Traumfrau mit Nebenwirkungen

Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

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Infektionsangst

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Nun herrscht also Maskenpflicht in Geschäften und im ÖPNV. Ich bin nach den ersten Versuchen mit einer Stoff-Maske auf einen dünnen Schal umgestiegen, da ich sonst das Gefühl habe, nicht genug Luft zu bekommen. Ob das wirklich vor irgendwas schützt, wage ich zu bezweifeln…

Spannend bis erschreckend finde ich es, wie viele Menschen sich von der Angst vor einer Covid19-Infektion anstecken lassen – aber sonst eher entspannt mit Infektionsgefahr umgehen. Viren und Bakterien gab es schon vorher reichlich, und trotzdem war es eher die Ausnahme, dass sich jemand Gedanken um Handhygiene gemacht hat.

Wenn im Paysex über Infektionene geredet wird, geht es meist nicht um Grippe & Co, sondern um Geschlechtskrankheiten. Kondome schützen, klar – wenn man vernünftig damit umgeht. Es ist mir im Laufe der Jahre nur eine handvoll Male passiert, dass ein Kondom verrutscht oder geplatzt ist. Trotzdem halte ich mich für eine Risikogruppe – wegen der mangelnden Handhygiene vieler Männer.

Ich weiß, dass Hygiene nicht sexy ist. Ich habe meine Abläufe perfektoniert und kann mir sehr schnell zwischendurch mal die Hände desinfizieren, Fingerlinge oder Handschuhe überziehen, mit einem Tuch überwischen… Die meisten Menschen, die nicht im Paysex arbeiten, machen sich darüber wohl nie Gedanken. Viele Bakterien lassen sich auch durch Schmierinfektionen übertragen – erst im Intimbereich des anderen rumgefummelt (sich dabei womöglich feuchte Finger geholt) und dann mal eben in den eigenen Intimbereich gegriffen – kann bei schwachem Immunsystem schon reichen.

Es liegt mir fern, Panik verbreiten zu wollen (wäre wohl auch ziemlich geschäftsschädigend), aber ich würde mir da mehr Aufmerksamkeit für wünschen. Wir merken jetzt bei den Corona-Auflagen, wie schnell bestimmte Maßnahmen zur Gewohnheit werden können und dann auch gar nicht mehr so sehr stören. Ansonsten bleibt mir nur, mich weiter um mein Immunsystem zu kümmern; das ist nämlich dazu da, den weitaus besten Schutz vor Infektionen zu bieten.

Es geht weiter

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Nach einer sehr ruhigen Osterwoche, in der ich viel Zeit zu Hause auf der Couch verbracht habe, gab es jetzt in den letzten Tagen einige erfreuliche Neuigkeiten und Veränderungen.

Schon im März hatte ich mich um einen Teilzeit-Job beworben, der dann aber durch die momentane Situation erst mal auf Eis lag. Vor zwei Tagen kriegte ich dann den Anruf, dass sie nächste Woche wieder starten. Heute war ich dann noch mal zum Einarbeiten da, und ab nächste Woche geht es los, für zwei evtl auch drei Tage die Woche.

Natürlich wird jeder andere Job schlechter bezahlt als Paysex (oberflächlich betrachtet). Aber es ist eine zuverlässige Grundlage, die meine Grundkosten deckt und mir trotzdem noch Zeit für andere Dinge lässt (wie meine Hobbys und Paysex-Dates). Ich freue mich auch einfach darauf, etwas Neues zu machen.

Ich habe auch die Hoffnung, dass meine Paysex-Dates dadurch entspannter werden. Dass ich mich auf Stammkunden und längere Dates konzentrieren kann, mit Vorlaufzeit und Vorfreude, und aus der „Sofortness“ herauskomme, die zu häufig von uns Frauen gefordert wird.

