Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Dies und das (Seite 3 von 12)

Geplauder aus meinem Alltag

Gerüche

Eines der ersten Dinge, die man als Sexarbeiterin lernt, ist, kein Parfüm zu benutzen. (Auch wenn ich weiß, dass nicht alle Sexarbeiterinnen sich daran halten und das im Escort nicht so eng gesehen wird wie bei kürzeren Dates.) Viele unserer Kunden sind verheiratet, und Frauen sind häufig viel geruchsempfindlicher als Männer, so dass ein fremder Geruch schnell verräterisch sein kann.

Phasenweise benutze ich Duftkerzen in meinem Raum, und selbst das ist schon negativ aufgefallen (wenn auch nicht so schlimm wie der Zigarettengeruch, der immer in dem Studio hing, in dem ich vor Corona gearbeitet habe). Im Sommer verzichte ich darauf, und bei mir selber achte ich darauf, immer frisch geduscht zu sein, benutze aber maximal ein Deo.

Viele Kunden denken jedoch nicht daran, dass das mit dem Geruch auch umgekehrt passiert. Ich bin selber sehr geruchsempfindlich. Eigentlich mag ich es, wenn meine Kunden angenehm riechen. Wenn der Geruch aber nach dem Termin noch im Raum hängt, stört mich das. Auch ich selber mag nicht den Geruch eines Kunden an mir haben. Früher hatte ich mit meinem Ex die Absprache, nie ungeduscht nach Hause zu kommen. Mittlerweile finde ich es einfach auch für mich selbst unangenehm und gehe deswegen meist nicht nur vor einem Termin, sondern auch danach komplett duschen.

MySize-Kondome

Kondome in unterschiedlichen Größen sind ja immer noch die Ausnahme; von den meisten Firmen gibt es nur eine Einheitsgröße und vielleicht noch XL. Ich kenne auch nur wenige Männer, die sich jemals ernsthaft Gedanken darüber gemacht haben, welche Kondome sie benutzen – privat keinen einzigen, in der Sexarbeit habe ich das bei zwei Männern erlebt.

Seit einiger Zeit benutze ich neben den Standard-Kondomen von London die Kondome von MySize. Dort gibt es sieben verschiedene Größen, meist greife ich nach meiner Schätzung eine heraus. Richtig sinnvoll ist das eigentlich nur im Randbereich, also wenn ich extra kleine oder extra große Kondome brauche. Die Qualität ist überzeugend – etwas dicker als normale Kondome und sitzen gut.

Für mich als Frau machen verschiedene Kondome keinen Unterschied, und es fällt mir schwer zu beurteilen, wie groß der Mehrwert für einen Mann ist – und wer überhaupt Lust auf solche Experimente hat. Idealerweise sollte sich jeder Mann mal damit beschäftigen, mit welchen er am besten klar kommt (ich besorge auch gerne noch andere). Den meisten fehlt die Initiative dazu, und sie sehen es wohl auch nicht als so nötig an.

Von einigen Männern habe ich jedoch in den letzten Monaten die Rückmeldung bekommen, dass MySize-Kondome einen Unterschied im Gefühl machen und Sex mit Kondom damit deutlich unkomplizierter ist als mit Standard-Kondomen.

(Re-Post vom 22.12.21)

Juhu, Sommer!

Genießt Ihr auch das tolle Wetter so?!

Letzte Woche war ich von Montag bis Freitag im Wendland zu einem Yoga-Retreat. Wir waren alle überrascht von dem tollen Wetter und haben und gefreut, viele der Meditationen im Garten machen zu können oder bei einem Waldspaziergang. Ich hatte noch warm gepackt, mit Pullovern und Decken, und war umso überraschter, plötzlich im T-Shirt auf der Wiese zu sitzen. (Meine Haut hat mir verziehen, dass ich keine Sonnencreme dabei hatte.)

Seit Freitagnachmittag bin ich wieder in Hamburg, und das Wetter hält. Ich bin mit dem Fahrrad zum Yoga gefahren und zum Stall, habe beim Reiten auf dem Außenplatz bei 22 Grad geschwitzt (und mein Pferd noch mehr) und habe Sonntagmorgen mit einem Kaffee bei meinem besten Freund auf dem Balkon gesessen. Von mir aus kann das jetzt bis November so bleiben! (Ja, ich weiß, die Natur braucht auch mal Regen.)

