Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Anekdoten (Seite 5 von 6)

Kleine amüsante Geschichten aus meinem Alltag.

Erinnerungen (Teil 1)

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Mit 23 habe ich zum ersten Mal in einem Bordell gearbeitet. Es war ein kleiner Club, sehr familiär, und ich habe mich dort lange sehr wohl gefühlt. Die Mädchen boten einen fixen Service an, eine Hausdame kümmerte sich um Empfang und Ordnung.

Einer der (wenigen) Kunden, der mir aus dieser Zeit noch in Erinnerung geblieben ist, ist „Hängebacken-Peter“. Er kam 2-3 Mal im Monat und nahm immer das jüngste Mädchen im Team, oder halt die Neue.

Spitznamen, die die Frauen untereinander für Kunden nutzen, klingen häufig gemeiner als sie gemeint sind. Die meisten Männer stellen sich nun mal nur mit einem Vornamen vor, und die meisten Namen tauchen dutzendfach auf. Also suchen wir nach etwas anderem, um Kunden voneinander zu unterscheiden.

„Hängebacken-Peter“ verdankte seinen Spitznamen einer Krebs-OP. Er war von einem Tumor im Gesicht genesen; die OP hatte jedoch eine lange Narbe auf einer Hälfte des Gesichts hinterlassen, die auch seine Sprache etwas verzerrte und ihn in gewissen Situationen zum sabbern neigen ließ.

Er buchte meist von Anfang an 3-4 Stunden und verlängerte dann auch gerne mal. Auf dem Zimmer geschah nicht viel: kuscheln, im Arm liegen, küssen. Trotzdem war er vielen von uns zuwider – wegen der schon erwähnten Neigung zum Sabbern, und auch einfach weil es sich für ein Mädchen um die 20 nicht normal anfühlt, mit einem Mann über 50 zu kuscheln.

Ich erinnere mich, wie ich unauffällig die Uhr im Auge behielt und hoffte, dass die Zeit verging, oder auch wie ich versuchte wegzudämmern und mich in monotone Tagträume flüchtete.

Im Nachhinein betrachtet tut er mir leid, mit seinen so offensichtlichen Makeln und seiner Fixierung auf junge Mädchen. Heute wäre er ein Gast, auf den ich mich freuen würde; jemand, dem ich absichtslose Berührungen, Nähe, Kontakt und Aufmerksamkeit schenken könnte. Mit Anfang 20 fehlte mir dazu leider die nötige Geduld und Toleranz.

Anekdoten

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Im Moment gibt es nicht viel, worüber ich als Anbieterin hier im Blog schreiben könnte. Wir sind schließlich immer noch in der Corona-Zeit, und die Dinge die in meinem Leben geschehen haben nur selten mit Paysex zu tun (abgesehen davon dass ich mir die Zeit nehme mein Profil zu überarbeiten). Kaufmich schlägt vor, dass erotische Geschichten immer gut ankommen. Die schreibe ich meist aber eher dann, wenn ich gerade etwas konkretes erlebt habe.

Ich habe mir gedacht, dass ich einige Geschichten erzählen könnte, die ich in den langen Jahren, die ich jetzt schon in der Sexarbeit tätig bin, erlebt habe. Ein wenig schrecke ich aber davor zurück, und über die Gründe dafür möchte ich hier reden.

Anekdoten sind immer beliebt, über alle Berufe und Tätigkeiten, aber vor allem über Sexarbeit. In vielen Bücher nehmen sie den Hauptteil ein, und auch in Gesprächen werden eher Anekdoten erzählt als über den Alltag mit langweiligen, irgendwie ereignislosen Dates; selbst über schöne, aufregende Dates lässt sich häufig wenig sagen.

Was genau sind Anekdoten? Anekdoten sind lustige Geschichte, die besondere Erlebnisse auf humoristische Art erzählen. Häufig sind diese Erlebnisse irgendwie absurd oder eklig, und häufig wird sich über den Gegenüber lustig gemacht.

Genau das stört mich beim Erzählen von Anekdoten: Jemand kommt zu mir, um einen (vielleicht geheimen, vielleicht lang gehegten) Wunsch in die Tat umzusetzen. Das braucht ein gewisses Vertrauen und Mut. Und dann mache ich mich über diesen Wunsch oder auch einfach über die Art oder das Aussehen dieses Mannes lustig? Das widerspricht für mich der allgemeinen Menschlichkeit und meiner eigenen Integrität, der Art wie ich mit anderen Menschen umgehen möchte. (Was nicht heißt, dass ich perfekt bin und mir sowas nie passiert – aber dann eher im Gespräch mit Freunden und nicht öffentlich im Internet.)

