Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Gedanken (Seite 7 von 11)

Gedanken zu verschiedenen Themen im Rahmen der Sexarbeit

Bewertungen und Berichte

Es gibt Plattformen und Foren, wo Kunden die Möglichkeit haben, nach dem Besuch bei einer Sexarbeiterin einen Bericht oder eine Bewertung über diese zu hinterlassen. Ich bin kein Fan dieser Praxis, aus mehreren Gründen.

Zum einen vergreifen sich gerade in den Foren manche Männer massiv im Ton. Egal wie begeistert jemand ist, die wenigsten Frauen empfinden Bemerkungen über ihre „geilen Titten“ oder den „versauten Fick“ als Kompliment. Bei Bezeichnungen wie „süße Maus“ o.ä. fühle ich mich nicht ernst genommen – das mögen andere Frauen anders sehen.

Ich mag es nicht, wenn Details aus einem Date ausgeplaudert werden. Das ist einfach indiskret! Welcher Kunde möchte detailliert über sich im Internet lesen, wie er im Bett ist, was geil war und was eher abturnend? Genauso unschön ist die Weitergabe privater Informationen, die vielleicht im Gespräch erwähnt wurden.

Hinzu kommt, dass die meisten Frauen sich sehr viele Gedanken darüber machen, wie sie ihr Angebot im Internet darstellen. Wenn ein potentieller Kunde sich jetzt mehr an den Berichten anderer Männer orientiert als an der Selbstdarstellung der Frau, erzeugt das eine Erwartung, die vielleicht beim Date nicht erfüllt wird. Jedes Treffen ist anders, und viele Frauen machen bestimmte Dinge von der Sympathie und der Stimmung abhängig.

Insgesamt sind Foren-Bewertungen häufig beliebtes Material für Prostitutionsgegnerinnen, da einige Männer Frauen dort wirklich zu einer Ware degradieren, die entsprechend abgeurteilt werden kann.

Ich weiß, dass es einige Berichte über mich im Internet gibt. Wenn sie auf Profilen von mir sind, habe ich sie gelesen. Meinen Namen zu googeln vermeide ich schon seit vielen Jahren; das zieht mich zu sehr runter und schafft es sogar manchmal, mein an sich positives Männerbild ins Wanken zu bringen.

Zweite Chancen und Hinhaltetaktiken

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Wie die meisten Frauen hier habe ich eine bestimmte Vorstellung davon, wie ich mir die Terminvereinbarung wünsche. Dazu gehören genaue Angaben über Zeitpunkt und Dauer des Termins und eine ungefähre Vorstellung des Inhalts. 

Häufig passiert folgendes: Obwohl ich in meinem Profil um telefonische Terminvereinbarung bitte, kriege ich als erstes hier eine Mail, relativ kurz, so in Richtung: „Hast du morgen um 13:00 Zeit?“ Dann schreibe ich zurück: „Ja, ich habe da Zeit. Ich vereinbare jedoch hier keine Termine, ruf mich bitte an.“ Die Nachricht wird innerhalb von kurzer Zeit als gelesen angezeigt, aber es passiert – nichts mehr. 

Stunden später, irgendwann spät am Abend, kommt dann die nächste Nachricht: „Ich war noch unterwegs, wann kann ich dich morgen anrufen?“ Damit hat sich dieser konkrete Termin für mich schon mal erledigt, den Tag habe ich anders verplant. 

Es gibt Männer, die spielen dieses Spiel drei bis vier Mal hintereinander, bis ich endgültig die Geduld verliere. Auch bei kurzfristig wieder abgesagten Terminen gebe ich maximal eine zweite Chance, meist ist mir schon dafür meine Zeit einfach zu schade. 

Von uns Frauen wird immer absolute Professionalität und Zuverlässigkeit erwartet (unter anderem), da erwarte ich von Kunden ein Minimum an Respekt vor meiner Zeit – auch auf die Gefahr hin, als „nicht kundenfreundlich“ zu gelten. 

Wie ich ein Profil lese

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Ich bin jetzt seit sechs Jahren hier bei kaufmich. In der Zeit habe ich eigentlich nie Zeit darauf verwendet, die Profile von Männern zu lesen – außer jemand hat mich angeschrieben, dann besuche ich das Profil. Gerade in der Corona-Zeit und seitdem ich nicht mehr in einem Appartement, sondern alleine in einer Wohnung arbeite, widme ich den Profilen mehr Aufmerksamkeit. 

