. Ich rutschte höher und platzierte mein Becken über seinem Gesicht, senkte es langsam ab und ließ ihn meinen Saft direkt dort kosten. Meine Hand hielt seinen Kopf fest, während sich seine Lippen und seine Zunge gierig zwischen meine prallen Lippen bohrten.

Ich griff nach hinten, um seinen Schwanz in Form zu bringen; umschloss ihn mit einer Hand und rieb ihn hart, um dann ein Gummi darüber zu ziehen und mich ohne weitere Umschweife darauf niederzulassen. Sein Becken zuckte mir entgegen, was ich mit einem harten Schlag gegen seinen Brustkorb quittierte und der Auforderung: „Stillhalten!“

Genüsslich bewegte ich mich auf seinem Schwanz, ließ mein Becken kreisen und beobachtete das Verlangen in seinem Gesicht. So leicht würde ich es nicht machen. Ich löste mich wieder von ihm, drehte mich um und schob ihm wieder mein Becken hin. Seine Zunge leckte gierig an mir, während ich seinen Schwanz mit der Hand umfasste.

Kurz überlegte ich, ihn auch ihn den Mund zu nehmen, doch dann begnügte ich mich damit, ihn hart zu wichsen und sein Keuchen zwischen meinen Beinen zu spüren. Unbarmherzig wurde ich immer härter und schneller, trieb ihn auf den Punkt zu, wo er es nicht mehr aushalten würde.

Sein Sperma spritzte in heißen Stößen über seinen Bauch, und seine Zunge löste sich von mir. Ich setzte mich nach hinten und bettete seinen Kopf in meinen Schoß, hielt seinen Kopf und ließ ihn das eben erlebte nachspüren.

(geschrieben am 10.07.15)


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Machtspiel

Ich hatte vor ein paar Tagen einen Chat-Kontakt, der mich am Anfang irritiert, später dann geärgert hat. Das Profil kannt ich nicht, und es enthielt zwar ein Bild, auf dem war jedoch nicht viel zu erkennen. Er schrieb mich mit einem nichtssagenden Spruch an, den ich erst konterte, um dann gleich zu korrigieren: „Das passt wohl nicht mit uns beiden, denn ich deinem Profil steht, dass du immer über Nacht zu dir einlädst – ich biete weder Hausbesuche noch Overnight an.“

Dann stellt sich heraus, dass wir uns wohl für ziemlich langer Zeit schon mal getroffen hatten – und er wurde patzig, weil ich mich nicht an ihn erinnerte. (Nein, nach mehreren Jahren ist das selten der Fall, und wenn dann erkenne ich dich vielleicht bei einem Treffen wieder, aber nicht am Telefon oder per Mail.)

Dem folgte ein wirrer Dialog, in dem er versuchte, mich zu einem Reeperbahnbummel zu überreden, und ich das ablehnte, weil sowas nicht mein Ding ist – mache ich privat nur selten, während Corona erst recht nicht, und ich treffe nur ungern Kunden außerhalb meiner Räume. Er versuchte mich zu überzeugen: erst indem er darauf hinwies, dass ich zu unflexibel sei, dann indem er mir mehr Geld bot, und dann mit Betteln, dass er das aber unbedingt mit mir machen wolle.

Ab irgendeinem Punkt merkte ich, dass ich innerlich abschaltete und generell mir kein Treffen mehr mit ihm vorstellen konnte. Das übersehen manche Kunden, wenn sie im Vorweg so eine Unruhe reinbringen: es geht nicht um eine technische Dienstleistung, sondern auch ich muss mit einem guten Gefühl in so ein Treffen gehen, sonst kommt da nichts Vernünftiges bei rum. Wenn ich mich vorher schon verunsichert oder genervt fühle, macht das fast keinen Sinn mehr.