Emotional fühlt es sich für mich an, als wäre ein Schalter umgelegt worden. Ich hatte einen schweren Winter und habe im Februar und März mit Winterdepressionen gekämpft. Jetzt geht es mir deutlich besser und ich kann Dinge gelassen nehmen, die mich noch vor wenigen Wochen völlig aus der Bahn geworfen hätten.

Ich freue mich auf einen tollen Sommer und hoffe, dass es Euch genauso geht!

Selbstexperiment Atem

Eines der ersten Dinge, die ich in meiner Tantra-Ausbildung vor vielen Jahren gelernt habe, sind die drei Schlüssel zur Lust: Atem, Stimme und Bewegung. Es ist schwierig bis unmöglich, Lust und Ekstase im Körper wirklich zu spüren und auszuleben, wenn man seinen Gefühlen nicht Ausdruck verleiht – über heftigeres Atmen, über Töne und über Bewegungen.

Im Yoga beschäftigen wir uns sehr viel mit dem Atem. Ich praktiziere schon seit vielen Jahren bestimmte Atemübungen, die die Stimmungen im Laufe des Tages beeinflussen und die Energie anheben. Seit 1,5 Jahren achte ich vermehrt darauf, nicht durch den Mund zu atmen, sondern ausschließlich durch die Nase. In meinen Yogastunden gelingt mir das häufig, aber es kostet viel Konzentration.

In einem Buch habe ich jetzt gelesen, dass man versuchen kann, die Lippen zuzukleben, um die Mundatmung zu unterbinden und so den Körper umzugewöhnen. Das versuche ich jetzt abends wenn ich zu Hause bin und nachts im Bett. Vor ein paar Tagen lag ich also abends im Bett, den Mund mit einem Klebeband verschlossen, und spielte noch auf meinem Tab herum.

Aus einer Laune heraus startete ich einen erotischen Film und griff dabei nach meinem Vibrator. Das ist ein häufiges Einschlaf-Ritual von mir; ein Orgasmus hilft mir meist beim Einschlafen, wenn ich noch unruhig bin. Doch diesmal fiel es mir schwer. Zuerst verstand ich nicht, wieso mein Körper nicht wie gewohnt reagierte. Es ist ja nicht so, dass ich laut stöhne, wenn ich mit mir alleine bin. Und doch sind es viele kleine, fast unbewusste Dinge, die meiner Lust Ausdruck verleihen: ein Zurücknehmen des Kopfes, ein verstärktes Ausatmen, ein Beben der Lippen – alles Dinge, die ich durch das Klebeband unterbunden hatte.

Ich habe es trotzdem zu einem Orgasmus geschafft, und beim nächsten Mal werde ich daran denken, das Klebeband vorher zu entfernen. Für mich war das aber eine total spannende Beobachtung, wie so etwas kleines wie Atem, Stimme, Bewegung, das mit absolut selbstverständlich geworden ist und über das ich schon seit Jahren nicht mehr nachgedacht habe, doch das ganze Lustgeschehen beeinflusst. Eine sinnvolle Erinnerung!

Buch: „Modern Whore“

Vor ein paar Monaten hat mich jemand auf die kanadische Sexarbeiterin und Künstlerin Andrea Werhun aufmerksam gemacht. Ich habe ihr Buch gekauft, aber es lag dann erst mal ungelesen im Regal. Über Weihnachten habe ich es mit in den Urlaub genommen – und war begeistert davon!

Andrea Werhun hat während ihres Studiums zwei Jahre als Escort gearbeitet und später bis zur Pandemie in einem Strip-Club. Sie erzählt voller Begeisterung von ihrer Arbeit, vom Sex, von spannenden Begegnungen mit Kunden. Aber auch von den negativen Seiten: von Angst, von Übergriffen, von zu viel Alkohol. Für mich ist es das, was sie glaubwürdig und authentisch macht.

Neben dem Text besticht das Buch durch tolle Fotos, auf denen Andrea Werhun sich sehr vielseitig zeigt und in verschiedene Rollen schlüpft. Sie sieht sich selber als Künstlerin. Bei ihrer Arbeit ist sie Performerin, die eine bestimmte Rolle spielt. Darüber hinaus ist sie Autorin, und seit der Pandemie bietet sie mit „Hire A Muse“ einen sehr vielseitigen Service an.

