Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Sexarbeiter-Welt (Seite 5 von 7)

Gedanken zum Thema Sexarbeit in Gesesllschaft und Politik

Rückzugsräume

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Manchmal bleibe ich deutlich länger im Appartement als es nötig wäre. Ich rede jetzt nicht von den Zeiten am Nachmittag, wenn ich für spontane Termine zur Verfügung bin, oder von Wartezeiten zwischen zwei Terminen. Ich rede von langen, faulen Stunden, wenn ich eigentlich schon Feierabend habe, aber mit den Kolleginnen zusammensitze, Kaffee trinke und rede, oder in meinem Zimmer auf dem Bett liege und ein Buch zu Ende lese oder einen Film sehe.

In solchen Stunden wird das Appartement zu einem Rückzugsraum für mich und fühlt sich fast wie Zuhause an. Ich mag mein Zuhause, aber manchmal wartet dort der überquellende Schreibtisch und Hausarbeit und die Wahl der Möglichkeiten, was ich alles tun könnte. Im Appartement zu sein fühlt sich häufig irgendwie zeitlos an. Dort gibt es nicht viel zu tun, von den Terminen und dem Aufräumen danach abgesehen. Dort scheint immer viel Zeit zu sein – auch zum Träumen, Nachdenken, einfach zu Sein…

Irgendwann stehe ich dann doch auf, fahre nach Hause und nehme mein Leben aktiv in die Hand. Auch das fühlt sich gut an!

Respekt und Fairness

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Das erste, was eine Frau in diesem Job lernt, ist, dass Termine häufig nicht eingehalten werden. Egal wie kurz- oder langfristig Termine gemacht werden, häufig sitzt man alleine da und wartet umsonst. Manchmal versuchen wir, uns davor zu schützen ,indem wir z.B. eine Bestätigung 1-2 Stunden vorher verlangen – aber selbst das hilft nicht immer. Ich habe mittlerweile ein einigermaßen gutes Gespür dafür, wie ernst eine Anfrage gemeint ist. Trotzdem muss ich das Risiko regelmäßig eingehen und verschwende immer wieder Zeit mit sowas.

In den letzten Wochen hatte ich zwei Erlebnisse, die in diesem Zusammenhang so krass unterschiedlich waren, dass ich sie jetzt nacheinander erzählen möchte. Ich beginne mit dem negativen, denn es war auch zeitlich als erstes.

Montagvormittag schellt mein Telefon. Wir vereinbaren einen Termin für Dienstag 13:00. Alles ist klar und besprochen, als er noch was nachfragt. Ich erkäre höglich, was funktioniert und was nicht (es ging nicht um meine Grenze, sondern eher um Technik), merkte aber, dass ihm meine Antwort nicht gefällt und er sich etwas anderes erhofft hatte. Ich rechne also schon halb mit einer Absage. Diese kommt dann auch am Abend per SMS. Ich zucke mit den Schultern und streiche den Termin wieder.

Montagabend wird es spät, so dass ich Dienstagmorgen verschlafe und mit meinem Vormittagsprogramm hinterherhinke. Ist ja nicht schlimm, ich hab ja keine Termine, fahr ich halt später ins Appartement. Um elf schellt mein Telefon, der Typ von gestern: Bei ihm hätte sich kurzfristig was geändert, ob ich nicht doch um eins könnte? Ich knirsche mit den Zähnen, überlege kurz hin und her, schmeiße meine komplette Tagesplanung über den Haufen und sage zu. Mache mich auf den Weg ins Appartement, um in Ruhe den Raum vorzubereiten, mich umzuziehen und zu schminken, den Termin gedanklich noch mal zu planen. Dann warte ich… bis 13:00… bis 13:10… bis 13:20… Als ich versuche ihn zurückzurufen, ist sein Telefon ausgeschaltet. Mich hat dieses „Spiel“ mal eben zwei Stunden gekostet und mir mehr als den halben Tag die Möglichkeit genommen, andere Termine anzunehmen.

Sprung zu einer Woche später, wieder Dienstag. Um 11:00 habe ich einen Termin mit einem Kuden, der vor einigen Monaten schon mal bei mir war und den ich in angenehmer Erinnerung habe. Den Termin haben wir vor fast drei Wochen vereinbart, aber da ich ihn schon kenne und als sehr zuverlässig erlebt habe, habe ich nicht auf eine nochmalige Bestätigung bestanden. Doch wieder wird es 11:20 und niemand kommt. Diesmal zucke ich nur mit den Schultern, eher verwirrt als verärgert. Ich schreibe ihm eine kurze Nachricht: „Eine Absage hätte ich nett gefunden, dann hätte ich den Tag anders planen können.“, und wende mich anderen Dingen zu.