Als erstes versuche ich herauszufinden, wie serös ein Profil ist. Ich schaue, wie lange derjenige schon angemeldet ist (ganz neue Profile sind mir eher suspekt) und wie viele Profilbesucher er hatte (sagt aus, ob er hier aktiv war oder das Profil brachlag). Bewertungen über den Date-Manager sind ein großer Pluspunkt. 

Die meisten Profile enthalten nicht viele Informationen. Das Alter finde ich immer noch ganz spannend, aber ich treffe Männer in fast jeder Altersgruppe. Es ist natürlich toll, wenn sich jemand die Mühe macht, etwas über sich zu schreiben. Das kann man aber auch im Mail-Kontakt oder im Telefongespräch nachholen (Details über Aussehen etc interessieren mich dabei nicht, sondern Vorlieben und Wünsche). 

Bilder sind praktisch für den Wiedererkennungswert eines Profils, ebenso wie aussagekräftige Namen. Ein schönes Detail, aber eigentlich nicht relevant. (Ausnahme: Sehr vulgäre Namen und FSK18-Bilder stoßen mich ab.) 

In letzter Zeit surfe ich manchmal auch ab und zu einfach so über die Profile – oder noch eher über die Blogs, die können ja jetzt auch von Kunden geschrieben werden. 

Profi oder Privat

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Menschen lieben Schubladen. Schubladen machen es so schön einfach, Menschen einzuordnen und ihnen einen festen Platz zuzuweisen. Im Paysex ist es nicht anders. Schon die Bezeichnungen „Hure“ und „Freier“ sind häufig Schubladen, die ein bestimmtes Bild von dem Menschen erzeugen. Innerhalb der Sexarbeit gibt es noch viele weitere Schubladen für Anbieterinnen, abhängig davon wo und wie sie arbeiten. Die größten Schubladen hier bei KM sind „Profi“ und „Privat“.

Profi sind die Bösen, die im Laufhaus o.ä. arbeiten und nur aufs Geld aus sind. Privat sind die netten Mädchen von nebenan, denen es nur um den Spaß geht. Wie schade nur, dass die Realität nicht aus Klischees besteht…

Abgesehen davon, dass der Status nichts über das Verhalten einer Frau aussagt, sind die Grenzen zwischen Privat und Profi nicht so statisch, wie Kunden sich das manchmal denken, sondern können durchaus fließend sein. Anfängerinnen profitieren häufig und gerne von den Tipps von Profis. Frauen fangen in Clubs, Appartements o.ä. mit Sexarbeit an und gehen dann ins Private (Wohnung, Escort), oder umgekehrt.

Ich habe in meinem Leben schon auf viele verschiedene Arten Sexarbeit gemacht. Ich bezeichne mich als Profi, aufgrund meiner Erfahrung und meines professionellen Umgangs mit Themen wie Terminsicherheits, Diskretion etc. Gleichzeitig arbeite ich im Moment alleine in einer kleinen Wohnung, und das nicht mehr hauptberuflich – was mich eher zu einer „Privaten“ macht.

Terminverfügbarkeit

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


In der letzten Woche häufen sich die Anfragen von Männern, für die es eine absolute Zumutung ist, dass ich nicht spontan zur Verfügung stehe. Ich habe mittlerweile schon an mehreren Stellen in meinem Profil stehen, dass ich nie spontane Treffen anbiete, sondern immer 1-2 Tage Vorlauf brauche, da das nicht meine Haupttätigkeit ist. 

Noch absurder finde ich, dass diese Anfragen eigentlich nie per Telefon kommen, sondern immer hier über den Messenger. Soweit ich weiß hat KM keine App oder eine andere Möglichkeit, über neue Nachrichten benachrichtig zu werden. Selbst wenn ich die Seite gerade offen habe, sehe ich das also nur wenn ich zufällig gerade drauf gucke – was selten innerhalb von ein paar Minuten ist. 

Während der Corona-Sperre konnte ich irgendwie noch nachvollziehen, dass viele Männer dringend nach (illegalen) Treffen suchten und es daher hier probierten. Aber mittlerweile sind auch Clubs, Laufhäuser, Appartements etc wieder offen. Jeder, den die spontane Geilheit überkommt und/ oder der sich grundsätzlich nie auf einen Termin festlegen kann, findet dort kurzfristig und spontan eine Frau, die seine Wünsche erfüllt. Warum nutzt er das nicht, statt hier bei KM nutzlose Mails zu schreiben? 

