Traumfrau mit Nebenwirkungen

Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

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Anmeldung nach ProstSchG

Seit 2017 gibt es in Deutschland das Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG), das eine Anmeldung aller Sexarbeiterinnen und Bordellbetriebe verlangt. Die Anmeldung muss alle zwei Jahre verlängert werden, die gleichzeitig vorgeschriebene Gesundheitsberatung jedes Jahr. Bei mir war es jetzt mal wieder so weit. Von der Gesundheitsberatung habe ich ja vor zwei Wochen schon berichtet, hier jetzt ein paar Worte zur Anmeldung bei der zuständigen Behörde FA-BEA* Pro.

Ich war jetzt zum dritten Mal bei dieser Anmeldung. Beim ersten Mal hatte ich eine frisch geschulte Mitarbeiterin, die mir ausgiebig erzählte, was sie über Sicherheitsvorkehrungen in Bordellen und beim Escort gelernt hatte – ohne wohl jemals wirklich Berührung mit dem Thema gehabt zu haben. Beim zweiten Mal (mitten im Corona-Lockdown) war es ein reiner Verwaltungsakt, bei dem meine Daten aufgenommen und meine Papiere auf aktuellen Stand gebracht wurden.

Auch diesmal war es eher eine Formalie. Natürlich wurde mir angeboten, dass ich Fragen stellen könne, zu Sicherheit und Rechten in der Sexarbeit. Dann wurde auf die Kondompflicht hingewiesen und die Pflicht zur steuerlichen Anmeldung. Und da wurde es für mich kontrovers: Bei Einführung des ProstSchG wurde großer Wert darauf gelegt, dass die in der Fachstelle erhoben Daten nicht an andere Stellen weitergegeben würden.

Diesmal sagte mir der Mitarbeiter, dass die Daten automatisch gelöscht würden, wenn meine Anmeldung seit mehr als drei Monaten abgelaufen sei (war sie nicht). Ich war etwas überrascht, denn beim letzten Mal wurde mir gesagt, ich müsse mich aktiv abmelden, wenn ich mal aufhören würde. Als ich das anmerkte, sagte er: ja, wenn ich irgendwann mittendrin aufhöre – aber auch sonst macht es Sinn, da die Abmeldung an die Steuerbehörde weitergegeben wird. Ach – und die Anmeldung dann auch?!

Beim Rausgehen drückte er mir noch ein Kondom in die Hand, auf dessen Verpackung stand: „50.000 Euro gespart“, bezugnehmend auf die Kondompflicht (§32 ProstSchG) und das drohende Bußgeld bei Zuwiderhandlung (§33 ProstSchG). Mich würde interessieren, ob es da in den letzten fünf Jahren Anzeigen gab… kann ich mir irgendwie nicht vorstellen.

Als ich noch im Studio gearbeitet habe, musste ich dort die Anmeldung vorlegen. Seit ich alleine arbeite, hat mich niemand mehr danach gefragt, und ich bezweifle auch, dass das jemals der Fall sein wird. Die Anmeldebescheinigung darf nämlich weder von Kunden noch von der Polizei verlangt werden, sondern nur von Mitarbeitern der FA-BEA* Pro – die Wahrscheinlichkeit einer Kontrolle als Einzelperson ist da so gut wie nicht existent.

Winterkörper

Ich habe jetzt fast zwei Wochen nicht in diesem Blog geschrieben, was in den Jahren seit ich ihn führe nur sehr selten vorgekommen ist. Einen richtigen Grund gibt es dafür nicht; mich hat einfach gerade so richtig der Winter erwischt.

Dieses Jahr hatte ich einen sehr aktiven Sommer, habe viel Sport gemacht und war unterwegs. Schon seit vielen Jahren ist mir der Rhythmus der Jahreszeiten bewusst und ich weiß, dass ich das hohe Sommer-Tempo im Winter nicht beibehalten kann und etwas runterfahren und entschleunigen muss. Trotzdem trifft es mich immer wieder aufs Neue, wie sehr es mich auch rein körperlich beeinflusst.