Keine Stunde später habe ich eine Antwort: Es tut ihm total leid, er hat die Tage durcheinander gebracht und wollte eigentlich einen Termin für Mittwoch. Er würde mir ein Ausfallgeld zahlen, und ob ich vielleicht morgen um 11:00 Zeit hätte? Ich bin versöhnt und sage zu. Am nächsten Tag bin ich also wieder kurz nach zehn im Appartement, bereite alles vor, mache mich fertig. Parallel schreibe ich mit ihm: Ob ich noch mal die Adresse schreiben könne. Er hat die falsche S-Bahn genommen, kommt später. Um so weiter…

Im Endeffekt steht er kurz vor zwölf vor meiner Tür, völlig abgehetzt und genervt, und sagt dass er jetzt eigentlich keine Zeit mehr hat und auch nicht in Stimmung ist. Ich will ihn wenigstens auf einen Kaffee hineinbitte, damit er wieder runterkommen kann, doch er lehnt ab. Er drückt mir 200 Euro in die Hand, für die vertanen Vormittage, und geht wieder. Ich stehe etwas verdattert da; freue mich über das Geld, das ich gerade echt dringend brauche, und fühle mich doch komisch dabei.

Das waren jetzt zwei extreme Enden des Spektrumsm wie Männer mit Frauen in meinem Beruf umgehen. Das erste passiert leider deutlich häufiger als das zweite, und manchmal bin ich von diesem abwertenden, respektlosen Verhalten so genervt, dass ich am liebsten alles hinschmeißen würde. Aber dann gibt es wieder nette Kunden, die meine Motivation anheben.

Eine Lanze für Betreiberinnen

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In der aktuellen Anti-Prostitutions-Debatte werden Prostituierte gerne als Opfer dargestellt, die von allen ausgenutzt werden – neben Freiern und Zuhältern sind die „Bösen“ in dem Spiel gerne auch die Betreiber von Clubs, Appartements, Agenturen etc. Deswegen möchte ich heute mal eine Lanze für Betreiber*innen brechen.

Ich wechsle nicht so schnell, wenn ich mich irgendwo wohl fühle, und trotzdem habe ich schon so einige Menschen kennengelernt, die von der Sexarbeit lebten, ohne selber Dates anzubieten: Betreiber*innen von Agenturen, Hausdamen und Türsteher in Clubs, in den letzten Jahren dann Betreiberinnen von Studios und Appartements. Allen war eins gemein: Sie waren sehr nett und um die Frauen bemüht.

Wenn ich mich irgendwo vorgestellt habe, war es mir immer wichtig, dass mein Ansprechpartner im Zweifelsfall auf der Seite der Frauen stand und nicht der der Kunden. Das war immer der Fall. Auch waren die meisten ständige Ansprechpartner, für den Alltag und auch mal für private Probleme, und ließen immer mal mit sich reden, wenn es eng wurde.

In meinem jetzigen Appartement kriege ich viel von dem mit, was das Führen eines Appartements nicht nur an alltäglichem Stress bedeutet (man ist ständig Prellbock für Befindlichkeiten und Streitereien), sondern auch an organisatorischem Aufwand und in letzter Zeit leider auch sehr viel an rechtlichem (neues ProstSchG), ganz abgesehen von dem finanziellen Risiko. Ich würde das nicht machen wollen!

An dieser Stelle also ein großer Dank an und Respekt vor all den Menschen, die uns Frauen das Arbeiten ermöglichen und uns den Rücken freihalten!

Hilfsbereiter Besuch

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Ein paar Mal im Jahr bekommen wir im Appartement hilfsbereiten Besuch:

Bei der Polizei gibt es Verbindungsbeamte ins Rotlicht, die zwar auch Ausweise kontrollieren, aber in erster Linie nachfragen, ob jemand Hilfe braucht gegen irgendeine Art von Zwang, vor allen Dingen natürlich Zuhälterei. Sie sind freundlich, verteilen Visitenkarten und Notrufnummern, und haben einen grundlegenden Einblick ins Milieu und die Abläufe dort.

Anders ist das bei den Sozialarbeiterinnen. Sie sind meistens jung, sehr freundlich, sehr bemüht. Verteilen Kondome, Gleitmittelproben und Flyer, geben Gesundheitstips – haben aber leider nur wenig Ahnung von den Lebens- und Arbeitsrealitäten von Frauen in der Sexarbeit.

Beim letzten Mal stand ich dann mit einer von ihnen in der Tür unseres Studios, das sie völlig fasziniert hat. Offensichtlich war sie ohne jede Idee, was wir dort machen können und wozu die einzelnen Dinge da sind.