Sexarbeit und Hauptberuf

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Ursprünglich war kaufmich mal eine Plattform für Hobbyhuren, also Frauen die nur ab und zu nebenbei ein Date machen. Mittlerweile tummeln sich hier alle Arten von Sexarbeiterinnen, sehr viele hauptberuflich. Kaufmich zollt dem Rechnung indem jetzt angekreuzt werden kann, welcher Sparte man sich zugehörig fühlt. (Ich fühle mich in keiner richtig heimisch, oder in vielen so halb.) Außerdem kann der Hauptberuf neuerdings im Profil angegeben werden. 

Macht das Sinn? Wozu soll es gut sein? 

Es gibt bestimmt Männer, die Rollenspiel-Phantasien haben von der sexy Krankenschwester oder strengen Lehrerin. Die sind aber wohl bei einer Rollenspiel-Expertin besser aufgehoben als bei einer Frau, die wirklich in diesem Beruf arbeitet. Klischees und Phantasien haben mit der Realität da meist wenig zu tun, und die Frau ist vielleicht ganz anders als es das Kopfkino verspricht. 

Ansonsten fallen mir keine Gründe ein, warum es für einen Kunden wichtig wäre, den Hauptberuf der Hobbyhure zu wissen. Arbeitszeiten? Das lässt sich nur selten aus der Berufsbezeichnung ablesen, und auch nicht wie viel Zeit jemand hat (Vollzeit, Teilzeit, Selbständig, Schichtdienst…). 

Ich mache kein Geheimnis aus meinen anderen Tätigkeiten, aber vieles davon ist zu komplex und zu sehr in Bewegung, als dass es für Kunden wirklich Sinn ergibt. Ich kann auch Frauen gut verstehen, die lieber Wert auf Diskretion legen und nicht über ihren Hauptberuf (oder andere Teile ihres Lebens) reden wollen. 

Profilgestaltung

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Seit der Layout-Überarbeitung von kaufmich sind die Profile deutlich kürzer, vor allem die Texte. Mir stellt sich die Frage, wieviel Text/ Informationen in einem Profil nötig ist, um ein klares Bild von Frau und Angebot zu zeichnen. Auf der anderen Seite erleben es fast alle Frauen immer wieder, dass Profile nicht gelesen werden, sondern erst bei oder nach der Terminabsprache nach Details, Service, Preise etc. gefragt wird. 

Demnach könnte ich mir die Arbeit sparen, einen prägnanten Text zu schreiben, und mich auf nette Bilder und „Ruf mich an!“ beschränken. Ich denke nicht, dass das funktionieren würde. Die Kunst liegt also darin, die Mitte zu finden. Der Text darf nicht zu lang sein, sonst wird er von Anfang an nicht gelesen. Andererseits sollte er so viel wie möglich an relevanten Informationen enthalten und ein Bild davon zeichen, wie die Frau im Umgang und beim Sex ist. 

Wer meinen Profiltext liest, dem fällt vielleicht auf, dass ich auch Informationen wiederhole, die an anderer Stelle im Profil zu finden sind (Ort, Preise, Treffpunkte). Meiner Erfahrung nach finden viele sich auf kaufmich nicht gut genug zurecht und fragen diese Daten dann im Kontakt ab. Ich finde, dass diese Informationen am wichtigsten sind, denn häufig sind sie die Hauptentscheidungskriterien für oder gegen ein Date. 

Zukunftsangst als Sexarbeiterin

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Ein Kunde fragte mich, ob ich denn keine Angst vor meiner Zukunft hätte, bzw wovon ich denn in Zukunft leben wolle. In dieser Frage schwingen gleich mehrere Vorurteile mit. 

Zum einen, dass man als Sexarbeiterin nur Geld verdienen könne, wenn man jung ist. Das stimmt nicht. Zusammen mit dem Alter der Sexarbeiterin steigt auch das Alter der Kunden, und viele Sexarbeiterinnen suchen sich dann eine Nische, in der ihre große Erfahrung zum Tragen kommt. 

