Vor vielen Jahren habe ich mal in einem Buch folgende Aussage gelesen: „Frauen, die sich prostituieren, gehen den einfachsten Weg. Sie sind nicht bereit, sich den Problemen in ihrem Leben zu stellen und nach anderen Lösungen zu suchen.“ Damals habe ich mich über diese Aufgabe furchtbar aufgeregt; wer wird schon gerne als jemand gesehen, der sich dem Leben nicht richtig stellt?! Mittlerweile denke ich, dass in der Aussage doch etwas Wahrheit steckt.

Den meisten Menschen ist bewusst, dass Prostitution keine einfache Tätigkeit ist, sondern viel emotionale Stärke und Selbstsicherheit braucht. Trotzdem fangen einige Frauen ziemlich naiv mit Sexarbeit an, mit Gedanken wie „Ich kann das ja mal ausprobieren.“ Das ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt von Prostitution: man kann relativ schnell und einfach einsteigen. (Theoretisch kann man genauso schnell und einfach wieder aussteigen. Warum das in der Praxis selten klappt, ist ein Thema für einen anderen Blog.)

Ich habe auch so angefangen. Nur nebenbei, eine handvoll Termine, dann habe ich erst mal wieder aufgehört. Selbst als ich später fünf Tage die Woche in einem Club gearbeitet habe, war das irgendwie „nebenbei“ und relativ locker. In manchen Bordellen gibt es nicht einmal Schichtpläne, sondern die Frauen können kommen und gehen wie sie wollen; wer da ist verdient Geld, wer nicht da ist eben nicht. Bei welcher anderen Tätigkeit gibt es diese Möglichkeit?

Das Problem dabei ist, dass man sich an diese Freiheit gewöhnt. Es wird einfach, nur so in den Tag hinein zu leben. Man arbeitet bis man genug Geld verdient hat, dann macht man frei bis man wieder Geld braucht. Keine Planung notwendig, man kann voll im Moment leben. Der Verdienst in der Prostitution ist meist hoch genug, dass das funktioniert, solange man den eigenen Lebensstandard nicht zu hoch schraubt (was manchen Anfängerinnen schwer fällt).

Wenn man einer normalen, angestellten Arbeit nachgeht, ist nicht nur ein hohes Maß an Disziplin und Zuverlässigkeit nötig (und vorab ein Bewerbungsprozess), sondern man muss auch seine Finanzen planen, da es halt nur ein Mal im Monat Gehalt gibt. Für viele Menschen mag diese Feststellung lächerlich klingen, da sie schon im frühen Erwachsenenalter gelernt haben, mit Geld umzugehen. Prostituierten fehlt diese Fähigkeit häufig. Sie sprechen von „Handgeld“ als das Geld, was sie für tägliche Ausgaben brauchen, und haben manchmal jemanden anders, der sich um den ganzen anderen Kram kümmert. (Auch das Zuhälter-Thema braucht einen eigenen Blog.) Viele Prostituierte leben sehr in den Tag hinein, gerade wenn sie jung sind.

Von dieser Perspektive aus betrachtet ist Prostitution durchaus der einfachste Weg – der leider auch in eine Sackgasse führen kann, wenn man sich auf diese Einfachheit verlässt und nicht irgendwann anfängt, Pläne für den Rest des Lebens zu machen.