Im Moment nehme ich etwas zu, obwohl ich meine Eßgewohnheiten nicht geändert habe. Ich brauche mehr Schlaf, und insgesamt habe ich das Gefühl, nicht so viel Kraft und Energie zu haben wie noch vor vier Wochen. Statt sechs Mal die Woche gehe ich jetzt eher „nur“ vier Mal zum Yoga, und die Leichtigkeit ist weg.

Jetzt sind es schon nur noch drei Wochen bis zur Wintersonnenwende, danach wird es dann langsam wieder heller. Ich werde mir Mühe geben, in den nächsten Monaten mehr auf mich aufzupassen und mich einfach daran zu gewöhnen, insgesamt etwas langsamer zu sein.

Ich wünsche Euch, dass auch Ihr die Möglichkeit dazu findet, den Winter ruhig zu gestalten und als eine Zeit des Rückzugs und der Besinnung zu gestalten. Vielleicht finden wir ja auch die Möglichkeit, gemeinsam kuschelig-sinnliche Zeit zu verbringen – ich würde mich freuen!

Aufklärung

In meinem letzten Beitrag habe ich mich über die schlechte Gesundheitsberatung bei der GESAH aufgeregt. Im Umgang mit Menschen, für die Sexualität und/ oder Gesundheitsfragen nicht zum beruflichen Alltag gehören, frage ich mich aber öfter mal: wie aufgeklärt sind die meisten Menschen eigentlich, wieviel Wissen haben sie?

Ich erinnere mich, dass ich während meiner Schulzeit irgendwann nur noch genervt war vom Thema Sexualkunde. Alle zwei Jahre stand es auf dem Lehrplan, mit wachsender Intensität, ergänzt durch Ausflüge zu Pro Familia. Doch wenn ich jetzt daran zurückdenke, was ich gelernt habe: biologische Grundlagen über Sex und Schwangerschaft, ziemlich viel über Verhütung, und ein wenig über HIV, wenig über andere STI.

Vor ein paar Jahren habe ich das beeindruckende Buch „Make Love“ von Ann-Marlene Henning gelesen (erschienen 2012). Sie geht sehr viel tiefgängiger und feinfühliger auf verschiedene Bereiche ein, neben der Biologie auch auf Fragen wie sexuelle Identität, Vorlieben, Erleben, Unsicherheiten, Consent, besondere Vorlieben und vieles andere. Ich möchte dieses Buch auch Erwachsenen von ganzem Herzen empfehlen! (Älteren Erwachsenen empfehle ich auch das Buch „Make more love“ über Sex im Alter.)

Ich habe mittlerweile ein ganzes Regal voll mit Büchern über Sex, SM, Beziehungen, Polyamory, Tantra u.a. Man kann es wohl als mein Lebensthema bezeichnen. Dadurch sind manche Dinge für mich selbstverständlich geworden; vor allem Wissen über Anatomie, sexuelle Gesundheit, Erregungskurven und individuelles Empfinden.

Immer wieder stolpere ich jedoch darüber, dass viel von dem Wissen, dass ich als allgemein bekannt voraussetze, das bei vielen Menschen doch nicht ist. Im Internet führen wir wilde Diskussionen über sexuelle Gesundheit, und mit meinen Kunden rede ich immer wieder über individuelle Anatomie und das Training von Empfindungen und Erregung.

Ich würde mir da mehr Interesse wünschen, das über das Konsumieren von Pornos und deren falschen Bildern hinausgeht. Nichts gegen Pornos, aber das ist als würde man Hochleistungssportlern beim Wettkampf zusehen und davon Trainingstipps für sein Fitnesstraining ableiten wollen. Wer nicht gerne liest, dem möchte ich die Seite www.joyclub.de empfehlen; diese betreibt seit einiger Zeit ein sehr interessantes Projekt „Sexeducation“, bei dem verschiedene Trainer Lifestreams (und Aufzeichnungen) zu unterschiedlichen Themen anbieten.

