Es ist für jeden Menschen unterschiedlich, was er über sich und sein Leben erzählen möchte. Manche Kunden würden am liebsten nicht mal ihren Vornamen nennen, während andere mir eine ganze Reihe von Informationen und Erkennungsmerkmalen im Gespräch geben. Auch für jede Sexarbeiterin ist es unterschiedlich, was sie über sich preisgeben möchte – sowohl über ihre Arbeit als auch über ihr Privatleben. Ich bin eigentlich ziemlich offen im Gespräch und erzähle so einiges darüber was ich so mache und erlebe. Auf zwei Themen reagiere ich jedoch empfindlich:

Das erste sind Fragen oder Spekulationen darüber, wie viele Paysex-Dates ich mache und wieviel Geld ich demnach verdiene. Da werde ich immer nur eine ausweichende Antwort drauf geben. Was viel oder wenig ist, sieht jede Sexarbeiterin anders. Es gab Tage im Appartement, da habe ich mich über einen guten Tag gefreut, während die Kollegin über einen schlechten Tag jammerte – obwohl wir die gleiche Anzahl an Terminen hatten. Ich kann von meiner Sexarbeit leben, ohne mich zu überarbeiten; das heißt nicht, dass ich mir keine Gedanken mehr über Geld machen muss oder ein luxuriöses Leben führe. Hinzu kommt, dass die meisten meiner Kunden Angestellte sind und keine Vorstellung davon haben, welche Kosten ich als Selbständige habe (Betriebskosten, Steuern, Versicherungen etc) und dass ich für den Luxus der Selbständigkeit auf Dinge wie bezahlten Urlaub und Krankengeld verzichte. Spekulationen über meinen Verdienst führen also meist zu einem Bild, das nichts mit der Realität zu tun hat.

Das zweite sind Spekulationen über meinen Beziehungsstatus. Einige meiner Kunden gehen automatisch davon aus, dass ich Single bin, da ich „das“ ja sonst nicht machen würde. Das sagt mehr über sie selbst aus als über mich, wenn sie sich nicht vorstellen können, dass ein Mann eine Sexarbeiterin als Partnerin akzeptieren kann. Ich glaube schon seit sehr vielen Jahren nicht mehr an monogame Beziehungen, weiß aber dass für sehr viele Menschen das immer noch die einzige mögliche Form von Beziehung ist. Wenn mich jemand direkt fragt, ob ich Single bin, macht mich das auch misstrauisch. Warum will er das wissen? Für ein Paysex-Date sollte mein Beziehungsstatus keine Rolle spielen, da ich mich nicht nach einem solchen Date privat mit Kunden treffen würde. Demnach beantworte ich diese Frage auch meist mit „Das geht dich nichts an.“ Last but not least kann sich mein Beziehungsstatus auch immer mal wieder ändern, und mit keinem meiner Kunden bin ich so eng, dass ich ihn über Veränderungen darüber auf dem Laufenden halte, wer gerade in meinem Privatleben eine Rolle spielt. Ich rede durchaus mal über Beziehungen – über Vorstellungen, Erfahrungen, Ideen .- aber das dann eher auf einer allgemeinen Ebene und nicht konkret auf meine momentane Lebenssituation bezogen. Manche meiner Stammkunden wissen, ob ich gerade eine „Hauptbeziehung“ in meinem Privatleben habe oder nicht. Das sind aber genau die, für die dieses Wissen keine Rolle spielt und ich mich demnach frei fühle, davon zu erzählen.

Mir fällt gerade noch etwas drittes ein: Ich rede nur ungern und selten über sexuelle Erlebnisse mit anderen Männern, egal ob im Paysex oder privat. Ich kann mal erzählen, was ich schon erlebt habe oder mir vorstellen kann. Aber ganz konkret von einzelnen Erlebnissen zu berichten, finde ich illoyal und unpassend. (Geschichten hier im Blog sind manchmal an reale Erlebnisse angelehnt, aber dabei geht es mir mehr um die Beschreibung von Stimmungen, so dass ich viele Details ändere.)