Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Autor: Tina (Seite 6 von 56)

Traurige Verwirrung

Wie ich hier http://blog.traumfrau-mit-nebenwirkungen.com/dies-und-das/arbeitsurlaub/ erzählt habe, war ich im Februar mit einem langjährigen Kunden für sechs Tage in Malaga. Wir kennen uns seit über 15 Jahren, hatten das lange geplant und hatten eine sehr schöne Zeit miteinander. Wir haben erstaunlich gut einen Rhythmus gefunden und konnten den Urlaub sehr genießen.

Er war zwei Tage vor mit in Spanien und ist auch noch ein paar Tage geblieben, nachdem ich wieder nach Hamburg geflogen bin, bevor er selber nach Hause geflogen ist. An dem Abend habe ich ihm noch eine kurze SMS geschrieben, dass ich gut wieder zu Hause angekommen bin; darauf hat er nicht geantwortet, aber da hatte ich auch nicht wirklich mit gerechnet.

Ein paar Tage später habe ich ihm eine e-Mail geschrieben (unser normaler Kommunikationsweg), in der ich mich für die schöne Zeit bedankt und ein wenig geplaudert habe. Auch darauf bekam ich keine Reaktion. Ich habe mir gesagt, dass er ja noch in Spanien ist – gewundert hat es mich trotzdem, da er auch in unserer gemeinsamen Zeit 1-2 Stunden am Tag am Laptop verbracht hat.

Der Tag seines Rückflugs ging vorbei, und immer noch keine Nachricht. Ich fing an mir Sorgen zu machen. Er ist schon deutlich im Rentenalter und gesundheitlich nicht mehr ganz auf der Höhe; in der Vergangenheit hat er schon mal gesagt, dass, falls ich irgendwann plötzlich nichts mehr von ihm höre, er wohl verstorben ist. Doch zu meinem Geburtstag schickte er mir eine e-Card, nichts weiter als eine „Happy Birthday“-Karte mit seinem Namen.

Letzte Woche habe ich ihm dann noch eine e-Mail geschrieben, ein kurzes „hej, alles okay bei dir? fühlt sich komisch an, nichts von dir zu hören. geht es dir gut?“ Wieder keine Reaktion… Nun frage ich mich doch, ob ich was falsch gemacht habe, oder er es sich einfach anders überlegt hat und jetzt doch nichts weiter planen möchte. Das wäre ja völlig okay, er könnte das sagen, oder eine Ausrede nennen, oder es einfach im Sande verlaufen lassen – aber so fühlt es sich echt komisch an für mich.

P.S. Es kommt selten vor, dass Kunden sich von mir verabschieden (siehe auch: http://blog.traumfrau-mit-nebenwirkungen.com/anekdoten/abschied/), und natürlich ist da auch niemand zu verpflichtet. Ich denke auch, dass es häufig keine bewusste Entscheidung ist, keinen weiteren Termin zu buchen, sondern sich halt einfach nicht ergibt. In diesem Fall finde ich es trotzdem komisch.


Update 06.04.24

Ich habe von ihm gehört. Er hatte am 16. Februar einen medizinischen Notfall und war über einen Monat im Krankenhaus und hat auch jetzt noch einen langen Genesungsweg vor sich.

Kurzurlaub vor Ostern

Es sind jetzt fast fünf Wochen, seit ich aus meinem Spanien-Urlaub zurück bin. Der Einstieg zurück in den Alltag danach und der Rest des Februars lief gut, vor allem dafür dass es ja eigentlich noch mitten im Winter war. Aber mein Vorsatz, nach dem Urlaub den Frühling einzuleiten, hat geklappt, und sogar das Wetter hat mitgespielt.

Im Gegensatz dazu ist der März gerade sehr ruhig, und gefühlt auch schon fast wieder vorbei. Nächste Woche fahre ich für ein paar Tage mit einem guten Freund nach Amsterdam, von Donnerstag bis Sonntag (21.-24.3.). Ich freue mich darauf, noch mal ein paar Tage rauszukommen.