Gesundheitsberatung?

November ist der Monat, in dem ich mich seit einigen Jahren um meine Anmeldung nach Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG) und um die damit einhergehende Gesundheitsberatung kümmern muss. Montag war es soweit, ich hatte meinen Termin zur Gesundheitsberatung – und habe mich mal wieder ausgiebig darüber geärgert!

Es fängt schon damit an, dass die Beratung nicht jemandem mit medizinischem Hintergrund durchgeführt wird, sondern von Sozialarbeiterinnen. Diese waren bis jetzt alle sehr jung und schienen mir nicht besonders vertraut mit dem Thema zu sein (über das hinaus, was man sich in kurzer Zeit anlesen kann). Sie sind in der Lage, eine grundsätzliche Einführung zum Thema zu geben und ansonsten an kompetentere Stellen zu verweisen. Und sie können an weiterführende soziale Beratungsstellen verweisen, was wohl ein wichtigerer Aspekt dieser Treffen sind.

In den letzten Jahren erlebe ich es so, dass die Beraterinnen auch darauf ausgerichtet sind, diesen Pflichttermin für die Sexarbeiterinnen möglichst schnell zum Abschluss zu bringen. Ich kann also auch einfach sagen: „Ich habe keinen Beratungsbedarf.“, dann bekomme ich die Bescheinigung und gut. Diesmal habe ich ein bisschen Smalltalk gemacht, ein bisschen von mir erzählt – und war trotzdem in unter zehn Minuten wieder raus.

Das Gesetz und die damit verbundenen Institutionen sind das perfekte Beispiel für nutzlose Bürokratie! Das Geld könnte man besser für Beratungsstellen ausgeben, die echte Arbeit leisten, wie z.B. das Casa Blanca hier in Hamburg oder die Aidshilfe.

Sexspielzeug

In den letzten Tagen ist mir aufgefallen, wie häufig ich bei meinen Paysex-Dates Spielzeuge benutze. Auffällig daran ist, dass ich privat überhaupt kein Fan von Spielzeug bin, und eigentlich auch dachte, dass da im Paysex ähnliches gilt. Offensichtlich nicht – ich frage mich gerade warum, und möchte hier ein paar Überlegungen zum Thema Sexspielzeug schildern.

Für viele Menschen fällt Sexspielzeug in die Kategorie „etwas Neues ausprobieren“. Eine Stimulation, die man noch nicht so kennt, ein neuer Kick für das etwas eingeschlafene Sexleben. Das kann ich verstehen. Klassisches Sexspielzeug wie Vibratoren u.ä. wurde ursprünglich für die Selbstbefriedigung erfunden und wird auch da am häufigsten eingesetzt. Ein Vibrator ermöglicht es, sehr viel schneller und zielgerichteter zum Höhepunkt zu kommen als beim Spiel mit den eigenen Fingern.

Genau das ist aber auch das Problem: Vibratoren bieten eine Stimulation, die bei der Stimulation mit Fingern oder Zunge nicht erreicht werden kann. Setzt man sie zu häufig ein, kann es passieren, dass man Probleme bekommt, auf anderen Wegen überhaupt zum Höhepunkt zu kommen. Ich habe auch den Eindruck, dass Spielzeug einen Menschen sehr auf sich selbst konzentriert; beim Spiel zu zweit bleibt da für den Partner eher der visuelle Reiz, das gemeinsame Spiel tritt etwas in den Hintergrund.

Auch beim SM-Spiel treten Spielzeuge häufig in den Mittelpunkt. Da erlebe ich sie aber eher als Werkzeug, die das Spiel unterstützen und intensivieren, denn als Ablenkung. Viele Kunden kommen gerade mit dem Wunsch nach so einem Spiel zu mir, und ich genieße es sehr, diese Wünsche zu erfüllen. Auch hier geht es darum, etwas Außergewöhnliches zu erleben, dass im Beziehungsleben nicht unbedingt vorkommt.

