Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Anekdoten (Seite 2 von 6)

Kleine amüsante Geschichten aus meinem Alltag.

Alter

In den letzten Wochen bin ich einige Male von Kunden gefragt worden, ob mir ihr Alter etwas ausmachen würde. Ehrliche Antwort: nein, ist mir völlig egal! Ich habe Kunden in so ziemlich jeder Altersklasse, von Ende 20 bis über 80. Ab und zu habe ich auch Anfragen von sehr jungen Männern, wo ich mich manchmal frage, wonach sie wohl bei mir suchen. Da kommen aber selten Termine zustande (wohl auch aus finanziellen Gründen).

Gestern Morgen habe ich über mein eigenes Alter gescherzt. Wie ich ja vor kurzem schon mal erzählt habe, gibt es für mich nur selten eine deutliche Unterscheidung zwischen Wochentag und Wochenende, meine Tage laufen immer ähnlich ab. So war ich auch am Sonntagmorgen um halb sieben aufgestanden, um an der Yogastunde um acht teilzunehmen. Morgens schicke ich meinem besten Freund immer eine „Guten Morgen“-Nachricht, hatte aber um diese Zeit am Sonntag mit keiner Antwort gerechnet. Ich bekam jedoch schnell eine Antwort, in Form eines kurzen Videos von einer immer noch gut besuchten Party und der Information, dass er betrunken sei. Ins Bett gegangen ist er dann um halb zehn, als ich mit Yoga fertig war und gemütlich beim Frühstück saß. Bei diesem Vergleich kam ich mir plötzlich alt vor…

Meine Party-Zeiten liegen schon seit zwanzig Jahren hinter mir. Vor Corona war ich 2-3 Mal im Jahr im Catonium (eine SM-Location hier in Hamburg), und dieses Wochenende hatte ich sogar kurz überlegt, dorthin zu gehen, konnte mich aber dann doch nicht dazu durchringen. Im Moment genieße ich meinen „langweiligen“ Alltag einfach zu sehr…

Die Frage der Chemie

Heute habe ich einen vereinbarten Termin von meiner Seite aus wieder abgesagt. Grund war ein Problem, das immer wieder mal auftritt, für das ich aber keine richtige Lösung finde:

Viele Kunden gucken als erstes auf die Bilder, dann auf die Service-Liste, und wenn das passt, machen sie einen Termin. Das Problem dabei: von der Service-Liste her kann alles passen (also die gewünschten Techniken), aber die Vorstellungen von einem Date können trotzdem sehr weit auseinander liegen.

Auch heute fing es harmlos an, die Anfrage bewegte sich im zärtlichen Bereich (GV, OV). Schnell war ein Termin abgesprochen – aber dann fing es erst an: Erst schickte er mir normale Bilder von sich, dann indiskrete Fragen (wie groß sind deine Schamlippen? wirst du sehr feucht?), und als ich dann (höchst unästhetische) Schwanzbilder kriegte und die Frage: „Kann ich ein Bild von deiner Fickspalte haben?“, war ich so abgeturnt, dass ich den Termin abgesagt habe.

Ich mache durchaus auch Dinge, die manche als ziemlich extrem ansehen, und bewege mich sicher in großen Teilen des Bizzar- und SM-Bereichs. Trotzdem lege ich bei all meinen Treffen wert auf Sinnlichkeit, Langsamkeit, Respekt. Ich bin kein Porno-Girl, und es gibt nichts was mich so abturnt wie Dirty Talk.

Um das in meiner Anzeige zu erkennen, muss der Kunde jedoch zum einen den Text lesen, und zum anderen auch ein klein wenig über so etwas nachdenken und nicht nur seine Vorstellungen auf ein beliebiges Foto projezieren. Da scheitert es leider bei vielen, und dann verderben mir solche Erlebnisse wie geschildert die Stimmung.

Telefon und Diskretion

Immer wieder führe ich Diskussionen darüber, warum ich Termine nur telefonisch vereinbare (meine Gründe habe ich in anderen Beiträgen schon häufiger dargelegt). Für die meisten Menschen ist ihr Handy ein persönlicher Gegenstand, den sie nur selten an andere Personen weitergeben.