Mein Fazit nach solchen Besuchen ist immer, dass es zwar hilfsbereit gemeint ist, aber nur selten echte Hilfe bieten kann. Da muss dann doch jede Sexarbeiterin ihren eigenen Weg finden.

Mädchen-WG

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Letzte Nacht habe ich im Appartement geschlafen, was ich sonst so gut wie nie tue. Aber ich hatte bis 22:00 einen Termin und musste heute Morgen um 10:00 wieder hier sein, da war es mir zu aufwendig, nach Hause zu fahren. Hier habe ich zwei Stunden mehr Schlaf gekriegt.

Sonst bin ich die einzige, die regelmäßig abends nach Hause fährt. Die Kolleginnen wohnen alle so weit weg, dass es sich unter der Woche nicht lohnt und sie nur am Wochenende nach Hause fahren. Dadurch herrscht bei uns eine Art WG-Stimmung: Wir kochen zusammen, sitzen zusammen und reden, planen Einkäufe und Kosmetik-Termine – leben halt Alltag zusammen.

Manchmal bin ich davon genervt und würde gerne mehr trennen zwischen Arbeit und Privat. Aber meist ist es es einfach schön. Ich fühle mich im Appartement auch zu Hause, es ist ein geschützter Raum, in dem ich mich ganz selbstverständlich bewege und viel von mir zeige.

Das kommt übrigens auch bei meinen Gästen an. Viele von ihnen freuen sich, wenn die Kolleginnen freundlich lächelnd grüßen, und bekommen genug von der gelösten Atmosphäre hier im Appartement mit, um das zu genießen.

Traurigkeit

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Vor ein paar Tagen haben wir uns von einer Kollegin getrennt. Sie war gut zwei Monate bei uns und die Situation war durchgängig schwierig. Ihr Auftreten war laut und unruhig und sie hatte Probleme, im Team mitzuarbeiten und sich einzufügen. Trotzdem haben wir uns immer wieder Mühe gegeben, sie zu integrieren. Sie reagierte auf jeden Hinweis mit Genervtheit und Arroganz, und Donnerstagabend ist es dann endgültig eskaliert.

Es ist wohl normal (und sehr menschlich), dass das in den folgenden Tagen noch Hauptthema unter uns Kolleginnen im Appartement war und wir auch ausgiebig geschimpft und gelästert haben. Doch hinter allem Groll zeigt sich bei mir ein Gefühl von Traurigkeit. Vielleicht ist es naiv von mir, aber mir tut es immer weh, wenn menschliches Miteinander so böse schiefgeht. Ich glaube an menschliche Tugenden wie Freundlichkeit, Rücksichtnahme und ein gewisses Maß an Nachsicht. Niemand ist perfekt, wir alle machen Fehler und haben Launen – aber warum muss es immer wieder so eskalieren?

Miteinander funktioniert nur, wenn alle Seiten sich bemühen, und es wird schwerer, je mehr kleine Unachtsamkeiten und Verletzungen sich angehäuft haben und je verhärteter die Fronten sind. Ich wünsche uns allen weniger Egoismus und mehr gegenseitige Rücksichtnahme; wenn das im Kleinen anfange würde, hätten wir wohl auch gesamtgesellschaftlich weit weniger Probleme.

Das ProstSchG als Geldvernichtungsmaschine

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Dass das Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG) nutzlose Bürokratie ist, die Sexarbeiterinnen diskriminiert, aber ihnen garantiert nicht hilft, hat sich mittlerweile auch bei denen rumgesprochen, die sonst eher nichts mit dem Thema zu tun haben. In der letzten Zeit ist mir bei uns im Appartement noch o etwas bewusst geworden: Die neuen Regelungen kosten viel Geld!

Bei uns im Appartement arbeiten wir mit vier Frauen und sind ein eingespieltes Team, wo sich jede auf die andere verlassen kann. Seit letztem Jahr sind wir alle angemeldet und die Hauptmieterin hat ein Betriebskonzept vorgelegt und sich der Zuverlässigkeitsprüfung unterzogen. Das Konzept führte zu einigen Nachforderungen des Amtes, die sich aus dem ProstSchG ergeben:

Wir brauchten abschließbare Spinde. Kosten: mehrere hundert Euro, kombiniert einer größeren Umräumaktion, um Platz dafür zu schaffen und mit dem nun deutlich geringeren Stauraum klarzukommen. Bei uns ist übrigens noch nie Geld oder irgendwas anderes weggekommen, und ich lasse mein Portemonnaie getrost weiter in meiner Tasche.

