Samstagmorgen um acht vertrete ich die Yogastunde einer Freundin. Nach ihrem Konzept habe ich eine Stunde zum Thema „Ahimsa“ gestaltet – Gewaltlosigkeit, sich selbst und anderen gegenüber. Ich leite die Teilnehmer durch eine einführende Meditation, dann Bewegungen, Atemübungen, Entspannung. Ich liebe es, einen Flow zu entwickeln, der jeden Schüler dort begleitet, wo er gerade ist, und gleichzeitig eine gemeinsame Energie in der Gruppe schafft.
Selbst mache ich nur einen Teil der Übungen mit. Zwischendurch bewege ich mich immer wieder durch den Raum, korrigiere, helfe, beobachte. Wenn ich vorne stehe und mich selbst bewege, ist jede Bewegung vertraut, hundertfach geübt. Sie bringen mich in meinen Körper als mein Zuhause.
Nach der Stunde stehe ich noch vorne am Tresen, spreche mit Schülern und mit einigen anderen Yogalehrerinnen, die zu einer Fortbildung ins Studio gekommen sind. Eigentlich hatte ich diese Fortbildung für mich auch geplant, es dann aber auf nächstes Jahr geschoben, so dass ich jetzt in meine Wohnung fahre.
Um elf habe ich eine Session. Im Minikleid empfange ich meinen Kunden, mache Smalltalk und ein kurzes Vorgespräch. Wir kennen uns schon, aber unsere letzte Session ist lange her. Trotzdem sind mir Stimmung und Abläufe so vertraut wie zuvor der Verlauf der Yogastunde, und ich genieße es genauso.
Ich stelle ihn in den Rahmen, spiele mit leichten Berührungen, die sich dann zum Schmerz steigern. Ich beobachte jede seiner Reaktionen, richte mich danach und lasse mich davon inspirieren. Nutze meine Hände, Fingernägel, einen Flogger, eine Gerte. Streichle ihn sanft und schlage überraschend zu.
Als ich vor ihm knie und Seile um seinen Körper wickle, frage ich mich kurz, was die Frauen im Yogastudio wohl denken würden, wenn sie mich so sehen könnten. Diese Welt scheint so völlig anders – und doch bin beides Ich, fühle ich mich in beiden Welten zu Hause, und sind die Gefühle von Konzentration und Hingabe an den Moment gleich.
Ich setze die Session fort mit einer Massage, lasse meinen Körper über seinen gleiten, und verwöhne seinen ganzen Körper mit seinen Händen und Lippen. Auch als ich ihm meinen Körper überlasse, seine Hände auf meiner Haut und seinen Körper über mir genieße, ist das kein Bruch im Gefühl. Immer noch bin ich diejenige, die gestaltet und leitet.
Immer wieder verzweifle ich an dem Versuch, meine Welten in Einklang zu bringen. Sie wirken so weit voneinander entfernt – doch in mir und in meinen Gefühlen sind sie sich oft ganz nah.
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