Trotzdem kann es natürlich passieren, dass jemand anders einen Anruf oder eine Nachricht mitbekommt. Deswegen gebe ich mir größte Mühe, am Telefon für Diskretion zu sorgen. Von mir aus schreibe ich niemandem Nachrichten und rufe auch nur zurück, wenn ich dazu aufgefordert werde. Festnetz-Nummern rufe ich gar nicht zurück. Wenn ich Nachrichten schreibe, versuche ich diese neutral zu formulieren und schreibe meist keinen Namen darunter.

Montag ist das mit der Diskretion trotzdem fast schiefgegangen, wobei ich den Fehler nicht unbedingt bei mir sehe. Morgens um kurz nach acht hatte mir jemand auf die Mailbox gesprochen, ob ich nicht vielleicht doch noch am selben Tag einen Termin frei hätte. Ich habe um halb zehn eine SMS geschrieben mit: „Passt heute 17:00?“, da jedoch lange keine Antwort drauf bekommen.

Mittags hatte ich wieder eine Phase, wo ich eine Zeit lang das Handy nicht bei mir hatte. Als ich es wieder zur Hand nahme, hatte ich einen verpassten Anruf von ihm von vor 7 Minuten. Wir kannten uns schon, ich überlegte einen kurzen Moment und rief dann zurück – um dabei festzustellen, dass sein Handy auf seine Sekretärin umgestellt war, die sich mit Firmennamen meldete.

Zum einen vermeide ich es, solche persönlichen Informationen wie Firma/ Arbeitgeber über meine Kunden zu haben. Zum anderen konnte ich nicht mal freundlich nach ihm fragen oder um Rückruf bitten, da ich seinen Nachnamen nicht wusste und es unprofessionell fand, einfach mit dem Vornamen nach ihm zu fragen. Es war also eine höchst unangenehme und peinliche Situation.

Er hat mich dann 20 Minuten später noch mal angerufen, um zu sagen, dass der Termin nicht passte und er sich wieder melden würde. Vielleichte sollte ich mir für den Fall eine Notiz ins Handy machen mit „nicht zurückrufen“…

Traumjob

Letztes Wochenende hatte ich viele Dates (für meine Verhältnisse), und es hat mir sehr gut die schönen Seiten meiner Arbeit gezeigt. Eine Kollegin sagte mal: „Wir können uns halt jeden Tag sexy fühlen und aufregenden Sex erleben.“ Mich hat gerade die Vielfalt meiner Dates begeistert:

Erst ein vielseitiges Bizzar-Date mit Tease&Denial, NS, Facesitting. Dann Pause, in der ich in Ruhe die Bondage-Session am Abend vorbereiten konnte. Am nächsten Tag mittags eine Fisting-Session, und abends in erotisches Date mit viel Nähe, klassischer Girlfriend-Sex, mit einem schon vertrauten Kunden.

Im Moment bin ich mal wieder viel online unterwegs und tauche dort auch ein wenig ein in die Hamburger Party- und Swinger-Szene. Dort suche viele Menschen (mehr oder weniger erfolgreich) nach aufregenden Erlebnissen, nach dem Ausbruch aus dem Alltag, nach neuen Erfahrungen. Für mich sind aufregende Erlebnisse Teil meines Alltags!

Privat bin ich daher zwar immer wieder neugierig, aber nur sehr selten wirklich auf der Suche. Ich mag es, wenn Neues sich einfach so ergibt, und suche nicht zwanghaft danach. Und wenn ich eine Weile lang einfach meinen Alltag lebe, ist das auch okay – ich finde ihn aufregend genug.

Zuverlässigkeit

In letzter Zeit bekomme ich ziemlich viele Diskussionen mit über die Zuverlässigkeit von Anbieterinnen und Kunden. Dass sich Anbieterinnen über die mangelnde Zuverlässigkeit von Kunden beklagen, ist ein altes Thema. In letzter Zeit wird deswegen auch immer wieder über Anzahlungen diskutiert (von denen ich persönlich nichts halte). Neu ist, dass ich auch von Kunden immer wieder Geschichten höre über völlige Unzuverlässigkeit seitens der Anbieterinnen.

Heute hatte ich ein Erlebnis, bei dem sich weder der Kunde noch ich mit Ruhm bekleckert haben. Ich schiebe es auf das Hamburger Wetter, das wohl niemanden in gute Laune versetzt… Ich fand sein Verhalten völlig doof, und er hält mich wohl für unzuverlässig und zickig.