Danach das Wochenende ist schon Ostern. Da freue ich mich auf ein paar ruhige Tage, den Frühling genießen – und vielleicht auch ein paar schöne Dates. Vorher habe ich natürlich auch noch Zeit, ruf mich gerne einfach an und lass uns zusammen die Frühlingsgefühle genießen!

Devoter Service

Vor ein paar Wochen wurde ich gefragt, ob ich auch im devoten Bereich spielen würde. Konkret ging es um ein Bestrafungs-Szenario mit Schlägen mit einem Rohrstock. Ich habe das abgelehnt, gleich aus mehreren Gründen, und mir im Nachhinein mal wieder ein paar Gedanken über devoten Service gemacht.

Als ich noch in einem BDSM-Studio gearbeitet habe (2014-2020) habe ich auch devoten Service angeboten. Wirklich gebucht wurde das aber nur eine handvoll Male. Einen dieser Kunden sehe ich auch heute noch 1-2 Mal im Jahr, für eine Spanking-Session. Ansonsten ging es meist um kurze Rollenspiele, bei denen ich die Sklavin gespielt habe und auf Anweisung über den Boden gekrabbelt bin.

Privat habe ich mehr Erfahrung in dem Bereich und würde mich durchaus als masochistisch bezeichnen. Da ich die letzten Jahre jedoch nur wenig spiele, ist meine körperliche Belastbarkeit nicht so hoch. Zudem bin ich psychisch nicht sonderlich belastbar, und jede Art von verbaler Erniedrigung lehne ich ab.

Der Unterschied, warum ich das jetzt nicht mehr bewerbe und auch nur selten anbiete, liegt darin, dass im Studio andere Sicherheitsvorkehrungen und auch Spielmöglichkeiten vorhanden waren. Vielen Kunden ging es auch um die Atmosphäre in einem SM-Studio, die sich in meinem kleinen Massageraum nicht herstellen lässt. Und es war halt immer eine Kollegin im Nebenzimmer, die zur Not eingreifen konnte.

Ich erlebe es häufig, dass Kunden zu mir kommen mit einer bestimmten Fantasie (egal in welchem Bereich), die oft einem Porno u.ä. entsprungen ist – und sich wenig Gedanken über die konkrete Umsetzung machen. Erst letztes Jahr ist es mir (in einer privaten Affäre) passiert, dass ich zwischendurch Angst hatte, ernsthaft verletzt zu werden. Blaue Flecken o.ä. gehören zwar durchaus dazu, aber bei vielen Techniken ist es nötig, sich vorher mit Anatomie und Risiken auseinanderzusetzen. Auch das Thema Hygiene muss ich in solchen Szenarien zu großen Teilen dem Kunden überlassen und mich darauf verlassen können, dass wir auf derselben Ebene agieren.

BDSM erfordert Konsens und Vertrauen. Dafür werden meist im Vorfeld längere Gespräche geführt, um Ideen und Grenzen abzuklären – vor allem die Grenzen der devoten Person. Im Paysex ist es aber durchaus so, dass es dem Kunden um ein spezielles Szenario geht – wie bei dem oben angesprochenen Bestrafungs-Szenario mit Rohrstock-Schlägen – und es manchmal schwer abzuschätzen ist, ob ich das physisch und psychisch kann, wenn ich noch nicht mit diesem Kunden gespielt habe. Und im Paysex ist es nicht so einfach und selbstverständlich, ein Szenario abzuändern oder gar ganz abzubrechen, wie ich das im Privaten tun würde.

Last but not least hinterlassen solche Spiele häufig Spuren. Das finde ich zwar nicht dramatisch, schreckt aber manchmal andere Kunden ab. Wenn ich also die Risiken bedenke denen ich mich bei einem Spiel in der devoten Rolle aussetze, plus die Spuren auf meinem Körper, wird das häufig nicht ausgeglichen durch den höheren Stundensatz und den potentiellen Spaß an dem Spiel.

