Während der Pandemie wurde immer wieder der Verdacht geäußert, dass Sexarbeiterinnen gezwungen wären, mit ihren Preisen nach unten zu gehen und/oder ihren Service zu erweitern. In den letzten Monaten gehen meine Beobachtungen eher in die andere Richtung: die Anzahl der Frauen in der Sexarbeit hat abgenommen, und einige Frauen nutzen dass, um jetzt ihre Preise deutlich zu erhöhen.
Über Preise in der Sexarbeit wurde schon immer heftig diskutiert. Häufig zogen Kunden den Vergleich zu ihren eigenen Stundenlöhnen heran – ein Vergleich, der deutlich hinkt, da viele Sexarbeiterinnen auch massive Kosten haben und Umsatz und Gewinn dadurch sehr weit auseinanderliegen, und zudem keine Frau in der Lage ist, wirklich Vollzeit zu arbeiten (selbst wenn die Nachfrage da wäre, ist dies körperlich und psychisch nicht machbar).
Vor kurzem habe ich (in einem anderen Zusammenhang) folgende Aussage gelesen: „My prices are based on my talent – not your budget!“ („Meine Preise basieren auf meinem Talent – nicht deinem Budget!“) Diese Aussage ist gerade sehr modern und wird z.B. von vielen Business Coaches propagiert. Auch in anderen Bereichen werden meiner Meinung nach völlig überzogene Preise aufgerufen, und wenn jemand etwas dagegen sagt, wird das als mangelnder Respekt gegenüber der Anbieterin ausgelegt – das muss es dir halt wert sein, und ich bin mir das selber wert, diese Preise zu verlangen!
Ich ziehe da für mich persönlich eine moralische Grenze. Es fällt mir leichter, solche Preise zu akzeptieren bei Frauen, die wirklich dafür gearbeitet haben (u.a. indem sie lange im Geschäft sind und sich einzigartige Konzepte erarbeitet haben), als bei Berufsanfängerinnen und/oder esoterisch anmutenden Begründungen. Bei vielem sage ich auch einfach: okay, kannst du machen, zahle ich aber nicht – so wie es dem Kunden mancher Sexarbeiterin wohl auch gehen wird.
Zurück zu meinem Blick als Anbieterin: Meine Preise sind immer lange konstant geblieben. Während der Pandemie sind sie eher gesunken, da ich mein Konzept dahingehend geändert habe, dass ich einen fixen Stundenpreis nehme und keine Extras mehr berechne (aber auch nicht weniger nehme, wenn ich z.B. nur Massage mache). Entgegen der obigen Aussage habe ich auch das Budget meiner Kunden im Auge. Manchen fällt es leicht, meine Preise zu zahlen; für manche ist es aber auch eine nicht unerhebliche Summer in ihrem Budget. Ich hatte nie den Ehrgeiz, High Class Escort zu werden und Urlaub in Luxushotels zu machen – das ist einfach nicht meine Welt. Ich freue mich für die Frauen, die das für sich leben; ich bleibe lieber in meinem Mittelschicht-Alltag und treffe mich mit ebensolchen Kunden.