Alarmknöpfe auf den Zimmern und eine Alarmanlage mit Bewegungsmelder sind jetzt vorgeschrieben. Kostenpunkt: fast tausend Euro, plus der Handwerker, der das installiert. Nun ist unser Appartement aber baulich so, dass es im Notfall deutlich einfacher und effektiver ist, einfach um Hilfe zu rufen. Die Alarmanlage war noch kein einziges Mal eingeschaltet, weil fast immer jemand da ist. Wenn sie doch mal losgehen würde, geht der Alarm aufs Handy der Kollegin – die aber 250 Kilometer weit weg wohnt.

Als (vorerst) letztes wurde das Büro umgeräumt. Schreibtisch zur Seite, um Platz für Stockbetten zu schaffen, da in den Arbeitszimmern ja nicht mehr übernachtet werden darf. Kosten für Betten und Matratzen: noch mal mehrere hundert Euro. Ich fahre abends nach Hause, aber die Kolleginnen schlafen in Zukunft zu viert in einem kleinen Zimmer, statt jede gemütlich auf dem breiten Bett in ihrem Arbeitszimmer.

Angeblich ist das Gesetz ja nur zu unserem Vorteil… Ich kann beim besten Willen nicht sehen wo!

Psychische Stabilität

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Februar und März sind keine schönen Monate in diesem Job. Es ist wenig los, und meist können wir das nicht genießen. Wenn wenig los ist, zählt jeder Termin, und jeder geplatzte Termin verursacht Stress, weil man plötzlich nicht mehr sicher ist, ob man die nächste Miete zahlen kann. Also sitzen wir noch mehr Stunden im Appartement rum um sonst, weil ja vielleicht hoffentlich noch was kommen könnte…

Ich mache das jetzt schon seit Jahren mit und nehme mir jedes Jahr vor, es locker zu sehen. Bis jetzt hat es immer irgendwie gepasst… Doch auch bei mir liegen zwischendurch die Nerven blank, meine Geduld ist nicht so gut wie sonst, und generell ist es eher eine Zeit des Aushaltens.

Auch unter uns Kolleginnen kann das schwierig werden. In den letzten Wochen hatten wir eine Kollegin hier, die gerade private Probleme hatte und daher noch schlechter mit den alltäglichen Ärgernissen umgehen konnte. Jeder dumme Anruf führte zu einem Wutausbruch und Szenen. Die Kunden kriegten da zum Glück nicht so viel von mit, aber für mich und die anderen Frauen war es echt anstrengend.

Freitag hat sie sich dann mit jemandem über eine Kleinigkeit gestritten und ist plötzlich abgereist. Schade, denn wir mochten sie. Andererseits genieße ich die Ruhe, die heute hier herrscht. Ich wünsche ihr alles Gute, vielleicht läuft es woanders besser für sie als hier!

Meine Anmeldung nach ProstSchG

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Das Jahr ist fast rum und damit auch die Übergangsfrist für die Registrierung nach dem neuen Prostitutionsschutzgesetz. Zumindest theoretisch, praktisch sieht es wohl in vielen Bundesländern noch anders aus.

Hier in Hamburg wurde immerhin schon im Oktober mit Gesundheitsberatung und Registrierung angefangen. Das läuft hier getrennt, man muss erst zur Gesundheitsberatungsstelle und dann zur Registrierungsstelle.

Das Gespräch bei der Gesundheitsberatung war nett, oberflächlich und kürzer als erwartet. Die Sozialarbeiterin war sehr jung, nett und bemüht – aber irgendwie konnte ich sie nicht als ernsthaften Gegenüber ansehen. Ich bin lange genug in diesem Beruf, um wohl besser über Gesundheitsvorsorge Bescheid zu wissen als sie; von den feineren Abstufungen zwischen Vollservice, Massage, bizzarem Service etc hatte sie überhaupt keine Vorstellung. Stattdessen wurde ich mal wieder gefragt, ob ich eine Krankenversicherung hätte (natürlich), ob ich Drogenprobleme habe (nein) und ob ich über Schwangerschaftsverhütung Bescheid wisse (ja, schon seit der Schulzeit). Es leben die Klischees… Zum Glück waren wir ziemlich schnell durch und ich wieder draußen.

Es gibt hier in Hamburg übrigens eine sehr gute Beratungsstelle, die nicht nur deutlich erfahrenere Gesprächspartner anbietet, sondern auch gleich Untersuchungen auf die gängigen STI – und das garantiert anonym, dort musste ich im Gegensatz zur vorgeschriebenen Gesundheitsberatung keine Ausweis vorlegen. (Auch wenn mir auch dort Anonymität über Gesprächsinhalte zugesichert wurde.)