Wenn ich Spielzeug nutze, ist es mir wichtig, mich auf ein oder zwei Teile zu konzentrieren. Das Durchgehen einer ganzen Spielzeugkiste mindert für mich den Reiz. Ich mag es, einzelne Empfindungen genau zu erkunden – sei es bei mir oder bei einem Kunden. Meine Spielzeugkiste ist also übersichtlich – bietet aber einige aufregende Abwechslungen.

Gerüche

Wenn man Kunden im Paysex und Sexarbeiterinnen fragt, was ihnen beim jeweiligen Gegenüber besonders wichtig ist, steht „Körperpflege“ meist ziemlich weit oben auf der Liste. Auch ich dusche vor jedem Termin und biete auch meinen Kunden immer an, vorher bei mir zu duschen (und hinterher gerne noch mal). Dabei benutze ich ein möglichst neutrales Duschgel und kein Parfüm oder parfümiertes Deo.

In einer Beziehung finde ich es extrem wichtig, meinen Partner gut riechen zu können – auch ungeduscht und ohne künstliche Düfte. Manche Menschen reden dann darüber, dass die Pheromone über die Anziehungskraft eines Menschen entscheiden und das Unterbewusstsein über den Geruch bestimmen kann, ob jemand genetisch zu uns passt oder nicht.

Im Paysex kann ich meine Kunden natürlich nicht danach auswählen, ob ich sie besonders gut riechen kann oder nicht. Deswegen ist da frisch geduscht am angenehmsten, oder sogar ein leichter Duft über Deo/ Aftershave/ Parfüm.

Für meine Kunden ist es oft wichtig, ob sie mich riechen können oder nicht; deswegen bin ich zwar frisch geduscht, verzichte aber auf übertünchende Düfte. Außerdem ist so das Risiko geringer, falls jemand nach dem Termin bei mir nach Hause zu seiner Partnerin fährt – die meisten Frauen sind sehr empfindlich auf Gerüche, und schon so mancher ist dadurch aufgefallen.

Die dunkle Jahreszeit

In der letzten Woche habe ich ziemlich viel meiner Schreibtisch-Zeit damit verbracht, auf den leeren Bildschirm zu starren, mich von meinem Handy ablenken zu lassen und dann doch aufzustehen und lieber etwas Körperliches zu machen. Mir fehlt es an Konzentration und Inspiration, meine Gedanken schweifen zu viel in die Vergangenheit oder zu „hätte und sollte“.

Dagegen hilft es, mich auf meinen Körper zu konzentrieren. Am liebsten wäre ich den ganzen Tag in Bewegung. Nach meiner morgendlichen Yoga-Praxis fahre ich viel Fahrrad, bin mit meinem Pferd im herbstlichen Wald unterwegs, oder rolle abends zu Hause noch mal meine Yoga-Matte aus, bevor ich den Abend mit einem Buch in der Badewanne ausklingen lasse.

Inspiration finde ich dann für meine Arbeit. Ich habe wunderbare Treffen mit Stammkunden, bei denen ich meiner Fantasie freien Lauf lassen kann. Ich experimentiere mit Kleidung und Spielzeug und genieße es, eine Begegnung langsam zu gestalten und mit Stimmungen zu spielen.

Jetzt nach der Zeitumstellung merke ich deutlich, dass wir in der dunklen Zeit des Jahres angekommen sind. Die Energie ist ganz anders als im Sommer, mehr auf Rückzug als auf Aktivität ausgerichtet, und es ist wichtig mit den eigenen Kräften hauszuhalten. Gesellschaftlich sind wir bis Weihnachten noch auf erhöhte Aktivität eingestellt; und wenn es im Januar und Februar dann ruhiger wird, liegt die Wintersonnenwende schon hinter uns und wir können und freuen, dass es langsam aber stetig wieder heller wird.