Berührung als Grundbedürfnis

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Ich glaube daran, dass Berührung ein Grundbedürfnis jedes Menschen ist. Die Haut ist das größte Sinnesorgan und perfekt darin, Reize wahrzunehmen – Wärme, Wind, Wasser, das Reiben von Kleidung, sanfte Berührungen, das Gewicht eines anderen Körpers…

Mein ganzes Leben ist ausgerichtet auf Berührung und Kontakt, sowohl beruflich als auch privat. Ich liebe es zu berühren; einen anderen Körper zu erkunden, zu spüren wie sich jemand auf mich und meine Berührungen einlassen kann, Empfindungen zu lesen und mich davon lenken zu lassen. Ich liebe es auch, berührt zu werden; sanftes Streicheln auf meiner Haut, feste Griffe in verspanntem Gewebe, ein Wechselspiel aus Druck und Loslassen…

Doch ich glaube, dass Berührung nicht nur mit körperlichem Kontakt zu tun hat, sondern auch mit Verbindung und Präsenz. Bei Massagen gibt es den Slogan: „Anfassen kann jeder, berühren ist Kunst.“ Manchmal empfinde ich Berührungen als unangenehm, z.B. weil sie mechanisch sind, derjenige nicht bei der Sache ist, oder zu zielgerichtet, um Reaktionen wahrzunehmen. Jemanden zu berühren ist eine Kunst, die man ein Leben lang verfeinern kann.

Ich mag es, berührbar zu sein – nicht nur im szenetypischen Sinne, dass ich mich anfassen lasse, sondern auch emotional/ menschlich. Ich gehe gerne in Kontakt, lasse mich von Geschichten und Stimmungen berühren. Nehme ein Gefühl und eine Erinnerung mit aus einer Begegnung, sehe den Menschen und werde als Mensch sichtbar.

Ist es nicht das, was die meisten Menschen auf die ein oder andere Art suchen – im Sex oder woanders?

Tantra-Massage

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Vorgestern habe ich den ruhigen Sonntag in dieser eh ruhigen Zeit genutzt, um meinem Freund eine Tantra-Massage zu geben. Es war seine erste Tantra-Massage. Ich habe ja jahrelang Tantra-Massagen gegeben, aber in den letzten Jahren nur noch eine handvoll, also sehr selten. Umso schöner war es zu spüren wie schnell ich in das Ritual und in diese besondere Stimmung zurückfinde, wie natürlich es sich noch anfühlt für mich.

Begonnen haben wir im Sitzen, mit einer kurzen Meditation, um zur Ruhe zu kommen und uns aufeinander einzustellen. Dann strichen meine Hände ganz sanft über seinen Körper, erste Berührungen um einen Kontakt herzustellen. Fingerspitzen auf seinem Gesicht, entlang der Arme, auf Brust und Bauch… ein vorsichtiges Ausstreichen der Finger, bevor ich seine linke Hand auf mein Herz legte, um ihn meinen Herzschlag spüren zu lassen.

Als er auf dem Bauch lag begann ich mit sehr spielerischen, sanften Berührungen – nicht nur mit meinen Fingern, Lippen und Haaren, sondern auch mit einem Fell, einer Feder, einem Tuch etc. Schon jetzt ging sein Atem tief und gleichzeitig, sein Körper war entspannt und reagierte sensibel auf jede Berührung.

Auch die Öl-Massage war sanft, ein Kreisen meiner Hände und Fingerspitzen entlang seiner Wirbelsäule, auf dem ganzen Rücken, auf dem Po und die Beine hinunter. Auch die Füße ließ ich natürlich nicht aus. Wie er jetzt so vor mir lag, glänzend zum Öl, war es sehr verführerisch mit meinem ganzen Körper über seinen zu gleiten, den Kontakt zu spüren, einen gemeinsamen Atem zu finden.

Ich bat ihn sich umzudrehen und massierte dann Hände und Arme, Bauch und Brust, die Vorderseite der Oberschenkel. Dann goß ich erneut Öl in meine Hände und strich ganz sanft über sein Geschlecht. Berührte jeden Teil davon, strich die Ansätze der Beine entlang, Perineum, berührte die Hoden, strich langsam über seinen Penis…

Trotz der Lust, die meine Berührungen an dieser Stelle bei ihm entfachten, blieb die Stimmung sanft und entspannt. Er war so tief in seinem Körper verwurzelt und im Fühlen, dass die sanften Berührungen ihm ein völlig neues Erleben schenkten – und der Orgasmus absolut zur Nebensache wurde.