Trotzdem werde ich mich in den nächsten Tagen an ein paar Geschichten versuchen – in der Hoffnung, dabei die Würde aller Beteiligten waren zu können.

Falle schieben

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


„Falle schieben“ bezeichnet eine Technik im traditionellen Prostitutions-Milieu, bei der die Frau den Verkehr vermeidet, indem sie eine Hand zwischen ihre Beine nimmt (meist von hinten) und statt den Penis in sich zu führen, diesen zwischen ihren Körper/ Po und der Hand gleiten lässt – in der Hoffnung, dass der Kunde das nicht merkt.

Ich habe nie Falle geschoben, in meinen Augen ist das Betrug. Aber vor kurzem hatte ich ein sehr skuriles Erlebnis: Eine Kollegin bat mich, mit in ihren Termin zu kommen und mit dem Kunden AV zu haben (sie selbst bietet das nicht an). Nach etwas Vorspiel lag ich also auf dem Gyn-Stuhl, er stand davor, Kondom und Gleitmittel angebracht. Er stieß das Becken vor ohne groß zu zielen, und sein Penis rutschte zwischen meien Körper und den Stuhl.

Ich wollte nach unten greifen, um das zu korrigieren, doch da fing er schon an zu stoßen. Irritiert sah ich zu ihm hoch und fragte mich, ob er das nicht merkte? Er war völlig in seinen eigenen Film abgetaucht, die Augen geschlossen, stöhnend und ordentlich dabei. Ich ließ meine Hand wieder sinken und ließ ihn fortfahren.

Hinterher hatte ich ein komisches Gefühl. Nicht ganz ein schlechtes Gewissen, denn ich hatte nichts falsch gemacht. Andererseits war ich gut für etwas bezahlt worden, das nur in seinem Kopf stattgefunden hat…

Immerhin gibt dieses Erlebnis im Nachhinein eine gute Anekdote ab.

Abschied II

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Vor einigen Tagen habe ich hier von dem bewussten Abschied eines Kunden gesprochen, der sich aus dem Paysex zurückgezogen hat. Beim Schreiben musste ich an eine andere Begegnung denken, die schon viele Jahre zurückliegt und von der ich heute erzählen möchte.

Damals gab ich noch Tantra-Massagen. Als dieser Kunde das erste Mal zu mir kam, war er schon deutlich von der Parkinson-Krankheit gezeichnet. (Später stellte ich fest, dass er sehr viel jünger war als ich ihn geschätzt hatte.) Er nahm sich immer viel Zeit für seine Besuche bei mir. Wir begannen mit einem Picknick aus Obst und Süßigkeiten. Dann duschte ich ihn, wusch zärtlich den ganzen Körper, während er sich auf mich stützte. Nach einer langen Massage lagen wir dann beeinander und kuschelten.

Nach etwa einem Jahr fragte er mich, ob ich ihn vielleicht bei ihm zu Hause besuchen könnte. Er wusste, dass ich eigentlich keine Hausbesuche machte, aber seine Krankheit schritt schnell voran, und er war einfach nicht mehr mobil genug, um zu mir zu kommen. Ich war dann noch zwei Mal bei ihm, bevor er sich nicht mehr meldete.

Einige Monate später fand ich eine Todesfall-Karte in meinem Briefkasten. Im ersten Moment konnte ich den Namen nicht einordnen, doch dann fiel er mir wieder ein. Bis heute bin ich bei dem Gedanken berührt, dass ich in seinem Leben wichtig genug war, um meine Daten bei seinen Angehörigen für die Benachrichtigung zu hinterlegen.

Diese Begegnung war eine von denen, die meine Einstellung zu dieser Arbeit stark geprägt haben.

Abschied

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


In der Sexarbeit sind bewusste Abschiede selten. Anbieterinnen hören häufig von einem Tag auf den anderen auf und verschwinden von der Bildfläche (für immer oder um einige Monate später wieder aufzutauchen). Kunden verabschieden sich nicht, sondern buchen einfach keinen neuen Termin. Bei einigen Stammkunden, gerade wenn sie eine Zeit lang sehr häufig da sind, kann ich merken, wie es auseinandergeht; die Termine werden seltener und seltener und hören dann ganz auf. Bei anderen fällt mir manchmal erst nach Monaten auf, dass er lange nicht mehr bei mir war.

