Ein Vorteil des Älter-werdens ist für mich, dass ich deutlich entspannter geworden bin was das Aussehen meines Gegenübers angeht und auch was meinen eigenen Körper betrifft. Im Tantra habe ich lange daran gearbeitet, nicht zu urteilen, sondern das Schöne und Einzigartige in jedem Menschen zu entdecken.

Und dann gibt es da diesen Mann… Vor Corona war er ein paar Mal im Appartement bei mir. Ich erinnere einen Dialog mit einer Kollegin: „Der war in letzter Zeit häufiger bei dir, oder?“ – „Ja, schon.“ – „Sieht ja gut aus…“ – „Mh…“ Ich habe keinen „Typ“ und lasse mich nur schwer von klassischen Idealen beeindrucken – aber er sieht wirklich klassisch gut aus, und ich lasse mich davon beeindrucken.

Jetzt war er wieder bei mir. Und ich merke, dass ich nicht nur beeindruckt bin von seinem guten Aussehen, sondern mich davon auch einschüchtern lasse. Plötzlich fällt mir jedes Kilo zu viel an meinem Körper auf, jede Narbe und jeder sonstige Makel. Ich werde schüchtern, fühle mich unbeholfen, komme ins Stottern und mit meinen sonst so souveränen Abläufen durcheinander.

Dann erinnere ich mich selber in Gedanken daran, dass er mich ausgesucht hat und mich sogar bezahlt. Also weiß er offensichtlich, was er will, und ich gehöre dazu. Jedesmal, wenn meine Zweifel auftauchen, schiebe ich sie mit diesen Gedanken in den Hintergrund – und erlaube mir, es zu genießen, seinen Körper zu berühren, und wie sich sein Körper auf meinem anfühlt.