Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Mythos Privatfrau

Manchmal reagiere ich empfindlich auf Anfragen, bei denen sich der Absender wahrscheinlich nicht viel gedacht hat. So ist es heute Nachmittag passiert, als mir jemand schrieb: „Ich möchte endlich meine Fantasien ausleben und zwar nicht im Bordell oder so sondern bei einer sympathischen natürlichen privaten Dame.“ Meine Antwort fiel wohl etwas harsch aus: „Leider strotzt deine Nachricht für mich nur so von Vorurteilen. Ich werde für Treffen bezahlt, demnach ist das nicht privat sondern mein Beruf. Ich habe auch Erfahrung mit Arbeiten in professioneller Umgebung, also dem was Du so abwertend als Bordell pauschalisierst – und bin stolz auf die Erfahrung und das Können, die ich dabei erworben habe. Ich denke also nicht, dass ich zu Deinen Vorstellungen passe.“

Vor vielen Jahren brachte es mal ein Kunde passend auf den Punkt, indem er sagte: „Ich werde keine private Frau beleidigen, indem ich ihr Geld anbiete und sie damit zu einer Professionellen mache. Und sobald eine Frau dafür Geld nimmt, ist sie eine Professionelle.“ Das Sexarbeiterinnen „das Hobby zum Beruf machen“, ist ein Mythos. Wir unterscheiden sehr deutlich zwischen privatem Sex und Arbeit! Für mich ist Professionalität durchaus etwas Positives, darf aber halt nicht mit privaten Treffen verglichen werden.

Ich verstehe, was manche dieser Kunden sich davon erträumen: eine Frau, die das nur ab und zu macht, wo sie also „etwas Besonderes“ sind, und einen offenen und vielleicht etwas naiven Umgang damit. In der Realität ist es eher so, dass viele Frauen Sexarbeit ausprobieren und es dann nach sehr wenigen Wochen wieder sein lassen, da es doch Fähigkeiten erfordert, die sie nicht besitzen – vor allem die Fähigkeit, sich auf jeden einzulassen und gleichzeitig die eigenen Grenzen zu wahren. Viele Kunden berichten mir dann von der Unzuverlässigkeit dieser Frauen, von kurzfristig abgesagten oder gar versetzten Treffen, oder auch von Forderungen, die an dieser Stelle meiner Meinung nach nichts zu suchen haben: nach Fotos, privaten Informationen, ja nach einer Art Werben (was die meisten Kunden zu umgehen versuchen, indem sie eine Sexarbeiterin anschreiben).

Was Bordelle angeht, so sind dies einfach professionell eingerichtete Räume für erotische Begegnungen – und somit meist einem Hotelzimmer oder privaten Räumen überlegen. Ich mag es, alleine in meiner Wohnung zu arbeiten, da es mir mehr Möglichkeiten (abseits der Sexarbeit) bietet – und vermisse trotzdem manchmal die Möglichkeiten und die sexuell aufgeladene Atmosphäre des Appartements, das ich früher genutzt habe.

Last but not least: Ich habe viele Jahre Erfahrung und Ausbildung in das Thema Sexualität investiert und viel Zeit mit Selbsterfahrung und Reflektion verbracht, um meinen Kunden so begegnen zu können wie ich es heute tue. Das dann als Hobby abgewertet zu sehen und als etwas, das jede Frau einfach so tun könnte, trifft mich.

1 Kommentar

  1. Michael

    Du solltest Dir das nicht so zu Herzen nehmen – ich glaube dass der Anfragende (Gast wurde er ja nicht) überhaupt nicht darüber nachgedacht hat.

    Seine Wortwahl lässt auf Unwissenheit schliessen – Du kannst Dir zumindest jetzt anrechnen, dass Du was für seine Weiterbildung gemacht hast.

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