Vor zwei Wochen hat sich jemand bewusst von mir verabschiedet. Er war in den letzten Monaten vier oder fünf Mal bei mir, für längere Termine, die er sorgfältig plante. Diesmal eröffnete er unser Treffen mit den Worten, dass es das letzte sei (und im Gegensatz zu anderen Ankündigungen dieser Art glaubte ich ihm). Seine Begründung rührte mich: Er will seine Frau nicht mehr belügen, keine Ausreden mehr finden, und es sei ja auch gemeinsames Geld, das er ausgeben würde. Für ihn waren die letzten Monate in der Welt des Paysex ein Ausflug, von dem er jetzt nach Hause zurückkehrte.

Ich habe höchsten Respekt für ihn, fühle mich geehrt und bin dankbar für unsere Begegnungen – und wünsche ihm für seine Zukunft alles Gute!

Wieviel ist (meine) Integrität wert?

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Ich habe gerade große Probleme mit einem Kunden. Genau genommen ist es nicht mein Kunde, sondern der Kunde einer Kollegin. Er ist häufig bei uns im Appartement und bucht gerne zwei oder drei Frauen gleichzeitig. So habe auch ich schon ziemlich viel Zeit mit ihm verbracht.

Dadurch, dass er nicht wirklich mein Kunde ist, gelten auch nicht meine Regeln und Tabus, sondern die der Kollegin. Ich habe also immer über seinen Drogenkonsum hinweggesehen. Auch wenn er bei der Terminvereinbarung Spielchen spielte und versucht, alle nach seiner Pfeife tanzen zu lassen, betraf mich das nur selten direkt.

Dann wurde ich jedoch in seine Machtspiele hineingezogen. Erst versuchte er, eine Sonderbehandlung bei Terminzeiten und -buchungen durchzusetzen. Dann wollte er uns Frauen gegeneinander ausspielen (was ihm teilweise auch gelang, uns aber zum Glück mehr gegen ihn aufbrachte als gegeneinander).

Letzten Freitag war ich noch bis spät abends in einem Termin mit ihm – und soll jetzt plötzlich über zwei Wochen auf mein Geld warten, weil er es „vergessen“ hat und jetzt erst mal in Urlaub ist! Ich weiss, dass ich das Geld bekommen werde, und wahrscheinlich noch was drauf als Entschuldigung. Trotzdem ist das der Tropfen, der für mich das Fass zum Überlaufen bringt.

Ich werde mich nicht weiter an Terminen mit ihm beteiligen. Ich habe genug von seinen Spielchen, seiner Überheblichkeit und seinem mangelnden Respekt. Ich bin es meiner Integrität schuldig, in Zukunft aus sein Geld zu verzichten.

Nur auf Termin!

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Heute hatte ich um 13:00 einen Termin. Als es also um 12:58 an der Tür klingelte, öffnete ich, begrüßte den vor mir stehenden Mann freundlich und führte ihn in mein Zimmer. Dort stellte er sich vor: „Hallo, ich bin XX. WIr hatten vor ein paar Tagen telefoniert, wegen eines Termins im Kerker.“ Ich war irritiert: „Aber du hast doch jetzt einen Termin für eine Massage gemacht, oder?“ – „Nein, ich habe keinen Termin. Ich bin einfach so vorbeigekommen und wollte mir dich und den Kerker angucken.“

In mir kochte sofort Wut hoch ob dieser Umverschämtheit. „Da hab ich überhaupt keine Zeit für jetzt, außerdem ist der Kerker nicht nutzbar, bevor da nicht gründlich aufgeräumt wurde.“ Ich habe dann noch gut fünf Minuten mit ihm rumdiskutiert: ob wir nicht wenigstens mal kurz runtergehen könnten (nein, konnten wir nicht); ob ich die roten High Heels von meinen Bildern da hätte (ja, aber weder Zeit noch Lust die jetzt rauszusuchen); usw. Ich bin dann pampig geworden und habe ihn mit den Worten, dass es keine gute Idee ist, einfach vorbeizukommen, hinauskomplementiert.

