Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Monat: August 2017

Legal, illegal, scheißegal?

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


In letzter Zeit hatte ich einige Erlebnisse, die mich echt zum Nachdenken gebracht haben. Nachdenken über Dinge, die bis jetzt keine große Rolle in meinem Leben gespielt haben: Gesetze, die Frage ihrer Einhaltung – und die Frage, was es über mich, über andere und über die Gesellschaft insgesamt aussagt, wenn die Einhaltung von Gesetzen ernst genommen wird – oder eben nicht.

Ich habe mich bis jetzt immer im legalen Bereich bewegt. Soll heißen, ich habe mich beim Finanzamt angemeldet und mein Steuerberater kümmert sich regelmäßig um meine Unterlagen. Ich werde mich auch registrieren lassen, wenn das neue Prostitutionsgesetz in Hamburg umgesetzt wird.

Andererseits gibt es Dinge, über die ich nicht nachdenke. Wenn Kolleginnen im Klinik-Bereich mit Substanzen hantieren, interessiert mich in erster Linie die Wirkungsweise und das Risiko, und erst sehr viel später ob sie überhaupt legal sind und ob es legal ist sie in diesem Rahmen anzuwenden. Mit Drogen, egal ob legal oder illegal, habe ich keine Berührungspunkte – aus Desinteresse, nicht aus Prinzip.

Diese Woche ist meine Kollegin und Vermieterin in Urlaub, und als „Dienstälteste“ bei uns im Appartement habe ich es übernommen, den Anfangskram mit Terminfrauen und Neuen zu regeln. Heute Mittag hatte ich da ein verstörendes Erlebnis:

Eine Frau, die heute neu bei uns anfange wollte, kam mittags ins Appartement. Noch bevor ich auch nur drei Worte mit ihr wechseln konnte, hatte sie einen ersten Gast – so weit so gut. Als sie danach aus dem Zimmer kam, wehte eine Hasch-Wolke durchs ganze Appartement. Ich und eine andere Kollegin warfen und einen irritierten Blick zu und baten die Neue dann höflich, doch bitte draußen zu rauchen, da wir den Geruch nicht im Appartement haben wollen, da das bei Kunden nicht so gut ankommt.

Als nächstes lies ich mir von ihr das Geld für die Miete geben und gab ihr einen Mietvertrag zum Ausfüllen. Zehn Minuten später kam sie wieder zu mir, druckste etwas rum und sagte dann, sie wolle doch nicht blieben, da sie den Mietvertrag nicht ausfüllen wolle – sie habe nicht vor sich anzumelden und deshalb dürfen ihre Daten nirgendwo auftauchen. Ich habe ihr dann ihr Geld zurückgegeben und sie ist gegangen.

Im Nachhinein frage ich mich, ob sie einfach naiv ist oder ob sie wirklich glaubt da schon irgendwie mir durchzukommen? Kontrollen sind zwar selten, kommen aber vor, und mit dem neuen Gesetz wird sich die Situation wohl noch verschärfen. Mir wäre das Risiko, mein Leben zu eskalieren, weil ich in einer Kontrolle auffalle, viel zu hoch! Solange ich mich im legalen Bereich bewege, fliege ich unter dem Radar und werde in Ruhe gelassen.

Diese Einstellung widerspricht sich übrigens nicht damit, dass man bestimmte Gesetze falsch findet. Dann gehe ich aber politisch dagegen vor, indem ich mich an Aktionen beteilige. Ziviler Ungehorsam wird von einigen auch als politische Aktion gesehen, erscheint mir aber weder ein probates Mittel und individuell betrachtet sinnvoll.

Werbeverbot für Französisch natur

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Ich habe immer Wert auf meine Gesundheit (und die meiner Kunden) gelegt und auch Französisch deswegen nur safe angeboten. Ab und zu hatte ich mal einen Anruf mit einer Anfrage nach Französisch natur, die ich dann abgelehnt habe. Das kam aber selten vor, denn es stand ja schon in meinen Anzeigen und vor allem im Service, dass ich dies nicht anbiete.

Mit dem neuen Postitutionsgesetz seit 1.7. herrscht jetzt Werbeverbot für sämtliche unsafe Praktiken, also auch für Französisch natur. Die Werbeplattformen wie Kaufmich haben darauf reagiert, indem diese Praktik aus den Service-Listen entfernt wurde.

Die Folge davon ist jedoch, dass ich seitdem mehrmals die Woche Anfragen habe, ob ich nicht Französisch natur anbiete; manchmal sogar mit langen Diskussionen, warum denn nicht. Es nervt!

Argumentiert wird mit „Hält sich doch eh keiner dran.“ Und „Soll doch jeder selbst entscheiden.“ Ja, jeder sollte selbst entscheiden, welches Risiko er eingehen will und welches nicht. Aber bitte, nachdem er über das Risiko nachgedacht hat, und nicht mit einem „Mir wird schon nichts passieren.“!

Privat unsafen Sex zu haben, mag noch ein überschaubares Risiko sein, solange man nicht jede Woche ONS hat. Aber im professionellen Bereich hat es nichts mehr mit überschaubarem Risiko zu tun, sondern ist russisches Roulette.

Gedankenspiel: Nimm die Zahl meiner Gäste pro Tag und multipliziere sie mit der Inkubationszeit einer beliebigen sexuell übertragbaren Krankheit. Dann erhältst du die Zahl der Männer, mit denen du indirekten Kontakt hättest, falls ich unsafen Kontakt anbieten würde. (Beim Tripper wäre die Zahl ca 15, bei HIV 120.)

Immer noch sexy, der Gedanke an Französisch natur? Eben, sehe ich genauso!