Grenzen und Urteile

Letzte Woche gab es in Düsseldorf ein Gerichtsurteil, bei dem die Klage einer Tantra-Masseurin, sich nicht nach Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG) registrieren zu müssen, abgelehnt wurde. Es gab in den letzten Jahren mehrere Vorstöße des Tantramassageverbandes in diese Richtung; immer wieder wird versucht, Tantra-Massagen als therapeutische Massagen hinzustellen und deutlich von der Prostitution abzugrenzen.

Meine Erfahrungen mit Tantra-Massagen zu schildern und die daraus resultierende Meinung zu dem Thema würde den Rahmen dieses Textes sprengen, und gerade geht es mir um etwas anderes. Sowohl innerhalb als auch außerhalb der Branche wird viel darüber diskutiert, was genau Prostitution/ Sexarbeit beinhaltet und wo die Grenzen liegen. Auch versuchen einige Menschen, so etwas wie eine Hierarchie zu etablieren und Grenzen zu ziehen: Tantra-Massagen sind gut, Sex ist schlecht; Escort ist gut, Straßenstrich ist schlecht; selbstbestimmt ist gut, mit Anleitung ist schlecht; und so weiter.

In den letzten Jahren gibt es zum Glück auch immer wieder Stimmen, die sich gegen diese Abgrenzungen stellen und versuchen, sich allgemein für die Anerkennung von Sexarbeit in allen Bereichen einzusetzen (besonders fällt mir dazu der Berufsverband Sexarbeit ein). Für viele Anbieterinnen ist es schwierig, ihr Selbstbild klar rüberzubringen und nicht verurteilt zu werden. Auch Kunden gegenüber herrscht gesellschaftlich ein hohes Maß an Verurteilung und Ausgrenzung.

Es ist eine Illusion zu glauben, dass es diese Grenzen wirklich gibt bzw das eine solche Abgrenzung gelingen kann. Jede Anbieterin und jeder Kunde definieren ihre Anforderungen und Inhalte in diesem Bereich selbst, und häufig ist es ein ständiges neu austarieren und ausprobieren. Ich finde es viel wichtiger, darüber ins Gespräch zu kommen und Standards zu entwickeln, die sich auf Fairness, Sicherheit und Toleranz beziehen, statt zu versuchen, ganze Bereiche zu verdrängen und negieren.

Risiken eingehen

Die Corona-Inzidenz steigt und steigt. Hamburg steht noch einigermaßen da und hat jetzt in sehr vielen Bereichen 2G beschlossen. Auch bei mir und meinen Kunden steigt das Bewusstsein für die Pandemie-Krise, und es stellt sich immer wieder die Frage: Sind solche Treffen überhaupt noch vernünftig?

Ich bin selber geimpft und treffe schon seit einigen Wochen nur noch Kunden, die ebenfalls geimpft wird. Seit zehn Tagen mache ich jetzt wieder regelmäßig Tests; an Tagen, an denen ich Dates habe (oder Menschen in Innenräumen treffe), teste ich mich jeden Morgen mit einem Selbsttest, zum Wochenende hin mache ich einen offiziellen Test in einem Testzentrum.

Ein guter Freund von mir hat sich seit Beginn der Pandemie ins Privatleben zurückgezogen. Im ersten Jahr ist er außer zum Supermarkt nirgendwo hin gegangen. Auch diesen Sommer war er höchstens mal kurz in der Stadt – keinerlei kulturelle Veranstaltungen, Gastronomie, etc. Treffen mit Freunden nur sehr, sehr eingeschränkt. Ist das noch lebenswert, und wie lange kann man das durchhalten?

Vor drei Wochen hatte ich eine Situation, in der ich Corona ausgesetzt war – und mich nicht angesteckt habe. Das lässt mich jetzt nicht unvorsichtig werden, aber es zeigt mir, dass es keine letztendlichen Garantien gibt, und manchmal hat man einfach Glück.