Angefangen hat es gestern, als er mich anrief und das Gespräch eröffnete mit der Frage: „Wann hast du denn mal Zeit?“ Ich schlug ihm als nächstmöglichen Termin Sonntag 18:00 vor, was er annahm. Erst danach fragte er nach Preisen und wir sprachen über Inhalte des Dates; für mich ist das immer ein schlechtes Zeichen, denn es erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde es sich noch mal anders überlegt, weil ihm irgendwas doch nicht so passt.

Wie ich es mir bei Neukunden angewöhnt hatte, bat ich ihn, mir den Termin am nächsten Mittag kurz per SMS zu bestätigen, dann würde ich ihm auch die genaue Adresse schicken. Am Sonntag ging ich jetzt um 11:00 in einen 2-stündigen Termin. Um 11:46 schickte er mir eine Terminbestätigung mit der Bitte um die Adresse (was ich natürlich nicht sofort sah, ich war ja im Termin). Um 12:53 folgte eine zweite SMS, in deutlich pampigen Ton, warum ich ihm die Adresse noch nicht geschickt hätte und was denn jetzt wäre.

Um 13:20 war ich fertig mit meinem Termin und beantwortete seine SMS mit einem freundlichen: „Sorry, war im Termin, habe deine Nachricht gerade erst gesehen. Danke für die Bestätigung, ich freue mich darauf dich heute Abend kennenzulernen. Hier die Adresse: …“ Als Antwort bekam ich fünf Minuten später: „Da du dich nicht gemeldet hast, habe ich den Termin jetzt anders gebucht, wir müssen das verschieben.“ Jetzt war ich auch pampig und antwortete nur kurz: „Lösch die Adresse bitte, den nächsten Termin kannst du dann auch woanders buchen.“

Was glaubt er denn, warum ich ihm keinen Termin vor Sonntagabend anbieten konnte – weil ich zu Hause auf der Couch sass und mich langweilte?! Trotzdem habe ich nicht das Gefühl, das souverän gehandhabt zu haben, sondern es fühlt sich nach Kindergarten-Zickereien an. Schade um die vertane Chance, für beide Seiten.

(Fehlende) Toleranz

Neulich saß ich nach einem Termin noch mit dem Kunden bei einem Kaffee zusammen, und irgendwie kam das Gespräch auf Bizzar-Termine. Erstaunt sah er mich an und fragte: „Was machst du denn an Fetisch-Sachen?“ Ich fing an zu erzählen, dass ich mich nicht als Domina sehe, aber viele Kunden habe, die einfach gerne mal die Verantwortung abgeben und z.B. mit Fesseln spielen, oder aber die bestimmte Fetische ausleben wollen, ohne dominiert zu werden, wie etwa NS oder StrapOn-Spiele.

An dieser Stelle bracht ich ab, da sich sein Gesicht angewidert verzog und er anschließend deutlich zum Ausdruck brachte, dass solche Spiele in seiner Welt gar nicht gehen. Mich ließ dieser Vorfall irritiert zurück. Ich meine, so ziemlich jede Anzeige im Erotik-Bereich enthälft eine Service-Liste. Die meisten Kunden überlesen die Dinge einfach, die für sie nicht interessant sind. Trotzdem ist auf einen Blick ersichtlich, dass ich nicht nur Kuschelsex anbiete.

Sexualität ist ein sehr persönliches Thema. Jeder Mensch lebt seine Sexualität anders aus, und jeder Mensch hat individuelle Vorlieben und Tabus. Es gibt wohl keine zwei Menschen auf der Welt, die da wirklich komplett identisch sind. Ich erlebe es so, dass meine Sexualität einen Graubereich hat: Es gibt Dinge, die mich total anmachen, und es gibt Dinge, die ich mir für mich gar nicht vorstellen kann. Dazwischen gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die von meiner Stimmung und/ oder meinem Gegenüber abhängig sind. Manchmal mache ich Dinge auch einfach, weil ich es mag zu sehen, dass sie meinen Gegenüber anmachen (natürlich solange sie nicht zu meinen Tabus zählen).