Erfahrungen und Bodycount

Ich habe mit 23 mit Sexarbeit angefangen, und davor hatte ich mich privat „ausgetobt“. Eine Zeit lang habe ich gezählt, mit wie vielen Männern ich im Bett war. Irgendwann mit Mitte 20 habe ich das aufgegeben und seitdem nie wieder darüber nachgedacht. Auch ist es ab einem gewissen Alter in Gesprächen mit Freunden oder Partnern immer weniger Thema gewesen, bis zu dem Punkt jetzt, da ich nicht mehr weiß wann ich das letzte Mal mit jemandem über „Bodycount“ geredet habe.

Manchmal denke ich darüber nach, wie sehr sich meine Erfahrungen wohl von denen der meisten Menschen unterscheiden. Sexuell habe ich viel Erfahrung, aber gleichzeitig auch völlig andere als Menschen, die z.B. in langjährigen Beziehungen leben oder gelebt haben. Meine Sexualität hängt viel mit meinem eigenen Erleben meines Körpers und meiner Lust zusammen und erst in zweiter Linie mit meinem Gegenüber. Das unterscheidet mich wohl von Menschen, die ihre Sexualität immer mit einer bestimmten Person verbunden haben.

Zählen die Erfahrungen in der Sexarbeit eigentlich als sexuelle Erfahrungen? Klar lerne ich darin viel über mich, und auch meine Kunden lernen über ihren Körper und ihre Empfindungen. Aber es ist ein „sicherer“ Rahmen, der stark reguliert ist und vorgegebene Abläufe hat, so dass die Begegnungen nie hunderprozentig offen, ehrlich und unvoreingenommen sind. Ich kann mich schnell auf jemanden Neues einstellen, wenn es um rein sexuelle Begegnungen geht. Im Privaten bin ich manchmal genauso unsicher und fast gehemmt wie die meisten Menschen, vor allem wenn es um Gefühle geht.

Es gibt die Theorie, dass Monogamie schwer ist für Menschen, die in ihrem Leben schon viele Partner hatten. Zumindest für mich kann ich das bestätigen. Ich erlebe mich in den letzten Jahren privat sehr auf meinen Partner fixiert und wenig auf der Suche. Gleichzeitig erscheint mir die Vorstellung, in meinem Leben wirklich nur noch mit einer einzigen Person Sex zu haben, völlig absurd.

Mich würde mal interessieren, wie viele Sex-Partner eigentlich Durchschnitt sind. Ab und zu gibt es da angeblich Studien zu, aber die dort genannten Zahlen erscheinen mir meist lächerlich gering. Zählt Paysex da eigentlich zu, und One-Night-Stands, oder geben die meisten Menschen dort nur feste Partner an? Macht es Sinn, da zu unterscheiden?

Umgang mit Kondomen

kaufmich hatte gerade „die besten Ausreden, um kein Kondom zu benutzen“ zum Thema gemacht. Ich konnte darüber lachen. Zum Glück habe ich die Diskussion um Kondome nur sehr selten; langsam scheint sich doch herumgesprochen zu haben, dass im Paysex kein Weg daran vorbei führt.

Ich habe in 25 Jahren nur zwei Männer getroffen, bei denen Kondome wirklich schwierig waren. Der eine war ein Kunde von mir, dessen Penis so geformt war, dass das Kondom trotz aller Vorsicht (sowohl von mir als auch von ihm, ihm war das Problem zum Glück sehr bewusst) ständig abgerutscht ist. Der zweite war ein Ex-Freund von mir, der wirklich so groß gebaut war, dass er mit normalen Kondomen Probleme hatte, da sie so sehr eingeschnitten haben.

Ansonsten sehe ich durchaus ein, dass Kondome viele Männer nerven. Andererseits wundert es mich, dass nur wenige Männer sich mal wirklich damit auseinandersetzen. „Kondome nerven, da fühle ich nicht so viel“, ist die Aussage, und damit ist das Thema für viele erledigt. Ich glaube aber, dass es durchaus Sinn machen kann, sich da weiter mit zu beschäftigen.

