Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Anekdoten (Seite 1 von 6)

Kleine amüsante Geschichten aus meinem Alltag.

Blutige Missgeschicke

Immer wieder werden Sexarbeiterinnen gefragt, was sie eigentlich machen, wenn sie ihre Tage bekommen. Die wenigsten machen dafür einige Tage frei, sondern meist versuchen wir, das mit einem kleinen Tampon oder Schwämmchen, das möglichst weit nach hinten geschoben wird, zu verbergen.

Es ist nicht ideal, und manchmal gibt es doch leichte Spuren, vor allem wenn es etwas heftiger zur Sache geht. Deswegen versuche ich mittlerweile meist, 1-2 Tage frei zu machen. Da ich jedoch nicht mehr hormonell verhüte, ist meine Periode nicht zuverlässig und nicht immer vorhersehbar.

Letzte Woche ist es mir mal wieder passiert, dass ich meine Periode zwei Tage eher bekommen habe als erwartet, und leider auch so heftig, dass das Schwämmchen nicht richtig dicht gehalten hat. Mein Kunde hat es mit Humor genommen (danke dafür).

Früher habe ich gedacht, irgendwann hätte ich das absolut im Griff und es würde mir nicht mehr passieren. Aber es passiert mit auch nach zwanzig Jahren noch. Zum Glück sehen die meisten meiner Kunden es locker. In der ganzen Zeit ist es mir nur ein einziges Mal passiert, dass ein Kunde deswegen den Termin abgebrochen hat.

Männliche Eitelkeit

Es war nach dem Termin, wir waren schon wieder angezogen, als er noch einmal hinüber zu meinem Zubehör-Wagen sah und frage: „Warum hast du eigentlich so viele Kondom-Packungen?“ Ich erklärte ihm, dass ich MySize-Kondome benutze und es die in unterschiedlichen Größen gibt. Mit einem weiteren Blick erfasste er, welche Größe ich für unseren Termin aus dem Regal gezogen hatte…

… und war etwas pikiert darüber, dass es eine der kleineren Größen war. Was sollte ich dazu jetzt sagen? Freundlich wies ich darauf hin, dass er ja auch kein Hemd tragen würde, dass ihm zwei Nummern zu groß oder zu klein war, und dass mit meiner Auswahl der Kondomgröße keine Wertung verbunden sei.

Jungs, ganz ehrlich: Die meisten Frauen machen sich viel weniger Gedanken über die Größe als Ihr es tut. Und die meisten Frauen, die ich kenne, legen eher keinen Wert auf große Größen – auch wenn auf manchen Internetseiten das Gegenteil behauptet wird.

Und selbst wenn: an deiner intimen Größe kannst du noch weniger ändern als ich an meiner Körpchengröße, also macht es das Leben deutlich einfacher, sich jemanden zu suchen, der genau deinen/meinen Körpertyp bevorzugt, statt sich selber runterzumachen. Selbstbewusstsein und Körpergefühl ist sexy und hilft über vermeintliche Schwächen hinwegzusehen!

Ausnahmsweise?

Dienstag habe ich meine Tagesplanung aufgrund des Schnees aufgegeben. Zu meiner Yogastunde am Morgen habe ich es noch geschafft, aber die Bahnen fuhren nur unregelmäßig und auf den Straßen herrschte totales Chaos, so dass ich mich danach entschieden habe, den Tag in der Wohnung zu verbringen. Da ich eh da war, habe ich bei kaufmich eine kurze Notiz geschrieben, dass die Möglichkeit zu einem (relativ) spontanen Treffen bestände.

Viertel nach zwei bekam ich einen Anruf (von jemandem, den ich noch nicht kannte) und wir vereinbarten einen Termin für um vier. Er bestätigte, mein Profil gelesen zu haben, und wir sprachen kurz über seine Vorstellungen und Kleiderwünsche.

Die nächste Stunde verbrachte ich damit, mit fertig zu machen: Raum vorbereiten, Heizung hochdrehen, duschen, rasieren. Um halb vier trug ich noch einen Bademantel, suchte gerade mein Outfit zusammen und plante ein leichtes Make-up, als mein Telefon noch mal schellte. Er fragte: „Kannst du auch ausnahmsweise mal eine halbe Stunde machen, für 100 Euro?“ Bei mir explodierte sofort die Wut angsichts dieser Unverschämtheit, und ich lehnte rundheraus ab. Er fing an zu verhandeln, ob den 150 Euro ginge, und ich sagte ihm, er solle den Termin ganz vergessen, sowas fände ich absolut respektlos und würde ihn garantiert jetzt nicht mehr treffen.