Geschichte: Vielfalt

Bei mir war wenig los diese Woche, und ich genoss es, viel Zeit für die Vorbereitung dieses Dates zu haben. Duschen, Rasieren, Nägel lackieren. Wir kannten uns schon eine Weile, so dass ich um seine Vorliebe für Dessous wusste und mir Mühe bei der Auswahl meines Outfits gab: Halterlose Strümpfe, Ourvert-Slip, Büstenhebe, und darüber ein Spitzen-Neglige, damit ich mich nicht ganz so nackt fühlte und präsentierte, wenn ich ihm die Tür öffnete.

Mein Aussehen verfehlte meine Wirkung bei ihm nicht, er war eindeutig begeistert von meinem Anblick, und wir landeten nach kurzem Small Talk schnell im Bett. Ich hatte nur das Neglige ausgezogen und präsentierte meinen Körper in den sexy Dessous. Schöner Nebeneffekt für mich: Ich konnte mich entspannt zurücklegen und genießen, wie seine Finger über meine Haut strichen und meinen Körper erkundeten.

Seine Finger strichen zwischen meine Beine und teilten meine Schamlippen. Er beugte sich vor und leckte über meinen Kitzler, so dass ich mich lustvoll wand. Dann griff er nach einem bereitliegenden Vibrator und schaltete ihn ein. Mein Stöhnen wurde lauter und mein Winden heftiger, als er den Schaft gegen meinen Kitzler vibrieren ließ und mich so ziemlich schnell zum Höhepunkt brachte.

Nun war es an mir, mich zu revangieren. Ich drehte ihn auf den Rücken und ließ meine Lippen über meinen Körper wandern. Meine Zunge tanzte über seine sorgfältig rasierten Hoden, während meine Finger seinen Schaft verwöhnten. Ich ließ mich Zeit, wollte ihn genießen lassen und die Erlösung möglichst lange hinauszögern. Irgendwann schob er mich zur Seite und griff wieder nach mir.

Spielerisch streckte ich ihm meinen Po entgegen, während ich ein Kondom vom Nachttisch angelte. Während ich es ihm überrollte, spielten seine Finger mit den Bändern meines Ouvert-Slip, schoben sich dazwischen, zogen sie zur Seite… irgendwie schienen sie ihm doch im Weg zu sein, denn schließlich zog er mir den Slip aus, bevor er von hinten in mich eindrang. Ich stützte mich auf die Ellenbogen und genoß es, von hinten genommen zu werden.

Wir waren beide zu angeheizt, und so wurden seine Stöße schnell heftiger und ich hörte, wie er kam. Einen Moment verharrte er, dann zog er sich aus mir zurück. Ich drehte mich zu ihm um, entsorgte das Kondom in einem Papiertuch und lag noch einen Moment entspannt neben ihm, während meine Finger zärtlich über seinen Körper strichen.

Wenn aus Paysex „mehr“ wird

Es kommt immer mal wieder vor, dass Männer in den Paysex gehen mit der Hoffnung, dort eine Partnerin zu finden. Spoiler: Diese Hoffnung wird so gut wie immer enttäuscht. Wenn man eine Sexarbeiterin fragt, ob sie sich schon mal in einen Kunden verliebt hat, werden das alle abstreiten. In der Realität kommt das durchaus vor – nicht häufig, aber doch immer wieder mal.

Für alle, die jetzt anfangen, sich doch Hoffnungen auf ihre Favoritin zu machen: Es passiert meist bei einem der ersten Dates, die Chemie muss von Anfang an stimmen, die Sympathie da sein, es muss einfach richtig knallen. Keine Sexarbeiterin sucht bei ihrer Arbeit nach Gefühlen; es kann eher ziemlich verstörend sein, wenn das passiert. Hier gilt die Regel wie überall sonst auch: es kann immer mal passieren, dass man sich Hals über Kopf verliebt, und es kann dann auch in den Falschen sein – weil es ein Kunde ist, oder weil man vielleicht gar nicht Single ist, oder aus irgendwelchen anderen Gründen, die es unpassend machen. Verliebtheit ist kein Schicksal; jede Seite kann sich dafür entscheiden, die Gefühle zu ignorieren und den Kontakt abzubrechen.