Es gibt mittlerweile ein großes Angebot an Kondomen. Ich benutze seit einiger Zeit MySize-Kondome, die es in unterschiedlichen Größen gibt. Die wenigsten Männer kennen ihre Größe, und wenn ich die aussuche, liege ich auch mal um eine Größe daneben. Dazu kommt, dass es individuelle Vorlieben gibt. Ich gebe gerne jedem meiner Kunden, der mich danach fragt, eine kleine Auswahl an Kondomen mit, damit er in Ruhe zu Hause ausprobieren kann, was sich am besten anfühlt und am wenigsten stört.

Neben der Größe spielt das Material eine Rolle. Mittlerweile gibt es latexfreie Kondome, für Menschen mit Allergie. Das habe ich noch nicht erlebt, weswegen meine Kondome alle aus Latex sind, da ich das in der Anwendung leichter finde. MySize ist relativ dick, es gibt auch dünnere Kondome, z.B. von Durex. Es macht durchaus Sinn, nicht nur bei der Größe zu probieren, sondern auch einfach mal ein paar verschiedene Marken zu probieren, um herauszufinden was sich am besten anfühlt.

Last but not least: Viele Männer haben nie gelernt, Kondome entspannt überzuziehen. Bei meinen Dates ist das meist meine Aufgabe, die ich souverän meistere. Von erwachsenen Männern erwarte ich eigentlich trotzdem, dass sie das können, ohne ewig rumzuhampeln und ohne dabei die Errektion zu verlieren. Das kann man auch zu Hause in Ruhe üben!

Das Beste, was für mich bei einem Date passieren kann, ist übrigens, wenn der Mann beim Thema Kondome (und Safer Sex generell) mitdenkt. Sehr oft verwende ich Aufmerksamkeit und Energie darauf, im Blick zu haben, dass alles safe ist und er wirklich ein Kondom benutzt und nicht einfach irgendwie ohne rummacht. Das ist für mich stressig und nervig. Wenn ich merke, dass jemand da achtsam ist und das mit im Blick hat und keine Dummheiten macht, kann ich mich bei einem Date deutlich mehr entspannen und fallen lassen – und wir haben beide mehr Spass!

Gewichtsschwankungen

Vor ein paar Wochen hat mich jemand angeschrieben, welche Bilder in meiner Galerie die aktuellsten wären. Grund für diese Anfrage war, dass ich in seinen Augen in einigen dieser Bilder zu viel Gewicht hatte – und er wollte wissen, ob „es mir gelungen sei, das wieder abzunehmen“.

Ich muss zugeben, dass ich ein wenig getriggert war von dieser Aussage (wie es wohl die meisten Frauen wären). Dabei habe ich ein gesundes Selbstbild und Selbstbewusstsein und mache mir im Alltag selten Gedanken über mein Gewicht oder mein Aussehen. Ich wiege mich auch schon seit Jahren nicht mehr regelmäßig, das letzte Mal auf einer Waage stand ich vor rund einem Jahr.

Nach meinem Unfall vor 15 Jahren habe ich zuerst nur einige Kilo zugenommen. Zuvor hatte ich Idealgewicht, aber zuzunehmen hat mir geholfen, mein psychisches Gleichgewicht zu halten. Ich war und bin schon immer Stress-Esserin, und mit zunehmendem Alter steckt mein Körper das nicht mehr so leicht weg wie früher. Vor sieben Jahren habe ich aus verschiedenen Gründen fast zehn Kilo zugenommen; einiges davon habe ich wieder abgenommen, aber von meinem vorherigen Idealgewicht bin ich seitdem weit entfernt.

Ich war nie wirklich dünn oder „skinny“, selbst als Teenagerin nicht, aber auch nie wirklich übergewichtigt – und fühle mich auch heute nicht übergewichtig (auch wenn mein BMI das sagt). In den letzten Jahren schwankt mein Gewicht schon im Laufe meines Zyklus um 3-4 Kilo, und auch zwischen Sommer und Winter um einiges. Für mich ist das okay; es hilft mir, mein emotionales Gleichgewicht zu halten.