Selbst wenn Dinge zu meinen Tabus zählen, halte ich Toleranz gerade in der Sexualität für eine wichtige Eigentschaft. Wenn Menschen von ihrer Ablehnung für z.B. SM erzählen, frage ich manchmal nach, was sie denn unter SM verstehen, und bekomme als Antwort ein sehr klischeehaftes Bild, das wenig mit meinen Ideen und Erfahrungen gemein hat. Ich habe mir deswegen angewöhnt, interessiert nachzufragen, wenn jemand von seinem Fetisch berichtet. Häufig gelingt es mir, die Faszination eines Menschen nachzuvollziehen, wenn ich ihn erzählen lasse, was ihn daran begeistert und welche Gefühle es bei ihm auslöst. Das heißt nicht, dass ich diesen Fetisch dann teilen will, aber es verhilft zu Verständnis und Toleranz.

Ein bisschen mehr Toleranz könnten wir alle gebrauchen – für unteschiedliche Aspekte gelebter Sexualität und generell für individuelle Lebensentwürfe.

Tabus im Setting

Tabus sind ein relativ häufiges Thema im Paysex, und ich habe auch schon einige Male darüber geschrieben (zuletzt vor drei Tagen über die „Frage nach Tabus“, für weitere Texte von mir dazu einfach „Tabus“ ins Suchfeld auf dieser Seite eingeben). Meist geht es dabei um sexuelle Tabus, also dass was die Sexarbeiterin ihrem Kunden beim Sex nicht anbieten möchte. Es gibt jedoch auch Tabus, die die Person des Kunden betreffen (Alter, Aussehen etc) oder das Setting.

Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, einen Kunden im Auto oder Outdoor zu treffen. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass ich keine Quickis mag und außerdem Wert auf einen Schutzraum für Sex lege, mich also gerne darauf verlasse ungestört zu sein und zu bleiben.

Auch Haus- und Hotelbesuche biete ich nicht an, überwiegend aus praktsichen Gründen (Fahrzeit und Aufwand), aber auch aus Sicherheitsfragen. Hotels sind noch sicher, aber bei einem Hausbesuch begibt sich die Sexarbeiterin schnell in eine unkontrollierbare Situation. Bei sehr guten Stammgästen habe ich schon mal begründete Ausnahmen gemacht und doch Hausbesuche gemacht. Es war okay, aber ich bevorzuge doch meine eigene Umgebung, in der ich diejenige bin, die durch das Setting die Stimmung beeinflusst.

Vorgestern hatte ich eine Anfrage, wo offensichtlich mein Profil nicht gelesen wurde, denn er fragte mich, ob ich ihn in einer Ferienwohnung besuchen würde. An sich keine ungewöhnliche Anfrage – wäre da nicht die Tatsache, dass er gleichzeitig erzählte, dass er dort mit seinem 7-jährigen Sohn Urlaub machen würde und ich ihn abends besuchen solle, wenn das Kind schläft. Ich habe selber keine Kinder und auch so gut wie nie mit Kindern zu tun, und die Vorstellung, Paysex zu haben, während im Nebenzimmer ein Kind schläft, dass jederzeit wach werden könnte, finde ich ganz furchtbar – und verantwortungslos vom Vater.

Generell ist das noch ein Punkt, der für mich deutlich gegen Hausbesuche spricht: Es gibt immer wieder Männer, die eine Sexarbeiterin zu sich nach Hause in die Familienwohnung einladen, während die Familie gerade in Urlaub ist. Das finde ich respektlos der Familie gegenüber! Wohnungen sind Rückzugsräume, und in dieser Situation ist in meinen Augen nicht nur der außereheliche Sex ein Vertrauensbruch, sondern noch mehr die Preisgabe von Schutzräumen an eine Fremde. Während ich die Frage der Untreue gut bei meinem Kunden lassen kann und mir da kein Urteil drüber bilde, möchte ich an dieser Form von Verrat nicht beteiligt sein.

Bordell-Diskussion

In den letzten Wochen habe ich immer wieder Schlafprobleme. Deswegen war ich froh, dass ich an diesem Abend um elf im Bett lag und auch relativ schnell einschlafen konnte. Umso mehr ärgerte ich mich, als mich um eins das Klingeln des Telefons weckte! Ja, ich sollte eigentlich in all den Jahren gelernt haben, es abends auszuschalten – vergesse es aber trotzdem regelmäßig. Als ich mich gerade nach dem Aufschrecken wieder einkuschelte, hallte der SMS-Ton der Mailbox durchs Zimmer. Jetzt war ich endgültig wach.