Leider ist das keine einmalige Erfahrung, sondern einer der Gründe, warum ich so selten spontane Termine anbiete. Wer spontan einen Termin bucht, nimmt sich meist nicht die Zeit, sich mit dem Angebot der Frau auseinanderzusetzen, sondern stülpt ihr seine Vorstellungen über – und ist dann empört, wenn sie denen nicht entspricht. Ich möchte Kunden, die ganz bewusst einen Termin mit mir machen, und nicht einfach mit der nächstbesten Frau, die gerade Zeit hat.

Weltenwechsel

Samstagmorgen um acht vertrete ich die Yogastunde einer Freundin. Nach ihrem Konzept habe ich eine Stunde zum Thema „Ahimsa“ gestaltet – Gewaltlosigkeit, sich selbst und anderen gegenüber. Ich leite die Teilnehmer durch eine einführende Meditation, dann Bewegungen, Atemübungen, Entspannung. Ich liebe es, einen Flow zu entwickeln, der jeden Schüler dort begleitet, wo er gerade ist, und gleichzeitig eine gemeinsame Energie in der Gruppe schafft.

Selbst mache ich nur einen Teil der Übungen mit. Zwischendurch bewege ich mich immer wieder durch den Raum, korrigiere, helfe, beobachte. Wenn ich vorne stehe und mich selbst bewege, ist jede Bewegung vertraut, hundertfach geübt. Sie bringen mich in meinen Körper als mein Zuhause.

Nach der Stunde stehe ich noch vorne am Tresen, spreche mit Schülern und mit einigen anderen Yogalehrerinnen, die zu einer Fortbildung ins Studio gekommen sind. Eigentlich hatte ich diese Fortbildung für mich auch geplant, es dann aber auf nächstes Jahr geschoben, so dass ich jetzt in meine Wohnung fahre.

Um elf habe ich eine Session. Im Minikleid empfange ich meinen Kunden, mache Smalltalk und ein kurzes Vorgespräch. Wir kennen uns schon, aber unsere letzte Session ist lange her. Trotzdem sind mir Stimmung und Abläufe so vertraut wie zuvor der Verlauf der Yogastunde, und ich genieße es genauso.

Ich stelle ihn in den Rahmen, spiele mit leichten Berührungen, die sich dann zum Schmerz steigern. Ich beobachte jede seiner Reaktionen, richte mich danach und lasse mich davon inspirieren. Nutze meine Hände, Fingernägel, einen Flogger, eine Gerte. Streichle ihn sanft und schlage überraschend zu.

Als ich vor ihm knie und Seile um seinen Körper wickle, frage ich mich kurz, was die Frauen im Yogastudio wohl denken würden, wenn sie mich so sehen könnten. Diese Welt scheint so völlig anders – und doch bin beides Ich, fühle ich mich in beiden Welten zu Hause, und sind die Gefühle von Konzentration und Hingabe an den Moment gleich.

Ich setze die Session fort mit einer Massage, lasse meinen Körper über seinen gleiten, und verwöhne seinen ganzen Körper mit seinen Händen und Lippen. Auch als ich ihm meinen Körper überlasse, seine Hände auf meiner Haut und seinen Körper über mir genieße, ist das kein Bruch im Gefühl. Immer noch bin ich diejenige, die gestaltet und leitet.

Immer wieder verzweifle ich an dem Versuch, meine Welten in Einklang zu bringen. Sie wirken so weit voneinander entfernt – doch in mir und in meinen Gefühlen sind sie sich oft ganz nah.

Alter

In den letzten Wochen bin ich einige Male von Kunden gefragt worden, ob mir ihr Alter etwas ausmachen würde. Ehrliche Antwort: nein, ist mir völlig egal! Ich habe Kunden in so ziemlich jeder Altersklasse, von Ende 20 bis über 80. Ab und zu habe ich auch Anfragen von sehr jungen Männern, wo ich mich manchmal frage, wonach sie wohl bei mir suchen. Da kommen aber selten Termine zustande (wohl auch aus finanziellen Gründen).

