Es ist nun schon gut 1,5 Jahre her, dass ich das letzte Mal neue Fotos für meine Werbung gemacht habe. Ab und zu fragt mein Fotograf, ob es nicht mal wieder an der Zeit wäre. Ja, er hat recht – aber ich fühle mich nicht danach.

Mir ist mein Aussehen im Moment ziemlich egal. Ich war nie eine Frau, die viel auf Mode und Make-up gegeben hat, aber ab und zu hatte ich schon Spaß an einem sexy Outfit. In den letzten Jahren ist mir die Eitelkeit und der Spaß am Posieren völlig verloren gegangen. Ich trage Jeans und Shirt und wenn ich nicht arbeite meist eine Brille statt Kontaktlinsen. Für meine Kunden ziehe ich durchaus noch ein Minikleid an; allerdings mehr aus Gewohnheit denn aus Überzeugung.

Wenn ich über die Anzeigen auf einschlägigen Seiten surfe, sehe ich dort überwiegend junge, sehr gestylte Frauen. Nicht nur Outfit und Make-up, sondern auch diverse kosmetische Veränderungen scheinen mittlerweile zum guten Ton zu gehören. Diese Welt ist mir fremd.

Ich finde mein Aussehen ziemlich durchschnittlich. Zwischendurch vergesse ich sogar meine Tattoos, so wenig denke ich über mein Aussehen nach. In der Sexarbeit gehört es aber eher dazu, dass sich sowohl Kunde als auch Anbieterin auf den Körper fixieren. Ein gewisses Posieren, ein Bewusstsein der eigenen Sexyness – ich weiss nicht wieviel ich davon noch habe.

Vielleicht wird das wieder anders, wenn die Pandemie endlich vorbei ist und ich wieder mehr unter Menschen bin. Sich nur noch in den eigenen vier Wänden zu bewegen, lässt den Blick der anderen vergessen…