Ob ich mich sexy fühle oder nicht, hat selten mit meinem Gewicht zu tun. Letzte Woche im Urlaub hatte ich den Punkt, wo ich mich zu schwer fand – weil es meine Sportlichkeit beeinflusste. Gleichzeitig fühlte ich mich wohl, sicher und geborgen in meinem Körper, und ich fühlte mich auch noch sexy damit. Insgesamt würde ich mein Gewicht immer als „durchschnittlich“ oder „normal“ bezeichnen, und ziehe hoffentlich auch Kunden an, die genau das suchen.

Wer auf skinny oder durchtrainiert steht, ist halt bei mir falsch. Ich mag die Natürlichkeit meines Körpers und meines Wesens, und Gewichtsschwankungen gehören dazu.

Arbeitsurlaub

Am Sonntagabend fliege ich für sechs Tage nach Malaga. Dort treffe ich einen langjährigen Massage-Kunden und werde ein paar Tage mit ihm in der Sonne verbringen. Eigentlich liegt sowas weit außerhalb meiner Komfortzone, aber diesmal habe ich mich überreden lassen.

Wir kennen uns schon seit über 15 Jahren. Am Anfang war er bei mir, wenn er in Hamburg ein paar Tage Urlaub gemacht hat. In den letzten Jahren ist er 2-3 Mal im Jahr extra nach oder über Hamburg geflogen, um sich von mir massieren zu lassen. Da er sich jedoch nicht für das Hamburger Wetter begeistern konnte und langsam auch alles gesehen hatte, was die Stadt touristisch zu bieten hatte, fragte er vor zwei Jahren zum ersten Mal, ob ich mir nicht vorstellen könnte ihn woanders zu treffen.

Letztes Jahr hatten wir schon mal angefangen, ein paar Tage in Malaga zu planen. Jedoch musste er das erste aus gesundheitlichen Gründen verschieben, und dann passte es bei mir zeitlich wegen einer Ausbildung nicht mehr. Kurz hatten wir überlegt, ob ich dann zumindest für2-3 Tage nach London fliege, aber das war mittem im Brexit-Trubel auch nicht so problemlos möglich.

Dieses Jahr hat es dann mit etwas mehr Ruhe und Planung geklappt. Ich freue mich sehr darauf, im Februar ein paar Tage in die Sonne zu kommen und weg von dem Streik-Chaos hier in Deutschland. Badewetter wird es nicht sein, aber mit 18-20 Grad perfektes Wetter, um die Stadt zu erkunden und ein paar Ausflüge zu machen. Und natürlich werden wir jeden Tag Zeit im Appartement verbringen, damit ich ihn massiere.

Ein bisschen nervös bin ich schon, wie es sein wird, so viel Zeit mit jemandem zu verbringen, den ich bisher nur von Massagen und Gesprächen kenne. In meinem Alltag habe ich viel Zeit für mich, und auch im Urlaub lege ich Wert auf meine Rückzugsräume. Nachts werde ich auch in diesem Urlaub ein eigenes Zimmer haben, und für den Rest bin ich optimistisch, dass sich das schon finden wird.

Männliche Eitelkeit

Es war nach dem Termin, wir waren schon wieder angezogen, als er noch einmal hinüber zu meinem Zubehör-Wagen sah und frage: „Warum hast du eigentlich so viele Kondom-Packungen?“ Ich erklärte ihm, dass ich MySize-Kondome benutze und es die in unterschiedlichen Größen gibt. Mit einem weiteren Blick erfasste er, welche Größe ich für unseren Termin aus dem Regal gezogen hatte…

… und war etwas pikiert darüber, dass es eine der kleineren Größen war. Was sollte ich dazu jetzt sagen? Freundlich wies ich darauf hin, dass er ja auch kein Hemd tragen würde, dass ihm zwei Nummern zu groß oder zu klein war, und dass mit meiner Auswahl der Kondomgröße keine Wertung verbunden sei.

Jungs, ganz ehrlich: Die meisten Frauen machen sich viel weniger Gedanken über die Größe als Ihr es tut. Und die meisten Frauen, die ich kenne, legen eher keinen Wert auf große Größen – auch wenn auf manchen Internetseiten das Gegenteil behauptet wird.