Gestern Morgen habe ich über mein eigenes Alter gescherzt. Wie ich ja vor kurzem schon mal erzählt habe, gibt es für mich nur selten eine deutliche Unterscheidung zwischen Wochentag und Wochenende, meine Tage laufen immer ähnlich ab. So war ich auch am Sonntagmorgen um halb sieben aufgestanden, um an der Yogastunde um acht teilzunehmen. Morgens schicke ich meinem besten Freund immer eine „Guten Morgen“-Nachricht, hatte aber um diese Zeit am Sonntag mit keiner Antwort gerechnet. Ich bekam jedoch schnell eine Antwort, in Form eines kurzen Videos von einer immer noch gut besuchten Party und der Information, dass er betrunken sei. Ins Bett gegangen ist er dann um halb zehn, als ich mit Yoga fertig war und gemütlich beim Frühstück saß. Bei diesem Vergleich kam ich mir plötzlich alt vor…

Meine Party-Zeiten liegen schon seit zwanzig Jahren hinter mir. Vor Corona war ich 2-3 Mal im Jahr im Catonium (eine SM-Location hier in Hamburg), und dieses Wochenende hatte ich sogar kurz überlegt, dorthin zu gehen, konnte mich aber dann doch nicht dazu durchringen. Im Moment genieße ich meinen „langweiligen“ Alltag einfach zu sehr…

Die Frage der Chemie

Heute habe ich einen vereinbarten Termin von meiner Seite aus wieder abgesagt. Grund war ein Problem, das immer wieder mal auftritt, für das ich aber keine richtige Lösung finde:

Viele Kunden gucken als erstes auf die Bilder, dann auf die Service-Liste, und wenn das passt, machen sie einen Termin. Das Problem dabei: von der Service-Liste her kann alles passen (also die gewünschten Techniken), aber die Vorstellungen von einem Date können trotzdem sehr weit auseinander liegen.

Auch heute fing es harmlos an, die Anfrage bewegte sich im zärtlichen Bereich (GV, OV). Schnell war ein Termin abgesprochen – aber dann fing es erst an: Erst schickte er mir normale Bilder von sich, dann indiskrete Fragen (wie groß sind deine Schamlippen? wirst du sehr feucht?), und als ich dann (höchst unästhetische) Schwanzbilder kriegte und die Frage: „Kann ich ein Bild von deiner Fickspalte haben?“, war ich so abgeturnt, dass ich den Termin abgesagt habe.

Ich mache durchaus auch Dinge, die manche als ziemlich extrem ansehen, und bewege mich sicher in großen Teilen des Bizzar- und SM-Bereichs. Trotzdem lege ich bei all meinen Treffen wert auf Sinnlichkeit, Langsamkeit, Respekt. Ich bin kein Porno-Girl, und es gibt nichts was mich so abturnt wie Dirty Talk.

Um das in meiner Anzeige zu erkennen, muss der Kunde jedoch zum einen den Text lesen, und zum anderen auch ein klein wenig über so etwas nachdenken und nicht nur seine Vorstellungen auf ein beliebiges Foto projezieren. Da scheitert es leider bei vielen, und dann verderben mir solche Erlebnisse wie geschildert die Stimmung.

Telefon und Diskretion

Immer wieder führe ich Diskussionen darüber, warum ich Termine nur telefonisch vereinbare (meine Gründe habe ich in anderen Beiträgen schon häufiger dargelegt). Für die meisten Menschen ist ihr Handy ein persönlicher Gegenstand, den sie nur selten an andere Personen weitergeben.

Trotzdem kann es natürlich passieren, dass jemand anders einen Anruf oder eine Nachricht mitbekommt. Deswegen gebe ich mir größte Mühe, am Telefon für Diskretion zu sorgen. Von mir aus schreibe ich niemandem Nachrichten und rufe auch nur zurück, wenn ich dazu aufgefordert werde. Festnetz-Nummern rufe ich gar nicht zurück. Wenn ich Nachrichten schreibe, versuche ich diese neutral zu formulieren und schreibe meist keinen Namen darunter.

Montag ist das mit der Diskretion trotzdem fast schiefgegangen, wobei ich den Fehler nicht unbedingt bei mir sehe. Morgens um kurz nach acht hatte mir jemand auf die Mailbox gesprochen, ob ich nicht vielleicht doch noch am selben Tag einen Termin frei hätte. Ich habe um halb zehn eine SMS geschrieben mit: „Passt heute 17:00?“, da jedoch lange keine Antwort drauf bekommen.