Zusammen mit der Fotografin, die die Bilder für das Buch gemacht hat, hat sie außerdem zwei Kurzfilme realisiert: „Modern Whore“ über ihre Arbeit als Escort und „Last Night at the Strip Club“ über das Ende ihrer Stripper-Karriere durch die Pandemie und ihre Arbeit im Social Distancing. Beide Filme kann man kostenlos auf ihrer Homepage sehen.

www.andreawerhun.com

Jahresende

Before the year ends, I just want to let you know that I am proud of you. That despite everything you’ve been through this year, you made it out stronger. Kinder. Softer. Please believe that in this hard cold world you are a gem. You are a real one. And I hope next year is kind to you. You deserve all the happiness it can give. (r.m.drake)

Bevor das Jahr endet, möchte ich dich wissen lassen, dass ich stolz auf dich bin. Trotz allem was du dieses Jahr durchgemacht hast, bist du stärker daraus hervorgegangen. Freundlicher. Sanfter. Bitte glaube daran, dass du in dieser harten, kalten Welt ein Edelstein bist. Du bist jemand, der wahrhaftig ist. Und ich hoffe, dass nächste Jahr wird freundlich zu dir sein. Du verdienst all die Freude, die es dir geben kann.

Jetzt sind wir mitten in den Raunächten und damit in der Zeit, die sich anbietet, das vergangene Jahr zu reflektieren und Pläne fürs kommende Jahr zu machen. Ich halte nicht viel von guten Vorsätzen, die zum neuen Jahr getroffen werden; meist sind das nur Lippenbekenntnisse, die Mitte Januar schon wieder vergessen sind. Für mich ist Leben eher ein ständiger Veränderungsprozess, und ich kann jederzeit die Richtung ändern (insgesamt oder in Nuancen).

2022 war für mich noch geprägt von den Nachwirkungen der Corona-Pandemie. Ich hatte nicht den Mut, wirklich etwas Neues anzufangen, da ich mich ständig gefragt habe, ob es nicht doch zum Winter wieder Einschränkungen geben wird. Auch hat sich durch die Corona-Zeit vieles verändert, und es ist mir noch nicht gelungen, alle diese Veränderungen zu beachten und meine Arbeit danach auszurichten. Auch Gesundheitsthemen waren und sind für mich gerade noch sehr präsent und nicht abschließend geklärt.

2023 startet für mich mit der Hoffnung auf einen deutlichen Blick nach vorne. Ich wünsche mir ein gutes Jahr, voller Freude und Begegnungen. Ich wünsche mir Bewegung und Leichtigkeit und Kraft und Mut.

Ich wünsche allen meinen Kunden einen guten Rutsch ins neue Jahr und einen guten Start in 2023!

Frohe Weihnachten

Weihnachtszeit… Zeit innezuhalten und das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen, das mit vielen schönen Momenten wie im Fluge verging.

Ich bin seit gestern bei meinen Eltern und genieße ein paar ruhige Weihnachtstage. Das obige Zitat fand ich am letzten Sonntag in einer Weihnachtskarte und es ist ein schönes Motto für die nächsten Tage.

Natürlich hatte 2022 viele schöne Momente und Begegnungen, aber insgesamt ist es für mich im Rückblick ein eher schwieriges Jahr. So freue ich mich jetzt auf 2023, wenn hoffentlich mehr Ruhe und Perspektive in mein Leben kommen wird.

Ich wünsche allen meinen Kunden besinnliche Weihnachtstage und einen ruhigen Übergang ins neue Jahr und freue mich auf viele schöne Begegnungen in 2023!

Bücher schließen

Gestern las ich den Blog einer Escort aus Wien, der ich seit einiger Zeit folge. Sie schrieb, dass sie jetzt ihre Bücher schließt, und meint damit, dass sie ab nächstem Jahr nur noch Stammgäste treffen wird und keine neuen Kunden mehr annimmt.

Ich finde das eine sehr mutige Entscheidung! Ich sage immer, dass 70-80% meiner Kunden Stammgäste sind. Da sind aber auch eine nicht geringe Menge Männer drunter, die nur 1-3 Mal im Jahr zu mir kommen, oder sogar nur alle paar Jahre mal.

Für viele Männer ist der Besuch einer Sexarbeiterin eine Phase, in der sie etwas ausleben, was ihnen gerade in ihrem Privatleben fehlt, oder etwas Neues ausprobieren wollen. Das kann dann eine Hand voll Besuche sein oder auch eine intensive Zeit von ein paar Monaten, auf jeden Fall eine übersichtlicher, endlicher Zeitraum.

Natürlich habe ich auch Kunden, die ich seit vielen Jahren treffe – aber nur darauf verlassen würde ich mich nicht wollen. Außerdem mag ich es, neue Männer kennenzulernen, und meine Art der Treffen hat sich auch im Laufe der Jahre immer wieder geändert, so dass ich jetzt andere Männer anziehe als vor fünf oder zehn Jahren.