Und selbst wenn: an deiner intimen Größe kannst du noch weniger ändern als ich an meiner Körpchengröße, also macht es das Leben deutlich einfacher, sich jemanden zu suchen, der genau deinen/meinen Körpertyp bevorzugt, statt sich selber runterzumachen. Selbstbewusstsein und Körpergefühl ist sexy und hilft über vermeintliche Schwächen hinwegzusehen!

„Low effort high paying“

Zu Weihnachten habe ich die TikTok-App heruntergeladen und verbringe seitdem viel zu viel Zeit damit, durch kurze Videos zu scrollen (schlimmer als Facebook!). Unter anderem schaue ich auch Videos von australischen Sexarbeiterinnen. In einem Video vor ein paar Tagen hat eine dieser Frauen auf folgenden Kommentar geantwortet: „Do you feel like it’s fair that women can do such a low effort high paying job that men work hard grinding jobs to pay for? – Findest du es fair, dass Frauen mit diesem Job mit wenig Aufwand sehr viel Geld verdienen, während Männer harte, aufreibende Jobs machen, um dafür zu bezahlen?“

Wie ich es auch gemacht hätte, hat sie sich in ihrer Antwort darauf konzentriert zu begründen, warum Sexarbeit kein „low effort job“ ist, also nicht wenig Aufwand bedeutet. Ihre Antwort hat mich jedoch schockiert: Sie erzählte von körperlichen Übergriffen und Verletzungen, die sie in den letzten Monaten bei dieser Tätigkeit erlitten hat! Und die waren so ernsthaft, dass ich wahrscheinlich erst mal eine Auszeit gebraucht hätte – während sie das so nebenbei erzählte.

Ich hatte durchaus schon körperliche Probleme durch diese Tätigkeit; das waren jedoch Fälle von Überreizung, bakteriellem Ungleichgewicht, schlechtem Immunsystem etc. Ich bin nie körperlich verletzt worden (im Sinne von Wunden). Aber ja, diese Tätigkeit ist körperlich anstrengend. Ich habe Jahre gebraucht, um meinen Körper so gut kennenzulernen, dass ich Frühwarnzeichen erkenne, wenn etwas aus dem Gleichgewicht kommt, und auch weiss, was ich dann dagegen tun kann.

Viel gravierender noch als die körperlichen Auswirkungen empfinde ich, wie psychisch und emotional anstrengend Sexarbeit sein kann. Das fängt bei der gesellschaftlichen Stellung an: Es erfordert viel Selbstbewusstsein und Selbsterkenntnis, sich nicht von der ständigen Abwertung sowohl durch „die Gesellschaft“ als auch durch Kunden fertigmachen zu lassen. Dazu kommt ein ständiger Kampf um Grenzen, sowohl im Kontakt online und am Telefon als häufig auch im Termin selber.

Der für mich anstrengendste, aber gleichzeitig schönste Aspekt ist die emotionale Arbeit im Termin selber. Ich liebe es, mit meinen Kunden in Kontakt zu gehen, Emotionen zu spiegeln, Bedürfnisse zu erfüllen und Lust zu teilen. Andererseits sind es halt immer die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden, nicht meine eigenen. Das bedarf viel Reflektion und Selbstfürsorge in meiner Freizeit.

Fazit: Sexarbeit wird gut bezahlt, aber es ist auch eine anstrengende Tätigkeit, und kein Job den man nach Dienstplan machen kann. Der hohe Stundensatz muss nicht nur die Kosten abedecken (Raum, Zubehör, Kleidung etc.) und die Vor- und Nachbereitungszeit mit einrechnen, sondern mir auch die Zeit und Möglichkeit geben, Ausgleich zu finden, um körperlich und psychisch gesund zu bleiben. Da hat dann wohl jede Sexarbeiterin einen anderen Stundensatz, mit dem sie zufrieden ist.

Aus Kundensicht würde ich mir Anerkennung für diese Tätigkeit wünschen, und die wird auch durch Geld ausgedrückt. Und letztendlich muss sich jeder Kunde einfach die Frage stellen: Ist es mir das wert oder eher nicht? Und dann einen Termin buchen oder es halt lassen.