Mittags hatte ich wieder eine Phase, wo ich eine Zeit lang das Handy nicht bei mir hatte. Als ich es wieder zur Hand nahme, hatte ich einen verpassten Anruf von ihm von vor 7 Minuten. Wir kannten uns schon, ich überlegte einen kurzen Moment und rief dann zurück – um dabei festzustellen, dass sein Handy auf seine Sekretärin umgestellt war, die sich mit Firmennamen meldete.

Zum einen vermeide ich es, solche persönlichen Informationen wie Firma/ Arbeitgeber über meine Kunden zu haben. Zum anderen konnte ich nicht mal freundlich nach ihm fragen oder um Rückruf bitten, da ich seinen Nachnamen nicht wusste und es unprofessionell fand, einfach mit dem Vornamen nach ihm zu fragen. Es war also eine höchst unangenehme und peinliche Situation.

Er hat mich dann 20 Minuten später noch mal angerufen, um zu sagen, dass der Termin nicht passte und er sich wieder melden würde. Vielleichte sollte ich mir für den Fall eine Notiz ins Handy machen mit „nicht zurückrufen“…

Traumjob

Letztes Wochenende hatte ich viele Dates (für meine Verhältnisse), und es hat mir sehr gut die schönen Seiten meiner Arbeit gezeigt. Eine Kollegin sagte mal: „Wir können uns halt jeden Tag sexy fühlen und aufregenden Sex erleben.“ Mich hat gerade die Vielfalt meiner Dates begeistert:

Erst ein vielseitiges Bizzar-Date mit Tease&Denial, NS, Facesitting. Dann Pause, in der ich in Ruhe die Bondage-Session am Abend vorbereiten konnte. Am nächsten Tag mittags eine Fisting-Session, und abends in erotisches Date mit viel Nähe, klassischer Girlfriend-Sex, mit einem schon vertrauten Kunden.

Im Moment bin ich mal wieder viel online unterwegs und tauche dort auch ein wenig ein in die Hamburger Party- und Swinger-Szene. Dort suche viele Menschen (mehr oder weniger erfolgreich) nach aufregenden Erlebnissen, nach dem Ausbruch aus dem Alltag, nach neuen Erfahrungen. Für mich sind aufregende Erlebnisse Teil meines Alltags!

Privat bin ich daher zwar immer wieder neugierig, aber nur sehr selten wirklich auf der Suche. Ich mag es, wenn Neues sich einfach so ergibt, und suche nicht zwanghaft danach. Und wenn ich eine Weile lang einfach meinen Alltag lebe, ist das auch okay – ich finde ihn aufregend genug.

Zuverlässigkeit

In letzter Zeit bekomme ich ziemlich viele Diskussionen mit über die Zuverlässigkeit von Anbieterinnen und Kunden. Dass sich Anbieterinnen über die mangelnde Zuverlässigkeit von Kunden beklagen, ist ein altes Thema. In letzter Zeit wird deswegen auch immer wieder über Anzahlungen diskutiert (von denen ich persönlich nichts halte). Neu ist, dass ich auch von Kunden immer wieder Geschichten höre über völlige Unzuverlässigkeit seitens der Anbieterinnen.

Heute hatte ich ein Erlebnis, bei dem sich weder der Kunde noch ich mit Ruhm bekleckert haben. Ich schiebe es auf das Hamburger Wetter, das wohl niemanden in gute Laune versetzt… Ich fand sein Verhalten völlig doof, und er hält mich wohl für unzuverlässig und zickig.

Angefangen hat es gestern, als er mich anrief und das Gespräch eröffnete mit der Frage: „Wann hast du denn mal Zeit?“ Ich schlug ihm als nächstmöglichen Termin Sonntag 18:00 vor, was er annahm. Erst danach fragte er nach Preisen und wir sprachen über Inhalte des Dates; für mich ist das immer ein schlechtes Zeichen, denn es erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde es sich noch mal anders überlegt, weil ihm irgendwas doch nicht so passt.