Abschied von Glamoresse

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Am Sonntag den 15.3. habe ich mittags mein Zimmer bei Glamoresse ausgeräumt (den Studio-Appartement, wo ich die letzten 4 1/2 Jahre gearbeitet habe). Noch der Kollegin eine Nachricht geschrieben, dass ich ihr am nächsten Tag den Schlüssel vorbeibringe… Nun liegt der Schlüssel immer noch bei mir, da drei Stunden später die Nachricht kam, dass alle Bordelle wegen Corona bis mindestens 30.4. schließen müssen.

Trotz der momentanen Ausnahmesituation ist mein Alltag im Glamoresse gedanklich und gefühlsmäßig sehr schnell in die Vergangenheit gerutscht. Schon nach einer Woche ist es sehr weit weg und meine Gedanken daran eher ein bisschen melancholisch – und die Vorstellung, vielleicht dorthin zurückzugehen, erscheint mir ziemlich absurd.

Ich weiss noch nicht, wie geanu es weitergehen wird, da meine Pläne durch die aktuelle Situation natürlich etwas durcheinander gerüttelt wurden. Aber ich bin guter Hoffnung, dass sich für mich neue Wege öffnen werden – in der Sexarbeit und außerhalb.

Zeit für Neues

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Seit heute sind aufgrund der Corona-Krise alle Bordelle in Hamburg geschlossen. Ich plante jedoch schon seit einigen Wochen, mein Appartement-Zimmer bei Glamoresse aufzugeben. Über vier Jahre war ich dort, mit Höhen und Tiefen, und habe mich überwiegend sehr wohl gefühlt.

Doch nun ist Zeit für Neues. Ich mag die Belastung der hohen Kosten für das Appartement-Zimmer nicht mehr tragen, und ich möchte wieder eigene Wege gehen. Mein Ausflug in die Welt des Studio-BDSM war spannend, aber es unterscheidet sich doch zu sehr von der Art, wie ich BDSM und Erotik insgesamt lebe.

Bist du eigentlich Single?

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Ab und zu werde ich von Kunden nach meinem Beziehungsstatus gefragt. Mein erster Gedanke ist immer: Wieso ist das wichtig? Die wenigsten Sexarbeiterinnen wollen sich privat mit Kunden treffen, auch nicht wenn sie Single sind. Ich kenne eine handvoll Geschichten, wo aus solchen Begegnungen Beziehungen entstanden sind – aber aufs Ganze betrachtet ist das eher die Ausnahme.

Ich frage meine Kunden nicht nach ihrem Beziehungsstatus, es interessiert mich einfach nicht besonders. (Ich schätze, dass 70-80 % in festen Beziehungen sind.) Andererseits reagieren manche Männer irritiert, wenn ich von meinem Partner erzähle; häufig folgt die Frage, wie der das tolerieren kann, und/ oder die Aussage, dass sie das bei ihrer Partnerin auf keinen Fall dulden würden.

Manchmal versuche ich, die Frage nach meinem Beziehungsstatus strategisch zu beantworten. Ich überlege, was der Kunde hören will: dass ich Single bin und demnach eine theoretische Möglichkeit auf etwas eher Privates besteht? Oder dass ich in einer Beziehung bin und demnach keine „Gefahr“ bzw auf derselben Ebene wie sie? Einige Kolleginnen versuchen, mit der ersten Variante Kunden zu ködern – das finde ich unethisch und würde es nie machen.

Was nun die ehrliche Antwort auf diese Frage angeht, ist die nicht so einfach und eher ganz anders als erwartet: Ich führe keine monogamen Beziehungen. (Auch nicht monogam im Sinne von „das andere ist ja nur Arbeit“.) Es gibt seit vielen Jahren ein oder zwei Männer in meinem Leben, die mir sehr wichtig sind, mit denen ich viel Zeit verbringe, die ich auch durchaus als meinen Freund/ Partner bezeichne. Aber ich verlange von niemandem Monogamie und verspreche sie auch niemandem. Wer sich mehr für solche Beziehungskonzepte interessiert, kann gerne mal nach „Polyamory“ und „Beziehungsanarchie“ googeln – oder mich einfach anschreiben, ich freue mich immer über interessanten Austausch zu dem Thema.