So kam es, dass ich nachts um eins über KM einen Termin für den nächsten Nachmittag absprach. Sein Argument, warum er ich so spät noch anrief: ich würde ja darauf bestehen, dass er den Termin einen Tag vorher vereinbart, am Morgen wäre also zu spät gewesen (nein, nachts um eins ist für mich nicht „einen Tag vorher“, um die Zeit habe ich meine Zeitplanung für den nächsten Tag längst fertig) und im übrigen würde ich ja noch als online angezeigt (ich logge mich nie aus, werde also fast durchgehend als online angezeigt).

Meine Standard-Ansage, wenn es um so kurzfristige Termine geht, ist: „Warum gehst du nicht lieber in ein Bordell, da kannst du auch ohne Termin hingehen.“, und ich bekam die übliche Standard-Antwort: „Die Frauen da fertigen einen alle nur schnell ab, das ist Geldverschwendung.“ Ich möchte deswegen hier ein wenig aus meiner Geschichte erzählen und eine Lanze für Bordelle brechen, ich habe nämlich auch schon in welchen gearbeitet (Privat-Club, Nachtclub und Appartement/ SM-Studio, von Laufhäusern und FKK-Clubs habe ich keine Ahnung).

Wenn ich in einem Bordell arbeite, habe ich einen ziemlich fixen Dienstplan. Ich komme zu einer bestimmten Zeit dort an. Dann nehme ich mir die Zeit, mich in Ruhe fertigzumachen, bin also immer frisch geduscht und rasiert, sexy angezogen und dezent geschminkt, und das Zimmer ist vorbereitet, um sofort mit einem Termin beginnen zu können. Dann sitze ich dort viele Stunden rum und schlage die Zeit tot, während ich mit Kunden warte; ich quatsche mit Kolleginnen, trinke zu viel Kaffee, surfe im Internet, lese vielleicht ein Buch. Ich freue mich über jeden Termin, da das heißt dass ich nicht umsonst Zeit verschwende.

Ich habe gerne in Bordellen gearbeitet, ich mochte die Atmosphäre und die Zusammenarbeit mit Kolleginnen. Damit aufgehört habe ich, weil es sich nur in Vollzeit lohnt, Sexarbeit in den letzten Jahren aber nicht mehr meine einzige Tätigkeit ist. Ganz damit aufhören möchte ich trotzdem nicht, da ich diese Arbeit immer noch sehr gerne mache und viele langjährige Stammgäste habe. Also versuche ich, Sexarbeit-Termine in meinen Alltag einzupassen. Dazu brauche ich im Normalfall etwas Vorlauf, da ich halt nicht automatisch da bin und auch nicht automatisch date-fertig und der Raum vorbereitet.

Bei spontanen Anfragen, gerade am Wochenende (unter der Woche ist es häufig entspannter), passiert jetzt folgendes: Ich muss spontan meinen ganzen Tag umplanen. In dem oben beschriebenen Fall sah das so aus: Bis ich nach dem Chat wieder einschlafen konnte, war es fast drei. Dafür hatte ich den Wecker eine Stunde eher gestellt – statt wie geplant 8-9 Stunden bekam ich nur noch knapp sieben Stunden Schlaf und war schon beim Aufstehen grummelig. Eigentlich war ich mit einer Freundin zu einem langen Ausritt verabredet, worauf ich mich sehr gefreut hatte; das sagte ich jetzt ab und ging stattdessen nur allein die übliche 40 Minuten-Standard-Runde mit meinem Pferd, um pünktlich zurück in der Wohnung zu sein. Dort angekommen war ich schlecht gelaunt durch die Enttäuschung und gestresst von der engen Zeit für Vorbereitungen. Ich kochte noch einen Kaffee und ging duschen, während ich überlegte, ob Rasur und Haare waschen wirklich nötig waren. Raum vorbereiten und los – ohne mir Gedanken über den Inhalt des Termins zu machen und mit dem Gefühl, dass jetzt „mal eben schnell“ zu machen, damit ich noch ein bisschen was vom Sonntag hätte.

Das soll jetzt nicht heißen, dass ich grundsätzlich ein Problem damit habe, sonntags Termine zu machen. Nur: wenn ich das vorher weiß, plane ich meinen freien Tag halt auf Samstag oder Montag, so dass er nicht ganz ausfällt. Umgeschmissene Planungen finde ich einfach immer frustrierend – lassen sich aber nicht vermeiden, denn manchmal macht das Geld einfach einen Unterschied für mich (im Moment sind es Steuerberater-Rechnungen, die meine Finanzen eng werden lassen).

