Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Monat: März 2022

Logik des Geldes

Heute Morgen hatte ich mal wieder so einen Mail-Kontakt, der mich den Rest des Tages den Kopf schütteln ließ:

Er: „Hi würdest Du XXX machen? Würde es auch entsprechend bezahlen.“
Ich: „Kann ich nicht.“
Er: „Schade, würde echt gut zahlen.“

Wenn ich sage „Ich kann das nicht.“ kann das Unterschiedliches meinen:

– Es ist mir körperlich nicht möglich.
– Ich habe das nötige Wissen nicht.
– Es zählt zu meinen Tabus.

In allen drei Fällen macht es überhaupt keinen Sinn, mich mit mehr Geld überzeugen zu wollen. Falls ich mich darauf einlassen sollte, wäre das Ergebnis nämlich so:

– Ich sage etwas zu, was bei mir körperlich nicht funktioniert. Es wird nicht plötzlich funktionieren, nur weil ich mehr bezahlt kriege. Ich sage also etwas zu, bei dem mir klar ist, dass ich es dann nicht machen kann und der Kunde frustriert sein wird (zu Recht). Falls ich doch versuche, etwas zu erzwingen, gehe ich ein hohes gesundheitliches Risiko ein.
– Ich versuche mich an etwas, von dem ich keine Ahnung habe. Im besten Fall wird der Kunde frustriert, weil es nicht so wird wie er sich das vorgestellt hat. Im schlimmsten Fall setze ich den Kunden unkalkulierbaren gesundheitlichen Risiken aus.
– Ich mache etwas, das mir zuwider ist oder das ich für nicht verantwortbar halte, und verstoße dadurch gegen meine eigene Integrität. Damit füge ich mir selbst psychischen Schaden zu, der noch Zeit zum Heilen brauchen wird, wenn ich das verdiente Geld längst ausgegeben habe.

In allen drei Fällen sehe ich weder für mich noch für den Kunden einen Sinn darin. Ich muss also alle, die an einem Treffen mit mir interessiert sind, bitten, sich auf mein Urteil darüber zu verlassen, was ich kann und was nicht. Ist besser für beide!

Nachtrag:
Ich habe in den Jahren, in denen ich SDL bin, einige Male Kunden erlebt, denen es nicht wirklich um etwas Bestimmtes ging, sondern rein darum, mich dazu zu bringen, etwas zu tun das ich vorher abgelehnt habe. Das sind Machtspielchen. Das finde ich respektlos und breche den Kontakt sofort ab.

(Re-Post vom 16. Januar 2017)

Blog-Empfehlung

Vor ein paar Tagen bin ich über das Profil einer Autorin auf ihrer Homepage gelandet. Erster Eindruck: Oh, schick – und irgendwie vertraut. Lösung: sie benutzt dasselbe Programm und auch dieselbe Template-Vorlage wie ich für diesen Blog.

Dann habe ich etwas mehr gelesen und neben Werbung für ihre Bücher eine ganze Reihe von interessanten Blog-Artikeln gefunden und viele Literaturtipps. Deswegen möchte ich Euch diese Seite jetzt empfehlen.

Falls Ihr Euch für BDSM interessiert und nach spannenden Romanen oder Blog-Texten zu dem Thema sucht, schaut gerne mal hier vorbei:

https://margauxnavara.com/

Kommentare zu Blogs

Diesen Blog erstelle ich mit dem Programm WordPress und einem vorgegebenen Template, das ich lediglich mit meinen eigenen Texten fülle. Standardmässig hat diese Seite auch eine Kommentarfunktion, die ich bis jetzt nicht weiter beachtet habe.

Vor zwei Wochen hatte ich dann plötzlich eine Flut von Kommentaren, die meisten von einem einzigen Leser. Einige waren durchaus sinnvoll, aber vieles war die Darstellung einer eigenen Meinung und ein Kommentar sogar eine Anfrage nach einem Treffen (was ich so öffentlich ziemlich daneben finde).

Seitdem denke ich wieder darüber nach, wie ich mit Kommentaren zu meinen Blogs umgehen will. Da ich jeden Kommentar von Hand freischalten muss, kann ich theoretisch auch einfach alle Kommentare löschen. Oder mich doch mal damit beschäftigen, ob und ggf wie ich diese Funktion ausschalten kann.