Falls jemand auch bei TikTok ist und den Beitrag ansehen möchte, der Username der oben zitierten Sexarbeiterin ist lillithLodgexo .

Zeit

Das Thema Zeit in der Sexarbeit ist nur oberflächlich betrachtet einfach. Der Kunde zahlt eine bestimmte Zeit, und diese Zeit hat er dann, richtig?

Es fängt schon an mit der Frage, wie die Zeit zählt. Ist 1 Stunde die Zeit von wenn es an der Tür schellt bis zu dem Moment, wo ich die Tür wieder hinter ihm zu mache? Oder doch nur die Zeit, die wir im Bett verbringen?

Und was mache ich, wenn die Zeit um ist, wir aber noch nicht fertig sind? Einen Wecker stellen und dann muss er aufstehen und gehen, oder dem doch noch ein paar Minuten geben? Sind diese Minuten dann auf meine Rechnung oder muss er die noch extra bezahlen?

Im Endeffekt entscheidet jede Sexarbeiterin für sich, wie sie solche Dinge handhabt. Meist wird jedoch nicht darüber gesprochen, d.h. Sexarbeiterin und Kunde haben nicht immer dieselbe Vorstellung davon. Ich sehe es generell als meine Aufgabe, auf die Zeit zu achten. Manchmal habe ich jedoch Kunden, die alles perfekt machen möchten und sehr genau die Zeit im Blick haben.

Hier meine Antworten auf die obigen Fragen: Im Normalfall sehe ich die gebuchte Zeit als reine Spielzeit, d.h. ich rechne 15-30 Minuten extra für etwas Smalltalk und ein Vorgespräch und Zeit zum duschen davor und danach. Wenn jemand diese Zeit völlig überzieht und z.B. vorher ausführlich über seine Vorgeschichte reden möchte und Beratung aus meinen Erfahrungen möchte, ziehe ich etwa die Hälfte dieser Zeit von der Spielzeit ab.

Wie schon gesagt sehe ich es als meine Aufgabe, die Zeit im Auge zu bahalten. Meist gelingt es mir ganz gut und ich beginne 5-10 Minuten vor Ende der Zeit damit, das Spiel ausklingen und den Kunden zur Ruhe kommen zu lassen. Es passiert nur sehr selten, dass mir das nicht gelingt und der Kunde noch völlig im Spiel ist; in einem solchen Fall erlaube ich mir, freundlich zu sagen, dass wir langsam die Uhr im Auge behalten müssen und ich es deswegen jetzt ausklingen lassen würde, was meist okay ist. Verlängerungen biete ich selten an und wird auch nur selten angefragt.

Manchmal passiert es, dass auch ich mich so im Spiel verliere, dass ich die Zeit überziehe. Das geht dann grundsätzlich auf meine Rechnung, ich will diese Zeit nicht extra bezahlt kriegen. Lediglich wenn ich das Gefühl habe, dass jemand es regelmäßig darauf anlegt, die Zeit deutlich zu überziehen, spreche ich das irgendwann an und werde auch strenger mit der Einhaltung der Zeit.

Grundsätzlich ist es mir wichtig, dass die Zeit bei mir sich sowohl für mich als auch für den Kunden „rund“ anfühlt. Manchmal passiert es auch, dass ich unterspiele, d.h. dass eine Stunde eigentlich nur 50 Minuten lang ist, weil einfach gerade ein Endpunkt erreicht ist und die Energie auch nicht danach ist, noch liegen zu bleiben und zu kuscheln, zu quatschen o.ä. Da gehe ich dann mit meinem Gefühl und lasse den Kunden ins Bad, und auch darüber hat sich noch niemand beschwert.

Im Endeffekt ist es mit dem Umgang mit der Zeit wie bei fast allen Aspekten von Sexarbeit: Es ist mir wichtig, dass beide Beteiligten sich fair behandelt fühlen und mit einem guten Gefühl aus dem Erlebnis rausgehen.

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