Wahrscheinlich wird er keinen Termin für eine Session machen, aber das ist mir auch recht. Wenn ich seine Nummer gespeichert hätte, wäre er auf meiner „schwarzen Liste“ gelandet!

Schreck am Montag

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Heute Mittag also nach neun Tagen Urlaub wieder zurück ins Appartement. Unten die Tür war abgeschlossen, ich war also noch alleine. Erst mal lüften: Ich riss vorne im Flur das Fenster auf, ging dann durch bis in mein Zimmer, zog den Vorhang zurück – und starrte in ein Männergesicht auf der anderen Seite der Fensterscheibe! Erschrocken stolperte ich einen Schritt zurück, wir waren schließlich im 1. Stock, gut sechs Meter über dem Boden!

Des Rätsels Lösung: Die Fassade wurde gestrichen, mit einer Hebebühne. Ich ließ das Fenster zu und machte meinen ersten Termin im Zimmer einer Kollegin, das nach vorne rausging, wo zum Glück keiner an der Fassade rumturnte.

Pünktlichkeit

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


In letzter Zeit habe ich das Problem mit der Pünktlichkeit eher in die andere Richtung: Ich plane meine Termine sorgfältig so, dass ich früh genug im Appartement bin, um noch zu duschen und mich in Ruhe vorzubereiten. Ein oder zwei Stunden vor dem vereinbarten Termin schellt dann plötzlich mein Telefon: „Hey, ich bin schon fast da, kann ich jetzt schon kommen?“

Nun sitze ich aber gerade jetzt in Sommer so wenig wie möglich im Appartement rum. Heute erreichte mich dieser Anruf, als ich (mehr als eine Stunde vor dem Termin) gerade aus dem Badesee stieg. Ich schaffte es, eine halbe Stunde eher fertig zu sein als der vereinbarte Termin – dafür war ich jetzt abgehetzt und genervt, und seine Stimmung war auch nicht die beste, weil er bei der Hitze fast eine Stunde im Auto gesessen und gewartet hat. Das hätten wir uns beide ersparen können, wenn er stattdessen einfach auf Entenwerder gemütlich einen Kaffee trinken gegangen wäre…

Kehr um und tu Buße

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Anrufe mit unterdrückter Rufnummer nehm eich meist gar nicht an. Im besten Fall kommt da halt nichts bei rum, im schlechtesten Fall ist es nervig und verdirbt mir den Tag (wirre Anfragen, Gestöhne, Beleidigungen…). Ab und zu sind die Reflexe schneller als das Denken und ich habe abgenommen, bevor mein Kopf sagen kann: „Unterdrückte Nummer, nicht rangehen!“ So auch bei diesem Anruf:

– „Hallo, hier ist Tina!“
– „Hallo Tina! Ich versuche schon seit Tagen dich zu erreichen!“
– „Dann solltest du nicht mit unterdrückter Nummer anrufen, solche Anrufe nehme ich meist nicht an!“
– „Ich habe einen guten Grund dazu. Ich bringe dir die gute Botschaft von Gott, vom Vater, Sohn und Heiligen Geist. Du musst umkehren und Buße tun!“
– „…“

Ich hab dann relativ schnell einfach aufgelegt. Das hinderte ihn nicht daran, noch mehrmal bei mir und reihum bei allen Kolleginnen im Studio anzurufen. Ich weiß nicht, welche Reaktion er sich erhoffte – ob er überhaupt gläubig ist oder das nur ein kruder Scherz.

Bei mir hinterließ es eine diffuse Wut, die mich einige Tage beschäftigt hat, bis ich ihren Ursprung ergründen konnte. Zum einen sind Religion und Glauben für mich sehr private, ja intime Themen. Darüber so inquisitorisch befragt zu werden, führte dazu, dass ich mich schmutzig fühlte – deutlich mehr als nach einem obszönen Anruf. Hinzu kommt, dass ich die (katholische) Kirche nie so erlebt habe, sondern immer als zugewandt und einladend. Jemanden so gefühllos unter Druck zu setzen ist für mich einfach unchristlich!

Insgesamt denke ich, dass Religion und Politik einfach keine Themen für diesen Rahmen sind, in dem es ja eher um Spaß und Wohlgefühle geht. Da bleibt man lieber bei Smalltalk oder beim eigentlichen Thema.

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