Manche Kunden fragen mich, ob ich Sexdates nicht für gefährlich halte, in diesen Zeiten. Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich treffe eine handvoll Männer die Woche, alle geimpft. Das Risiko erscheint mir deutlich geringer als z.B. ein ausgedehnter Shopping-Bummel an einem Samstag oder ein Kino/Theater-Besuch.

Als langjährige Sexarbeiterin gelange ich immer wieder an den Punkt, an dem ich mir Gedanken über die gesundheitlichen Risiken meiner Arbeit mache. Im Moment steht Corona im Vordergrund. Sonst sind sexuell übertragbare Krankheiten ein Risiko, das immer im Raum steht. Ich kann Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, aber ein Restrisiko bleibt. Vielleicht zählt das einfach zum allgemeinen Lebensrisiko…

Fairtrade im Bordell

Als Reaktion auf meine Gedanken zu Blauen Flecken bei Sexarbeiterinnen und die Aufmerksamkeit von Kunden (siehe Blog „Peinliche Erklärungen“), schickte mir ein Kunde die Frage/ Denkanregung: „Ist ein ‚fairtrade‘ Prozess für Sexarbeit denkbar? Wenn ja, wie würde dieser aussehen? Wäre so ein ‚fairtrade‘ Prozess/ Label glaubwürdig?“ – als Gesprächsgrundlage bzw mit der Bitte um Stellungnahme. Hier also meine Gedanken dazu:

Ich lege ‚fairtrade‘ jetzt mal so aus, dass es darum geht, sicherzustellen, dass eine Sexarbeiterin diese Arbeit freiwillig macht. Die Frage, aus welcher Motivation heraus sie das macht, werde ich nur am Rande berühren. Es gibt durchaus Menschen, die in Frage stellen, ob es eine Frau gibt, die freiwillig Sexarbeit macht, und die als Grundlage z.B. psychische Traumata vermuten oder übermäßige wirtschaftliche Zwänge. Dieses Thema mit zu behandeln würde jedoch den Rahmen dieses Textes sprengen; vielleicht werde ich zu einem späteren Zeitpunkt darüber schreiben.

2017 trat das Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG) in Kraft, das seitdem von vielen Menschen, die mit Prostituierten zu tun haben, und von diesen selber scharf kritisiert wird. Wie der Name es sagt war es jedoch Absicht dieses Gesetzes, Prosituierte zu schützen – im Zweifelsfall auch vor sich selbst. Hauptaspekte dieses Gesetzes sind eine Erlaubnispflicht für Bordelle, die u.a. ein Sicherheitskonzept und eine Überprüfung des Betreibers beinhaltet, sowie die Registrierung aller Prostituierten und eine verpflichtende Gesundheitsberatung für alle. (Es ist vor allem diese Registrierung, die in der Kritik steht, da sie viele Frauen in die Illegalität gedrängt hat.)

Die Registrierung ist verbunden mit einem Gespräch über die Rechte von Prostituierten gegenüber Betreibern und mit einer Einführung in Sicherheitsaspekte. Wie jede Registrierungsstelle und jede Beamtin das im Detail regelt, bleibt Ihr überlassen. Ich habe diese Registrierung jetzt zwei Mal mitgemacht. Beim ersten Mal war die Beamtin bemüht, aber mit wenig Ahnung von der Materie, und ich war genervt. Beim zweiten Mal war es ein nettes Gespräch über die Frage, wie ich mit dem Corona-Lockdown klarkomme. (Aus anderen Bundesländern habe ich negative Geschichten über inquisitorische Fragen gehört.) Positiv ist anzumerken, dass bei diesen Gesprächen keine Begleitpersonen zugelassen sind und das Amt für ausländische Prostituierte einen Dolmetscher stellt. Theoretisch hat eine Frau also in dieser Situation die Möglichkeit, um Hilfe zu bitten.