Welchen Sinn haben Kommentare eigentlich? Meiner Meinung nach geht es darum, etwas zu dem jeweiligen Text zu sagen, z.B. einen Aspekt zu ergänzen oder auf andere Sichtweisen hinzuweisen. Viele nutzen Kommentare aber eher, um über eigene Vorlieben zu berichten – das nervt mich total! Auch Anmerkungen, die sich nicht auf den Text an sich, sondern auf mich als Person beziehen, empfinde ich häufig als übergriffig.

Ein Blog ist für mich etwas anderes als ein Forum. Mein Blog ist mein Bereich, und ich muss mich hier weder rechtfertigen noch alles tolerieren. Im Gegensatz dazu geht es in einem Forum darum, sich über ein Thema auszutauschen und gleichberechtigt zu diskutieren. Auf vielen Internetseiten vermischen sich die beiden Bereiche mittlerweile, aber hier möchte ich das nicht.


Weitere Texte von mir zu diesem Thema sind „Blogs und Kommentare“ vom 28. November 2018 und „Mobbing“ vom 23. Juni 2020.

Flüchtlinge und Zwangsprostitution

Bei den Flüchtlingen aus der Ukraine handelt es sich, im Gegensatz zur Flüchtlingswelle 2015, überwiegend um Frauen und Kinder. Vielen wird von Privatpersonen Hilfe angeboten, in Form von privaten Unterkünften, Hilfestellung bei Wohnungssuche, Anträgen, Kleidung und Gebrauchsgegenstände, etc. Die überwiegende Anzahl dieser Hilfsangebote ist zweifelsohne selbstlos, einfach ausgelöst durch das Leid direkt vor unserer Haustür.

In der letzten Woche gibt es aber auch Stimmen von Flüchtlingsorganisationen und -helfern, die geflüchtete Frauen zu mehr Vorsicht mahnen. Leider gibt es durchaus auch Menschen, die die Notlage dieser Frauen ausnutzen, um „Gefälligkeiten“ zu erzwingen oder Abhängigkeiten herzustellen. In diesem Zusammenhang steht auch schnell das Wort „Zwangsprostitution“ im Raum.

Für mich ist Zwangsprostitution ein schwieriges Thema. Ich möchte nicht abstreiten, dass es Zwangsprostitution in Deutschland gibt, sowohl in Form von Menschenhandel als auch (viel häufiger) in Form von Ausnutzung von Notlagen und Abhängigkeiten. Andererseits stellen viele Prostitutonsgegner es so hin, als wäre jede Form von Prostitution Zwangsprostitution oder zumindest sehr massiven wirtschaftlichen Zwängen geschuldet. Damit bringen sie mich und jede andere Frau, die dieser Tätigkeit freiwillig nachgeht, in die Position, höchst private und intime Entscheidungen und Geschichten darlegen und rechtfertigen zu müssen. Die Steigerung davon ist es, nicht nur diese Geschichten zu verdrehen, sondern auch die psychische Gesundheit und Entscheidungsfähigkeit von Frauen in der Prostitution in Frage zu stellen.

Ziemlich weit oben auf meinem SUB (Stapel ungelesener Bücher) liegt das Buch „Entmenschlicht“ von Huschke Mau, einer der führenden Prostitutionsgegnerinnen in Deutschland und Verfechterin des „Nordischen Models“. Sie vertritt ziemlich genau die gerade beschriebenen Auffassungen. Im Zusammenhang mit ihrer Geschichte kann ich das nachvollziehen und schätze durchaus auch viele ihrer Texte. Trotzdem finde ich ihren eingleisigen Blick und ihre Kompromisslosigkeit falsch. (Rezession des Buches folgt, sobald ich es gelesen habe.)

Zwangsprostitution und Sexarbeit (als Oberbegriff für freiwillige Prostitution in all ihren unterschiedlichen Aspekten) sind für mich zwei völlig unterschiedliche Dinge – so wie vielleicht der Unterschied zwischen Sklaverei und Lohnarbeit. Das eine gehört zu Recht bekämpft, das andere hat eine Funktion in der Gesellschaft.