Wie ich es mir bei Neukunden angewöhnt hatte, bat ich ihn, mir den Termin am nächsten Mittag kurz per SMS zu bestätigen, dann würde ich ihm auch die genaue Adresse schicken. Am Sonntag ging ich jetzt um 11:00 in einen 2-stündigen Termin. Um 11:46 schickte er mir eine Terminbestätigung mit der Bitte um die Adresse (was ich natürlich nicht sofort sah, ich war ja im Termin). Um 12:53 folgte eine zweite SMS, in deutlich pampigen Ton, warum ich ihm die Adresse noch nicht geschickt hätte und was denn jetzt wäre.

Um 13:20 war ich fertig mit meinem Termin und beantwortete seine SMS mit einem freundlichen: „Sorry, war im Termin, habe deine Nachricht gerade erst gesehen. Danke für die Bestätigung, ich freue mich darauf dich heute Abend kennenzulernen. Hier die Adresse: …“ Als Antwort bekam ich fünf Minuten später: „Da du dich nicht gemeldet hast, habe ich den Termin jetzt anders gebucht, wir müssen das verschieben.“ Jetzt war ich auch pampig und antwortete nur kurz: „Lösch die Adresse bitte, den nächsten Termin kannst du dann auch woanders buchen.“

Was glaubt er denn, warum ich ihm keinen Termin vor Sonntagabend anbieten konnte – weil ich zu Hause auf der Couch sass und mich langweilte?! Trotzdem habe ich nicht das Gefühl, das souverän gehandhabt zu haben, sondern es fühlt sich nach Kindergarten-Zickereien an. Schade um die vertane Chance, für beide Seiten.

(Fehlende) Toleranz

Neulich saß ich nach einem Termin noch mit dem Kunden bei einem Kaffee zusammen, und irgendwie kam das Gespräch auf Bizzar-Termine. Erstaunt sah er mich an und fragte: „Was machst du denn an Fetisch-Sachen?“ Ich fing an zu erzählen, dass ich mich nicht als Domina sehe, aber viele Kunden habe, die einfach gerne mal die Verantwortung abgeben und z.B. mit Fesseln spielen, oder aber die bestimmte Fetische ausleben wollen, ohne dominiert zu werden, wie etwa NS oder StrapOn-Spiele.

An dieser Stelle bracht ich ab, da sich sein Gesicht angewidert verzog und er anschließend deutlich zum Ausdruck brachte, dass solche Spiele in seiner Welt gar nicht gehen. Mich ließ dieser Vorfall irritiert zurück. Ich meine, so ziemlich jede Anzeige im Erotik-Bereich enthälft eine Service-Liste. Die meisten Kunden überlesen die Dinge einfach, die für sie nicht interessant sind. Trotzdem ist auf einen Blick ersichtlich, dass ich nicht nur Kuschelsex anbiete.

Sexualität ist ein sehr persönliches Thema. Jeder Mensch lebt seine Sexualität anders aus, und jeder Mensch hat individuelle Vorlieben und Tabus. Es gibt wohl keine zwei Menschen auf der Welt, die da wirklich komplett identisch sind. Ich erlebe es so, dass meine Sexualität einen Graubereich hat: Es gibt Dinge, die mich total anmachen, und es gibt Dinge, die ich mir für mich gar nicht vorstellen kann. Dazwischen gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die von meiner Stimmung und/ oder meinem Gegenüber abhängig sind. Manchmal mache ich Dinge auch einfach, weil ich es mag zu sehen, dass sie meinen Gegenüber anmachen (natürlich solange sie nicht zu meinen Tabus zählen).

Selbst wenn Dinge zu meinen Tabus zählen, halte ich Toleranz gerade in der Sexualität für eine wichtige Eigentschaft. Wenn Menschen von ihrer Ablehnung für z.B. SM erzählen, frage ich manchmal nach, was sie denn unter SM verstehen, und bekomme als Antwort ein sehr klischeehaftes Bild, das wenig mit meinen Ideen und Erfahrungen gemein hat. Ich habe mir deswegen angewöhnt, interessiert nachzufragen, wenn jemand von seinem Fetisch berichtet. Häufig gelingt es mir, die Faszination eines Menschen nachzuvollziehen, wenn ich ihn erzählen lasse, was ihn daran begeistert und welche Gefühle es bei ihm auslöst. Das heißt nicht, dass ich diesen Fetisch dann teilen will, aber es verhilft zu Verständnis und Toleranz.

Ein bisschen mehr Toleranz könnten wir alle gebrauchen – für unteschiedliche Aspekte gelebter Sexualität und generell für individuelle Lebensentwürfe.

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