Kontrolliert werden kann diese Registrierung jedoch nur vom Ordnungsamt. Ich glaube nicht, dass in Bordellen viele solcher Kontrollen durchgeführt werden. In meiner Zeit im Appartement habe ich es einige Male erlebt, dass Verbindungsbeamte der Polizei sich vorgestellt haben und Visitenkarten verteilt und Hilfe angeboten, und dass Frauen von Beratungsstellen da waren. Das ist ein deutlich niedrigschwelligeres Angebot für Frauen in Not als es die Registrierungsstelle bietet. Alle Frauen, die nicht in offiziellen Bordellen arbeiten, und/ oder häufig den Standort wechseln, fallen durch das Netz dieser Maßnahmen.

Kunden sind nicht berechtigt, eine Sexarbeiterin nach ihrer Registrierung zu fragen. Bei offziellen Bordellen kann davon ausgegangen werden, dass diese angemeldet und die Frauen registriert sind. Im Escort-Bereich ist diese Kontrolle nicht gegeben. Wie stellt eine Kunde also fest, ob eine Frau dieser Tätigkeit freiwillig nachgeht?

Es gibt Menschenhandel und Zwangsprostitution, was Verbrechen sind, die entsprechend verfolgt und bestraft werden sollten. Dies macht aber nur einen sehr kleine Prozentsatz der Frauen in der Prostitution aus. Ein schwieriges Themen sind Frauen aus dem außereuropäischen Ausland (und Osteuropa), die kein Deutsch oder Englisch sprechen – sich hier also nicht verständigen können und auch häufig mit rechtlichen Aspekten nicht auskennen. Hier kann die oben genannte Registrierung helfen, aber viele arbeiten ohne Registrierung . Damit sind sie auf Vermittlungspersonen angewiesen, die sich um Einreise, Unterbringung und Vermittlung kümmern. Es gibt Vermittler, die das fair handeln, und solche, die die Unwissenheit der Frauen ausnutzen. Es mag auch immer wieder der Fall sein, dass die Frau zwar theoretisch weiß auf was sie sich einlässt, die Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten aber so beschönigt wurden, dass sie der Reise nach Deutschland unter falschen Annahmen zugestimmt hat und hier nicht klarkommt.

Falls ein Kunde bei einer Frau das Gefühl hat, dass sie in einer solchen Situation ist, ist es am sinnvollsten den Kontakt zu einer Beratungsstelle oder zur Polizei herzustellen. Viele Beratungsstellen verteilen Flyer (auch in anderen Sprachen), und es gibt Notrufnummern. So etwas wie ein ‚fairtrade“-Siegel, wie es mein Kunde angedacht hat, würde diesen Frauen nicht helfen, da sie wie beim ProstSchG durch Raster fallen würden.

Der Großteil der Frauen in Deutschland machen diese Arbeit freiwillig. Wie gerne sie ihn macht oder ob sie vielleicht lieber aussteigen würde oder zumindeste eine Auszeit bräuchte, steht auf einem anderen Blatt – da werde ich in einem Folgetext drüber schreiben. Theoretisch steht es jeder Frau frei, einfach jederzeit aufzustehen, sich anzuziehen und zu gehen, ohne dass sie jemand davon abhalten würde.

My oh my you’re so good looking

Ein Vorteil des Älter-werdens ist für mich, dass ich deutlich entspannter geworden bin was das Aussehen meines Gegenübers angeht und auch was meinen eigenen Körper betrifft. Im Tantra habe ich lange daran gearbeitet, nicht zu urteilen, sondern das Schöne und Einzigartige in jedem Menschen zu entdecken.

Und dann gibt es da diesen Mann… Vor Corona war er ein paar Mal im Appartement bei mir. Ich erinnere einen Dialog mit einer Kollegin: „Der war in letzter Zeit häufiger bei dir, oder?“ – „Ja, schon.“ – „Sieht ja gut aus…“ – „Mh…“ Ich habe keinen „Typ“ und lasse mich nur schwer von klassischen Idealen beeindrucken – aber er sieht wirklich klassisch gut aus, und ich lasse mich davon beeindrucken.