Ruhe

Nach einer von mir gegebenen Yoga-Stunde sagte mal eine der Teilnehmerinnen: „Du hast eine richtige Yin-Persönlichkeit.“ Das ist bei mir hängen geblieben, und ich freue mich immer wieder, wenn ich daran denke.

Was heißt Yin? Viele kennen das Yin-Yang-Zeichen (das ich als Tattoo auf dem Handgelenk trage), in dem in einem Kreis eine helle und eine dunkle Seite ineinander fließen. Yin ist die dunkle Seite: ruhig, erdend, sanft, dunkel, nährend. Manchmal wird Yin auch als weiblich bezeichnet.

In meiner Arbeit, egal ob im Yoga oder in der Sexarbeit, ist es mir wichtig, diesen Aspekt zu verkörpern. Viele Menschen erleben ihren Alltag als angefüllt mit Stress und Hektik. Die Zeit mit mir soll da einen Ruhepol bilden, eine kleine Oase, in der Zeit ist zu entspannen und bei sich selbst anzukommen.

Gerade Männer erleben Sex erst mal als „Yang“: aufbrausend, kraftvoll, aktiv – „männlich“. In dieser Form ist Sex eine schnelle Form des Spannungsabbaus. Das führt natürlich auch zur Entspannung, aber diese ist meist kurzfristig. Ich möchte Raum bieten, mit anderen Wegen zu experimentieren. Sich darauf einzulassen, zur Ruhe zu kommen und Lust tiefer im Körper zu erleben.

In den letzten Jahrzehnten erfährt diese Art, Sexualität zu leben, mehr und mehr Aufmerksamkeit (häufig unter den Begriffen „Tantra“ oder „Slow Sex“). Für mich ist das eine sehr intuitive Art der Sexualität und ganz selbstverständlich mit dem Anspruch von Achtsamkeit verbunden – und etwas, das leider viel zu häufig von der herrschenden Porno-Kultur überschattet wird.

Klare Ansagen

In den letzten Wochen frage ich mich immer wieder, warum so viele Menschen nicht in der Lage sind, klare Ansagen zu machen und Absprachen zu treffen. Meine Branche ist da bekannt für, für ewiges hin und her schreiben und unklare Absprachen, aber auch im Rest meines Lebens erlebe ich das mehr und mehr.

Seit Anfang des Jahres versuche ich, für mein Pferd einen Sattler zu bekommen. Der erste Termin war problemlos, Termin telefonisch vereinbart und auch eingehalten. Der Sattler stellte fest, dass ich einen neuen Sattel bräuchte, und versprach, mich am nächsten Morgen anzurufen, um mir ein Angebot zu machen. Ich habe drei Tage auf den Anruf gewartet, dann versucht ihn anzurufen, um Rückruf gebeten, ein paar Tage später noch mal eine Nachricht geschrieben, nach einer Woche noch mal – und nie wieder etwas gehört. Was war denn so schwer daran, einfach zu sagen: „Tut mir leid, ich habe nichts Passendes.“?!

Termin mit einer neuen Sattlerin gemacht. Den hat sie dann zwei Stunden vorher abgesagt. Bis zum nächsten Termin habe ich sie drei Mal angeschrieben. Jetzt warte ich auf den zweiten Termin; zwischen den Antworten auf Nachrichten liegen jeweils 3-7 Tage…

Ähnliches erlebe ich bei meiner Arbeit. Anfragen mit „Hej, wie geht’s?“ sind ziemlich regelmäßig. Kontakte, die sich über Wochen hinziehen, ohne das irgendwas gesagt wird. Kurzfristige Anfragen, bei denen derjenige sich dann sofort wieder ausloggt und erst Tage später wieder online geht. Warum ruft man nicht einfach kurz an? Terminanfragen, die dann weder bestätigt und abgesagt werden.

Ausnahmen bestätigen die Regel, ich habe natürlich auch jede Menge zuverlässiger Stammkunden. Trotzdem gibt es Zeiten wie diese, in denen ich einfach nur genervt bin.

Rhythmen und Vorsätze

Als ich diesen Blog vor einem halben Jahr hierher überführt habe, hatte ich mir vorgenommen, so alle drei Tage einen Vortrag zu schreiben. Bei kaufmich habe ich in den letzten Jahren eher unregelmäßig geschrieben; geplant hatte ich einen Beitrag die Woche, aber manchmal habe ich auch mehrere Wochen gar nicht geschrieben, und manchmal drei Beiträge in einer Woche.