Nachdem das jetzt also hinter mir lag, dachte ich die Registrierung sei eine reine Formalität; ich würde meine Unterlagen vorlegen, den Ausweis bekommen und gut. Stattdessen erwartete mich dort noch eine Belehrung über Sicherheitsaspekte und Weisungsbefugnisse. Die Sachbearbeiterin war sehr nett, offensichtlich frisch geschult und ebenso offensichtlich mit keinerlei Bezug zum Gewerbe. Na ja, ich habe jetzt meinen Ausweis und muss mich die nächsten zwei Jahre mit dem Thema nicht mehr beschäftigen.

Wenn ich Berichte aus anderen Bundesländern lese, sind wir in Hamburg wohl gut weggekommen. Zumindest hatte ich bei beiden Terminen deutlich das Gefühl, dass mein Gegenüber auf meiner Seite steht und helfen will. Dafür dass das Gesetz an sich nichts taugt können diese Menschen nichts.

Legal, illegal, scheißegal?

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


In letzter Zeit hatte ich einige Erlebnisse, die mich echt zum Nachdenken gebracht haben. Nachdenken über Dinge, die bis jetzt keine große Rolle in meinem Leben gespielt haben: Gesetze, die Frage ihrer Einhaltung – und die Frage, was es über mich, über andere und über die Gesellschaft insgesamt aussagt, wenn die Einhaltung von Gesetzen ernst genommen wird – oder eben nicht.

Ich habe mich bis jetzt immer im legalen Bereich bewegt. Soll heißen, ich habe mich beim Finanzamt angemeldet und mein Steuerberater kümmert sich regelmäßig um meine Unterlagen. Ich werde mich auch registrieren lassen, wenn das neue Prostitutionsgesetz in Hamburg umgesetzt wird.

Andererseits gibt es Dinge, über die ich nicht nachdenke. Wenn Kolleginnen im Klinik-Bereich mit Substanzen hantieren, interessiert mich in erster Linie die Wirkungsweise und das Risiko, und erst sehr viel später ob sie überhaupt legal sind und ob es legal ist sie in diesem Rahmen anzuwenden. Mit Drogen, egal ob legal oder illegal, habe ich keine Berührungspunkte – aus Desinteresse, nicht aus Prinzip.

Diese Woche ist meine Kollegin und Vermieterin in Urlaub, und als „Dienstälteste“ bei uns im Appartement habe ich es übernommen, den Anfangskram mit Terminfrauen und Neuen zu regeln. Heute Mittag hatte ich da ein verstörendes Erlebnis:

Eine Frau, die heute neu bei uns anfange wollte, kam mittags ins Appartement. Noch bevor ich auch nur drei Worte mit ihr wechseln konnte, hatte sie einen ersten Gast – so weit so gut. Als sie danach aus dem Zimmer kam, wehte eine Hasch-Wolke durchs ganze Appartement. Ich und eine andere Kollegin warfen und einen irritierten Blick zu und baten die Neue dann höflich, doch bitte draußen zu rauchen, da wir den Geruch nicht im Appartement haben wollen, da das bei Kunden nicht so gut ankommt.

Als nächstes lies ich mir von ihr das Geld für die Miete geben und gab ihr einen Mietvertrag zum Ausfüllen. Zehn Minuten später kam sie wieder zu mir, druckste etwas rum und sagte dann, sie wolle doch nicht blieben, da sie den Mietvertrag nicht ausfüllen wolle – sie habe nicht vor sich anzumelden und deshalb dürfen ihre Daten nirgendwo auftauchen. Ich habe ihr dann ihr Geld zurückgegeben und sie ist gegangen.

Im Nachhinein frage ich mich, ob sie einfach naiv ist oder ob sie wirklich glaubt da schon irgendwie mir durchzukommen? Kontrollen sind zwar selten, kommen aber vor, und mit dem neuen Gesetz wird sich die Situation wohl noch verschärfen. Mir wäre das Risiko, mein Leben zu eskalieren, weil ich in einer Kontrolle auffalle, viel zu hoch! Solange ich mich im legalen Bereich bewege, fliege ich unter dem Radar und werde in Ruhe gelassen.

Diese Einstellung widerspricht sich übrigens nicht damit, dass man bestimmte Gesetze falsch findet. Dann gehe ich aber politisch dagegen vor, indem ich mich an Aktionen beteilige. Ziviler Ungehorsam wird von einigen auch als politische Aktion gesehen, erscheint mir aber weder ein probates Mittel und individuell betrachtet sinnvoll.

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