Jetzt war er wieder bei mir. Und ich merke, dass ich nicht nur beeindruckt bin von seinem guten Aussehen, sondern mich davon auch einschüchtern lasse. Plötzlich fällt mir jedes Kilo zu viel an meinem Körper auf, jede Narbe und jeder sonstige Makel. Ich werde schüchtern, fühle mich unbeholfen, komme ins Stottern und mit meinen sonst so souveränen Abläufen durcheinander.

Dann erinnere ich mich selber in Gedanken daran, dass er mich ausgesucht hat und mich sogar bezahlt. Also weiß er offensichtlich, was er will, und ich gehöre dazu. Jedesmal, wenn meine Zweifel auftauchen, schiebe ich sie mit diesen Gedanken in den Hintergrund – und erlaube mir, es zu genießen, seinen Körper zu berühren, und wie sich sein Körper auf meinem anfühlt.

Geschichte: Am See

Für mich ist der See unser Ort, obwohl wir nie gemeinsam hier waren. Aber damit hat alles angefangen: mit einem kurzen Gespräch über Baden im See und einem Flirt damit, sich hier zu treffen.

Wir haben uns getroffen, regelmäßig, über Wochen. In der stillen, etwas anonymen Stimmung eines Hotelzimmers. Dort verlor ich mich in den Details seines Körpers, in seinem Blick, seinen Berührungen, der Art wie er mich liebte.

Der See blieb mein Ort. Hierher kam ich davor, manchmal auch danach, und ließ das Wasser meinen Körper tragen und meine Haut streicheln. Hier hing ich den Erinnerungen nach und erträumte ein „Mehr“, das immer unerreichbar war.

Jetzt ist es kalt geworden, längst viel zu kalt für ein Bad im See. Ich sitze in eine dicke Jacke gehüllt am Ufer und beobachte, wie der Wind die Wasseroberfläche kräuselt. Fast kann ich dieses Kräuseln auch auf meiner Haut spüren; so wie der Wind das Wasser bewegt, hinterlässt sein Körper flüchtige Eindrücke auf meinem.

So wie der Wind mit dem Wasser spricht, sprechen unsere Körper miteinander; erzählen Geschichten von Verlangen, Sehnsucht und Hingabe, die unbeschrieben in dem Schweigen zwischen uns hängen.

(geschrieben am 02.09.18)


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Zwangsberatung vs Beratungsstellen

Im November muss ich immer zur Gesundheitsberatung nach ProstSchG. Das ist seit 2017 vorgeschrieben (ebenso wie alle zwei Jahre die Registrierung). Diesmal war ich in unter zehn Minuten wieder raus. Ich saß einer jungen Sozialpädagogin gegenüber, die sehr nett und bemüht war. Gleichzeitig war ihr aber wohl bewusst, dass das für fast alle Frauen eine Pflichtveranstaltung ist, die sie schnell hinter sich bringen wollen – und wie viel Ahnung sie selber vom Gewerbe hat, kann ich nicht beurteilen.

Ich merke bei diesen Terminen immer, dass ich sehr darauf bedacht bin, mich selbst darzustellen. Alles was ich sage bringt rüber, wie lange ich das schon mache, wie selbstsicher ich bin, was ich alles weiß, worauf ich alles achte… Das ist aber irgendwie nicht Sinn eines Beratungsgesprächs. Da kommt halt zum Tragen, wie wichtig diese Bescheinigung ist, um weiterarbeiten zu können. Wenn ich mich hier verletzlich zeige, vielleicht sogar hilflos oder überfordert, kann das meine berufliche Existenz bedrohen. Ich stelle mir vor, dass das für die Beraterin auf der anderen Seite genauso frustrierend ist wie für die Frauen; es kommt kein echter Kontakt zustande, und eventuelle Hilfsangebote kommmen nicht an.