Ich kenne Geschichten, bei denen eine solche Beziehung funktioniert hat – für eine Weile oder auch für länger. Persönlich halte ich es trotzdem für schwierig; im Paysex gibt es noch mehr gegenseitige Projektionen als beim klassischen Dating, und die Gefahr sich in Wunschvorstellungen zu verrennen und dabei die Realtität zu übersehen ist ziemlich groß (für beide Seiten). Sowohl bei Frauen als auch bei Männern sind „Retter-Fantasien“ weit verbreitet. Kunden übersehen außerdem häufig, dass eine Sexarbeiterin dafür bezahlt wird, sexy und zugewandt zu sein – im Privatleben hat sie genauso eigene Bedürfnisse und Stimmungen wie jede andere Frau auch.

Also ja, es kann passieren – aber es wäre falsch, im Paysex nach einer Partnerin/ einem Partner zu suche, und wenn es passiert, steht diese Beziehung vor deutlich mehr Herausforderungen als andere Begegnungen.

Unwiderstehlich?

Es gibt ein Spiel zwischen meinem besten Freund und mir: Regelmäßig kommt es vor, dass ich genervt nach einem Telefonat mein Telefon in die Tasche werfe und sage: „Ey, such dir doch einfach eine andere – so unwiderstehlich bin ich nun auch wieder nicht!“ Er schafft es jedes Mal, ohne einen Moment zu zögern zu reagieren: „Doch, bist du!“ Das finde ich toll und höchst charmant von ihm – es geht aber am eigentlichen Thema vorbei.

Ich halte mich durchaus für attraktiv und auch für sehr gut in dem was ich tue. Nur: das sind viele andere Sexarbeiterinnen auch. Ich habe mir ein bestimmtes Konzept überlegt, wie ich arbeite: was ich anbiete und zu welchen Bedingungen. Das ist wie bei einem Restaurant, dass eine Speisekarte erstellt, Öffnungszeiten festlegt, Preise angibt, etc – da käme doch auch keiner auf die Idee, das verhandeln zu wollen, oder?

Warum versuchen es dann so viele Männer bei einer Sexarbeiterin?! Preise runterhandeln ist da die seltenste Variante, das läuft eher indirekt über die Frage, warum ich denn keine Quickis anbiete. Häufiger sind Spiele wie diese: warum kannst du nicht spontan – mach doch jetzt gerade mal für mich eine Ausnahme. Früher hast du aber XY gemacht bzw warum machst du das denn nicht (stell dich doch nicht so an). Ich will aber keine Nummer rausgeben/ nicht anrufen.

Gerade auf die Frage nach spontanen Terminen reagiere ich, wenn ich einen schlechten Tag habe und/ oder jemand mich zum wiederholten Male damit nervt, auch schon mal mit einem pampigen: „Geh dafür doch einfach ins nächste Laufhaus!“ Das ist dann nicht mal so abwertend gemeint, wie es wohl meist rüberkommt. Laufhäuser, Appartements, Clubs etc sind nun mal auf spontane Gäste eingestellt, und dort ist es auch kein Problem anonym zu bleiben. Ich habe selbst einige Jahre so gearbeitet und weiß, dass der Service dort genauso gut oder schlecht ist wie in Privatwohnungen – das Ambiente ist halt etwas anders, und insgesamt wird dort nach einem anderen Konzept gearbeitet.

Um noch mal auf den Restaurant-Vergleich zu kommen: wenn mir die Speisekarte nicht gefällt, ich mit den Öffnungszeiten nicht klarkomme oder weiß, dass ich da ohne Reservierung keinen Tisch bekomme – dann gehe ich halt in ein anderes! Macht das doch bitte bei einer Sexarbeiterin genauso: Wenn Euch das Konzept nicht passt, sucht Euch eine Anbieterin, mit der Ihr auch auf der Ebene klarkommt. Alles andere ist nur völlig frustrierend für beide Seiten.

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