Das Thema Zeit in der Sexarbeit ist nur oberflächlich betrachtet einfach. Der Kunde zahlt eine bestimmte Zeit, und diese Zeit hat er dann, richtig?

Es fängt schon an mit der Frage, wie die Zeit zählt. Ist 1 Stunde die Zeit von wenn es an der Tür schellt bis zu dem Moment, wo ich die Tür wieder hinter ihm zu mache? Oder doch nur die Zeit, die wir im Bett verbringen?

Und was mache ich, wenn die Zeit um ist, wir aber noch nicht fertig sind? Einen Wecker stellen und dann muss er aufstehen und gehen, oder dem doch noch ein paar Minuten geben? Sind diese Minuten dann auf meine Rechnung oder muss er die noch extra bezahlen?

Im Endeffekt entscheidet jede Sexarbeiterin für sich, wie sie solche Dinge handhabt. Meist wird jedoch nicht darüber gesprochen, d.h. Sexarbeiterin und Kunde haben nicht immer dieselbe Vorstellung davon. Ich sehe es generell als meine Aufgabe, auf die Zeit zu achten. Manchmal habe ich jedoch Kunden, die alles perfekt machen möchten und sehr genau die Zeit im Blick haben.

Hier meine Antworten auf die obigen Fragen: Im Normalfall sehe ich die gebuchte Zeit als reine Spielzeit, d.h. ich rechne 15-30 Minuten extra für etwas Smalltalk und ein Vorgespräch und Zeit zum duschen davor und danach. Wenn jemand diese Zeit völlig überzieht und z.B. vorher ausführlich über seine Vorgeschichte reden möchte und Beratung aus meinen Erfahrungen möchte, ziehe ich etwa die Hälfte dieser Zeit von der Spielzeit ab.

Wie schon gesagt sehe ich es als meine Aufgabe, die Zeit im Auge zu bahalten. Meist gelingt es mir ganz gut und ich beginne 5-10 Minuten vor Ende der Zeit damit, das Spiel ausklingen und den Kunden zur Ruhe kommen zu lassen. Es passiert nur sehr selten, dass mir das nicht gelingt und der Kunde noch völlig im Spiel ist; in einem solchen Fall erlaube ich mir, freundlich zu sagen, dass wir langsam die Uhr im Auge behalten müssen und ich es deswegen jetzt ausklingen lassen würde, was meist okay ist. Verlängerungen biete ich selten an und wird auch nur selten angefragt.

Manchmal passiert es, dass auch ich mich so im Spiel verliere, dass ich die Zeit überziehe. Das geht dann grundsätzlich auf meine Rechnung, ich will diese Zeit nicht extra bezahlt kriegen. Lediglich wenn ich das Gefühl habe, dass jemand es regelmäßig darauf anlegt, die Zeit deutlich zu überziehen, spreche ich das irgendwann an und werde auch strenger mit der Einhaltung der Zeit.

Grundsätzlich ist es mir wichtig, dass die Zeit bei mir sich sowohl für mich als auch für den Kunden „rund“ anfühlt. Manchmal passiert es auch, dass ich unterspiele, d.h. dass eine Stunde eigentlich nur 50 Minuten lang ist, weil einfach gerade ein Endpunkt erreicht ist und die Energie auch nicht danach ist, noch liegen zu bleiben und zu kuscheln, zu quatschen o.ä. Da gehe ich dann mit meinem Gefühl und lasse den Kunden ins Bad, und auch darüber hat sich noch niemand beschwert.

Im Endeffekt ist es mit dem Umgang mit der Zeit wie bei fast allen Aspekten von Sexarbeit: Es ist mir wichtig, dass beide Beteiligten sich fair behandelt fühlen und mit einem guten Gefühl aus dem Erlebnis rausgehen.