Ganz anders läuft es im Casa Blanca, einer deutlich älteren Beratungsstelle hier in Hamburg, bei der man anonym bleiben kann. Dort kann ich ehrlich von meinen Gedanken und Problemen erzählen, ohne das darüber geurteilt wird – und auch um Hilfe bitten. Die ganze Absicht des Prostitutionsschutzegesetzes läuft ins Leere durch den Zwang, der durch dieses Gesetz ausgeübt wird. Das Geld hätte man besser in offene Beratungsstellen investiert!

Gerade habe ich gelesen, dass der Bund drei Millionen Euro für Modellprojekte zur Verfügung stellt, die sich mit Ausstiegsberatung für Prostituierte beschäftigen: „Ziel sei die Chancengleichheit ehemaliger Sexarbeiterinnen auf dem regulären Arbeitsmarkt. Der Verein berate die Frauen zu Existenzsicherung, Wohnsituation, körperlicher und seelischer Gesundheit und begleite sie auch bei Behördengängen. Auch ein Bewerbungstraining werde angeboten.“ Jetzt kann man darüber diskutieren, ob Ausstieg immer das Ziel sein sollte oder es manchmal auch einfach anderer Wege bedarf, um besser mit den Herausforderungen in der Sexarbeit umzugehen. Aber eine solche freiwillige, offene Beratung ist auf jeden Fall ein sinnvollerer Weg als der verkrampfte Zwang des Prostitutionsgesetzes – dort der trifft der alte Spruch zu: „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.“

Volle Tage

Jetzt geht das Jahr langsam in seinen Endspurt, und November ist bei mir jedes Jahr ein voller Monat. Dieses Jahr liegt das auch daran, dass bei mir viel in Bewegung ist. Im September habe ich eine Fortbildung angefangen, die mich jedes zweite Wochenende beschäftigt – sehr spannend und intensiv, aber danach brauche ich eigentlich den Montag frei. Ich habe auch wieder angefangen, selber Stunden zu unterrichten, und Massagen und Coachings zu geben. So kann es manchmal etwas schwierig sein, einen Termin mit mir zu bekommen, vor allem kurzfristig.

Das ist ein Thema, dass mich in der Sexarbeit von Anfang an begleitet und gerade in den letzten Jahren immer wieder Thema ist: die „Sofortness“. Jahrelang war es für mich total normal, den ganzen Tag auf Abruf zu stehen. Im Appartement habe ich versucht, zumindest eine Kernzeit zu halten – meist war ich nachmittags (13:00-19:00) da und habe auch spontan Termine gemacht. Die Hälfte der Anrufe, ob ich „jetzt gleich“ könne, kamen trotzdem vormittags oder später am Abend. Und immer wieder habe ich tageweise rumgesessen und die Zeit verstreichen lassen…

Seit ich nicht mehr im Appartement bin, habe ich mir angewöhnt, nur noch Termine zu machen, die mindestens am Tag vorher vereinbart wurden (Ausnahmen bestätigen die Regel). Das klappt meist gut; im Moment wird es aber manchmal eng. Ich habe einige Termine, die ich flexibel verschieben kann – aber nicht mehr am Abend vorher (das finde ich unhöflich und wahrscheinlich würde es mein Gegenüber nicht lange mitmachen). Manchmal mache ich mir Gedanken darüber, ob ich zu wenig „kundenfreundlich“ bin, wenn ich eine vernünftige Terminvereinarung mit Vorlauf verlange. Dann sage ich mir immer, dass das in anderen Branchen völlig normal ist – und es da eher ein schlechts Zeichen ist, wenn jemand nicht ausgelastet ist.

Ja, ich versuche vieles möglich zu machen, gerade für Stammgäste. Aber wenn jemand auf einen ganz bestimmten Tag oder eine bestimmte Zeit festgelegt ist, sollte genug Vorlauf eingeplant werden – so viele Termine mache ich nicht mehr in der Woche und bin auch nicht immer bereit, alle anderen Verpflichtungen beiseite zu legen.

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