Einen Punkt gibt es jedoch, wo die Frage, ob jemand (regelmäßiger) Stammgast ist oder nicht eine große Rolle für mich spielt: bei der Terminvereinbarung. Guten Stammgästen gebe ich auch mal einen kurzfristigen Termin oder mache einen Termin möglich zu einem Zeitpunkt, wo es mir eigentlich nicht so gut passt. Wenn ich weiß, dass jemand zuverlässig ist, werfe ich für ein Treffen auch mal meine privaten Pläne über den Haufen; für neue Kunden bin ich dafür nicht mehr bereit, das Risiko versetzt zu werden und mich zu ärgern ist mir zu groß.

Winterkörper

Ich habe jetzt fast zwei Wochen nicht in diesem Blog geschrieben, was in den Jahren seit ich ihn führe nur sehr selten vorgekommen ist. Einen richtigen Grund gibt es dafür nicht; mich hat einfach gerade so richtig der Winter erwischt.

Dieses Jahr hatte ich einen sehr aktiven Sommer, habe viel Sport gemacht und war unterwegs. Schon seit vielen Jahren ist mir der Rhythmus der Jahreszeiten bewusst und ich weiß, dass ich das hohe Sommer-Tempo im Winter nicht beibehalten kann und etwas runterfahren und entschleunigen muss. Trotzdem trifft es mich immer wieder aufs Neue, wie sehr es mich auch rein körperlich beeinflusst.

Im Moment nehme ich etwas zu, obwohl ich meine Eßgewohnheiten nicht geändert habe. Ich brauche mehr Schlaf, und insgesamt habe ich das Gefühl, nicht so viel Kraft und Energie zu haben wie noch vor vier Wochen. Statt sechs Mal die Woche gehe ich jetzt eher „nur“ vier Mal zum Yoga, und die Leichtigkeit ist weg.

Jetzt sind es schon nur noch drei Wochen bis zur Wintersonnenwende, danach wird es dann langsam wieder heller. Ich werde mir Mühe geben, in den nächsten Monaten mehr auf mich aufzupassen und mich einfach daran zu gewöhnen, insgesamt etwas langsamer zu sein.

Ich wünsche Euch, dass auch Ihr die Möglichkeit dazu findet, den Winter ruhig zu gestalten und als eine Zeit des Rückzugs und der Besinnung zu gestalten. Vielleicht finden wir ja auch die Möglichkeit, gemeinsam kuschelig-sinnliche Zeit zu verbringen – ich würde mich freuen!

Die dunkle Jahreszeit

In der letzten Woche habe ich ziemlich viel meiner Schreibtisch-Zeit damit verbracht, auf den leeren Bildschirm zu starren, mich von meinem Handy ablenken zu lassen und dann doch aufzustehen und lieber etwas Körperliches zu machen. Mir fehlt es an Konzentration und Inspiration, meine Gedanken schweifen zu viel in die Vergangenheit oder zu „hätte und sollte“.

Dagegen hilft es, mich auf meinen Körper zu konzentrieren. Am liebsten wäre ich den ganzen Tag in Bewegung. Nach meiner morgendlichen Yoga-Praxis fahre ich viel Fahrrad, bin mit meinem Pferd im herbstlichen Wald unterwegs, oder rolle abends zu Hause noch mal meine Yoga-Matte aus, bevor ich den Abend mit einem Buch in der Badewanne ausklingen lasse.

Inspiration finde ich dann für meine Arbeit. Ich habe wunderbare Treffen mit Stammkunden, bei denen ich meiner Fantasie freien Lauf lassen kann. Ich experimentiere mit Kleidung und Spielzeug und genieße es, eine Begegnung langsam zu gestalten und mit Stimmungen zu spielen.

Jetzt nach der Zeitumstellung merke ich deutlich, dass wir in der dunklen Zeit des Jahres angekommen sind. Die Energie ist ganz anders als im Sommer, mehr auf Rückzug als auf Aktivität ausgerichtet, und es ist wichtig mit den eigenen Kräften hauszuhalten. Gesellschaftlich sind wir bis Weihnachten noch auf erhöhte Aktivität eingestellt; und wenn es im Januar und Februar dann ruhiger wird, liegt die Wintersonnenwende schon hinter uns und wir können und freuen, dass es langsam aber stetig wieder heller wird.

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