Alter

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Ich habe in meinem Profil mein wahres Alter angegeben. Letzten Montag bin ich 40 geworden. Obwohl ich schon seit Jahren meinen Geburtstag nicht mehr feiere, fühlt sich diese Zahl erst mal komisch an.

Vor mehr als zehn Jahren hat meine Tanzlehrerin über ihren 40. Geburtstag gesagt: „Ich fühle mich sehr viel freier als mit 30.“ Dieser Satz hat mich begleitet und war mein Ziel. Aber für mich fühlt sich dieser Geburtstag nicht so an.

Ich bin vor gut fünf Jahren wieder in die Sexarbeit eingestiegen (oder habe nie etwas anderes gemacht, je nach Definition). Immer wieder mal werde ich gefragt: „Wie lange willst du das denn noch machen?“ Ehrliche Antwort: Bis es mich langweilt und ich etwas anderes spannender finde. Da steht kein bestimmtes Alter dran.

Viele Menschen denken, dass man diesen Job bis maximal Mitte 30 machen kann. Das mag vielleicht zutreffen für die Arbeit in Clubs, wo ein bestimmter Typ Frau gefragt ist. In meiner Sexarbeit kam es immer mehr auf Typ und Individualität an, und die meisten meiner Gäste sind immer noch älter als ich.

Update 2020

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In den letzten Wochen habe ich keine Blog-Einträge geschrieben und auch Mails nur oberflächlich beantwortet. Bei mir war in den letzten Wochen einfach zu viel anderes zu tun: Ich hatte Mitte November angefangen, nach einer neuen Wohnung zu suchen, und bin am 4. Januar ziemlich plötzlich umgezogen.

Eine Freundin von mir ist zeitgleich umgezogen, hatte aber vorher mehrere Monate Zeit, den Umzug vorzubereiten – und ist demnach mittlerweile gut in ihrer neuen Wohnung angekommen. Bei mir herrscht immer noch ziemliches Chaos. Ich habe in der alten Wohnung einfach alles in Kisten geworfen und fange erst beim Auspacken an, die Dinge zu ordnen. Auch die ganzen Dinge wie Vorhänge, Lampen, Spiegel, Bilder etc. entwickeln sich erst nach und nach.

In den letzten Wochen waren die Dates im Appartement für mich eine willkommene Auszeit und Abwechslung. Ich habe überwiegend Stammgäste getroffen und die vertraute Erotik dabei sehr genossen. Jetzt freue ich mich auch wieder auf neue Begegnungen; diese gestalten sich jedoch im Moment häufig schwierig und ich bin arg genervt von dem ständigen Anspruch an „Sofortness“ – ein altes Thema, das wohl nie zur Ruhe kommt…

Der Leuchtfeuer-Teddy

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Jetzt im Advent steht mitten in der Wandelhalle des Hamburger Hauptbahnhofs wieder ein Tisch voller kleiner Teddybären. Jedes Jahr sehen sie etwas anders aus und doch immer ähnlich: etwa zehn Zentimeter hoch, mit plüschig-weichem Fell und einer roten Schleife um den Hals.

Auf der Schleife steht „Hamburg Leuchtfeuer“, und unter eine Tatze des Teddys ist eine Aids-Schleife gestickt.

„Hamburg Leuchtfeuer“ ist ein Verein, der in Hamburg ein Hospitz betreibt, in der Trauerbegleitung aktiv ist – und sich um HIV-Infizierte und Aids-Kranke kümmert.

In meinem Leben hält sich die Angst vor Aids in Grenzen. Safer Sex gilt sowieso, auch wegen vieler anderer sexuell übertragbarer Krankheiten. Es gibt Krankheiten, die mir viel weniger kontrollierbar erscheinen, allen voran Krebs, aber auch leichter übertragbare Infektionskrankheiten.

Trotzdem kaufe ich jedes Jahr einen Leuchtfeuer-Teddy, und diese Sammlung hat einen besonderen Platz in meiner Wohnung. Für mich sind sie eine Mahnung, mich nicht zu sicher zu fühlen, und ein Aufruf zu Mitgefühl und Toleranz.

(Re-Post vom 07.12.15)

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