Als ich noch Tantra-Massagen gegeben habe, wurde ich ab und zu gefragt: „Und was ist, wenn du zwischendurch Lust auf mehr bekommst? Dann können wir doch auch einfach mehr machen…“ Mir war durchaus bewusst, aus welcher erotischen Fantasie diese Frage entsprungen war. Trotzdem gingen meine Gedanken und meine Antwort immer in eine völlig andere Richtung, nämlich: würde ich nie tun. Begründung: Ich bin sehr gut darin, Stimmungen zu schaffen und Situationen zu lenken. Wenn ich also auf einer Tantra-Massage zu Sex überleiten wollen würde, würde mir das wohl problemlos gelingen – und die wenigsen Männer würden in dieser Situation klar Nein sagen. Wenn man es genau nimmt, habe ich denjenigen aber in diese Situation hineinmanipuliert und mich nicht an vorher gesprochene Absprachen gehalten – und das ist massiv übergriffig und damit unethisch!

Vor zehn Tagen hatte ich eine Situation, die mich genau daran denken ließ. Ich hatte ein Date mit einem Kunden, den ich zum ersten Mal traf, also noch gar nicht kannte. Im Vorgespräch sagte er, dass er hauptsächlich Lust auf eine Massage hätte und mir gerne die Führung überlassen würde. Ich fing an ihn zu umarmen, auszuziehen, wir küssten uns – und irgendwie entwickelte sich die Situation und Stimmung in meinen Augen ganz anders. Wir haben dann lange rumgeknutscht, gefummelt, Lippen über Körper wandern lassen… doch als ich nach einem Kondom griff, sagte er: „Eigentlich wollte ich ja nur eine Massage.“ In dem Moment kam ich mir übergriffig vor, und habe dann den Termin erst mit einer Intimmassage und dann noch mit einer Ganzkörpermassage beendet (und dabei gründlich die Zeit überzogen).

Nach dem Termin habe ich mich echt komisch gefühlt und mir viel Gedanken über meine Professionalität gemacht und darüber, ob ich mich da nicht falsch verhalten und von meinen eigenen Wünschen und Gefühlen habe hinreißen lassen. Zum Glück haben wir ein paar Tage später noch mal kurz geschrieben, und für ihn war wohl alles in Ordnung und er hat den Termin genossen. Trotzdem werde ich mir noch mal Gedanken darüber machen, wie ich in Zukunft genauer mit Absprachen umgehen kann.