Bei solchen Fragen fühle ich mich auf Sexarbeit reduziert. Es schwingt die Unterstellung mit, dass Sexarbeiterinnen keine anderen Optionen haben. Das ist nur selten der Fall. Die meisten Sexarbeiterinnen haben eine Ausbildung und/ oder nutzen die zeitliche Flexibilität in der Sexarbeit für Fortbildungen. 

Also nein, ich habe keine Angst vor meiner Zukunft. Ich steige schon mein ganzes Leben immer wieder in die Sexarbeit ein und wieder aus. Im Moment ist das nur ein Teil meiner selbständigen Arbeit. Wenn ich wollte, könnte ich wohl auch eine Anstellung finden – obwohl ich mir das im Moment nicht vorstellen kann. 

Loose Enden

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Nicht nur in der Corona-Zeit, sondern auch sonst verliert sich der Kontakt zu den meisten Kunden nach kurzer oder längerer Zeit. Für mich ist es nur selten ersichtlich, warum jemand nicht mehr kommt: war ich doch nicht so sein Typ, gibt er sein Geld lieber für andere Dinge aus als für Paysex, lebt er jetzt eine Beziehung… Es gibt selten ein klares Ende, und die meisten meiner Kunden hinterlassen nur flüchtige Eindrücke.

Doch manchmal gibt es loose Enden, die mir noch eine Zeit lang in Erinnerung bleiben. Ein solches loses Ende ist z.B. ein Kunde, der ein gutes Jahr lang alle 6-8 Wochen zu mir kam. Zum letzten Mal habe ich ihn im letzten Sommer gesehen, da erzählte er mir von einer Krebs-Diagnose. Manchmal frage ich mich, ob er überhaupt noch am Leben ist.

Solche loosen Enden, wo ich nicht mal weiß, ob derjenige noch lebt, hinterlassen eine diffuse Traurigkeit. Mittlerweile gibt es eine handvoll Kunden, die mir (auch) so in Erinnerung geblieben sind. Ich wünsche jedem ein gutes, erfülltes Leben – darüber nachzudenken, ob jemand überhaupt noch die Chance dazu hat, oder gesundheitlich schon fast am Ende seines Weges ist, macht mich traurig.

Ein neuer Aspekt von Consent

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Das Konzept des Consent (Zustimmung) beschäftigt sich mit der Frage, wie zu jedem Zeitpunkt sichergestellt werden kann, dass eine sexuelle Begegnung einvernehmlich ist. In diesem Zusammenhang werden verschiedene Aspekte betrachtet, u.a. generelle Zustimmung, Zustimmung zu bestimmten Techniken, Safer Sex/ Verhütung u.a.

In Zeiten von Corona erlebe ich immer mehr, dass sich der Bereich Consent auf den Umgang mit dem Infektionsrisiko von Covid-19 erstreckt. Schon im nicht-sexuellen Bereich führe ich laufend solche Gespräche: Maske ja oder nein? Wie viele Kontakte hast du? Was machst du beruflich – Homeoffice oder mit Menschen? Wirst du regelmäßig getestet? Bist du schon geimpft?

Im Bereich der sexuell übertragbaren Krankheiten hat sich im Paysex ein Standard durchgesetzt, der die Verwendung von Kondomen bei jeder Art von Verkehr vorsieht und meist auch beim Oralverkehr (wobei Lecktücher eher unüblich sind). Das macht solche Gespräche meist unnötig.

Noch ist Prostitution überall verboten, mit Ausnahme Erotischer Massagen, die in einigen Bundeländern unter „körpernahe Dienstleistungen“ fallen und demnach wieder erlaubt ist. Aber ich finde es ein spannendes Thema, wie sich dies entwickeln wird, wenn der Lockdown weiter gelockert wird.

Natürlich gibt es viele gesetzliche Auflagen, sowohl speziell für den Paysex (Prostitutionsschutzgesetz) als auch spezielle Corona-Auflagen für alle Bereiche des Lebens. Aber seien wir ehrlich: wer hält sich wirklich 100% an die Maskenpflicht und Abstandsregeln? Vieles ist dann doch eher eine Frage des persönlichen Sicherheitsgefühls und der Absprachen.

(Wer sich näher mit dem Thema Consent beschäftigen möchte, kann mal nach „Wheel of Consent“ von Dr Betty Martin googeln – leider noch überwiegend auf Englisch.)

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