Jetzt bin ich gerade etwas aus dem Takt gekommen, ich habe seit elf Tagen nichts geschrieben. Deswegen gibt es heute einen Plauder-Blog, in dem ich einfach ein bisschen aus meinem Alltag erzähle.

Rhythmen sind sowieso immer ein Thema für mich. Ich freue mich darüber, in meiner Selbständigkeit meine Zeit fast ganz frei einteilen zu können. Manchmal führt das aber auch dazu, dass Chaos ausbricht und es mir nicht mehr gelingt, so etwas wie Struktur in meinen Alltag zu bringen.

Während Corona ist mein Tempo insgesamt heruntergefahren, ich habe mich daran gewöhnt wenig Termine und viel Zeit zu haben (so wie vorher manchmal in den Sommerferien). Jetzt kämpfe ich seit einigen Monaten darum, mein Grundtempo wieder hochzufahren, um mehr in meinem Tag unterzubringen.

Ein Schritt dazu ist, statt selbständig zu Hause Yoga zu machen, wieder morgens in eine Yogastudio zu gehen – dann habe ich mein Yoga schon mal erledigt und bin außerdem früh auf, wach und unterwegs. Klappt so mittelmäßig: die Yogastunden morgens sind toll, aber letzten Donnerstag ist die Nacht davor so kurz gewesen, dass ich mich danach noch mal hingelegt habe – und dann den Rest des Tages gar nichts mehr geschafft habe. Die letzten Tage liefen zum Glück besser.

Heute habe ich schon mal ein paar Themen für die nächsten Blogs aufgeschrieben. Es passiert so viel in der Welt, und auch in meinem eigenen Leben finde ich viel Inspiration. Demnächst also wieder mehr von mir!

Lockerungen

Im März läuft die aktuelle Corona-Verordnung aus, und so wird im Moment mal wieder über Lockerungen diskutiert. Die Maskenpflicht wird wohl bestehen bleiben, aber bei den 2G/3G-Regelungen wird es wahrscheinlich Lockerungen geben.

Ehrlich gesagt bin ich da kein Fan von. Ich bin geimpft und geboostert, die 2G+-Regel schränkt mich also nicht ein. Es sind überwiegend Impfgegner, die von diesen Lockerungen profitieren würden. Das finde ich unfair!

Vor ein paar Tagen schrieb mich wieder ein Mann an, den ich vor ein paar Monaten schon einmal abgelehnt hatte, da er nicht geimpft war, also die 2G-Regel nicht erfüllen konnte. Jetzt schrieb er, dass er ab März genesen ist und dann gerne einen Termin bei mir machen würde, und ob er dann noch einen Test brauchen würde. Ich habe den Termin wieder abgelehnt.

Die Querdenker reden immer davon, dass die Gesellschaft gespalten würde. Ich sehe das anders. Ich bin ein Fan davon, dass Handlungen (bzw Unterlassungen) Konsequenzen haben. Es steht also jedem zu, sich gegen eine Impfung zu entscheiden – dann müssen aber andere Maßnahmen getroffen werden, wie halt Masken, Abstand und regelmäßige Tests! Sich nur hinzustellen und gegen alles zu sein finde ich verantwortungslos.

Mir ist noch niemand begegnet, der nicht geimpft war und einen glaubhaften anderen Weg für sich gefunden hat. Ich bin geimpft und geboostert und teste mich trotzdem 4-5 Mal die Woche. Da will ich einfach keine Menschen in meinem Leben, die die Pandemie so gar nicht ernst nehmen und einfach weitermachen wie früher – und damit sich selbst und andere gefährden.

Egal welche Maßnahmen gesetzlich vorgeschrieben werden, bei mir wird wohl den Rest des Jahres 2G gelten. Wenn jemand nicht geimpft ist, erwarte ich eine glaubhafte Begründung (ohne Schwurbeleien, sondern mit realen medizinischen Gründen) und ein vernünftiges alternatives Schutzkonzept, damit ich über ein Treffen nachdenke.