Worauf ich eigentlich hinauswill mit diesem Text ist, dass Bordell-Termine nicht grundsätzlich schlechter sind als „private“ Verabredungen, und „private“ Verabredungen nicht unbedingt besser als Bordell-Termine. Theoretisch bin ich in beiden Szenarien gleich mit meinen Kunden umgegangen; praktisch war ich im Bordell sogar konzentrierter und besser vorbereitet als jetzt, wenn mein Alltag auch von anderen Dingen beansprucht wird. Unter diesen Voraussetzungen lief der Termin am Sonntag übrigens ziemlich gut – was beweist, wie gut ich bin in dem was ich mache.

Penisbilder

Neulich war es mal wieder so weit: ein Penisbild zum Frühstück. Im sonstigen Internet gilt das ungefragte Zusenden von Penisbildern mittlerweile als sexuelle Belästigung und ist strafbar. (Es kann sogar ziemlich unkompliziert online angezeigt werden.) Für Sexarbeiterinnen scheint das in den Augen vieler Kunden noch nicht zu gelten.

Diesmal gab es als erstes ein kurzes Anschreiben a la „Lust auf ein Date“, direkt gefolgt von einem Gesichtsbild. Als ich das dann freundlich benatwortet hatte, kam das Penisbild mit dem Kommentar „Gefällt?“ Ganz ehrlich, was soll ich dazu sagen?!

Ich gehöre auch als Sexarbeiterin zu den Frauen, die mit Penisbildern nichts anfangen können. Es hilft mir noch nicht mal, die Größe einzuschätzen (Zentimeterangaben übrigens auch nicht), und ich finde es auch weder sexy noch ästhetisch. Privat mag ich ästhetische Aktbilder, aber die müssen wirklich gut gemacht sein und kein Spiegel-Selfie (außer vielleicht der Körper ist wirklich perfekt, dann kann das nichts entstellen).

Generell zum Thema Bilder: Sie interessieren mich nicht. Keine Penisbilder, und auch Gesichtsbilder/ Schnappschüsse nicht besonders. Ich habe noch nie einen Kunden wegen seines Aussehens abgelehnt, und auch privat habe ich keinen bestimmten Typ, sondern gucke immer auf das Gesamtpaket, das einen Menschen ausmacht.

Ein nettes Lächeln auf einem Bild kann Sympathiepunkte sammeln – das tut ein durchdachtes Anschreiben und Zuverlässigkeit aber auch.

Gehalten werden

Letztens hatte ich ein längeres Treffen über drei Stunden. Es war nicht unser erstes Treffen, und er nutzte die Zeit mit mir, um Neues zu probieren und Bedürfnisse nach Nähe und Kontakt zu befriedigen. Demnach war es immer eine Mischung aus Sex, bizzaren Spielen, aber auch Massage und Nähe.

Bei diesem letzten Treffen ergab es sich, dass wir nach einer ersten Runde völlig zur Ruhe kamen. Ich war etwas nach oben gerutscht und er lag mit dem Kopf auf meiner Brust an mich geschmiegt, während meine Arme ihn hielten. Es wurde ganz still um uns. Ich entspannte so sehr, dass ich zwischendurch merkte wie ich begann wegzudriften.

Solche ganz ruhigen Momente sind selten bei meinen Dates, vor allem als längere Phase, wie es hier der Fall war. Meist reicht schon die Zeit nicht für viel länger als zehn Minuten zum Nachspüren, oder aber man kommt dann wieder ins Plaudern. So hatte dieses Erlebnis auch für mich eine ganz eigene Qualität.

Gehalten zu werden und Nähe zu spüren ist ein ganz altes, ja kindliches Bedürfnis, das gar nicht viel mit Sexualität zu tun hat. In vielen Therapieformen (Psychotherapie und/ oder Körpertherapie) spielt Körperkontakt und Nähe eine Rolle, es geht um das Gefühl gehalten zu werden und geborgen zu sein, das Grundbedürfnisse stillt und nachnährt. Bei einer Sexarbeiterin ist das absolut nicht das, was bei einem Treffen im Vordergrund steht – umso schöner, wenn es sich ergibt.

Manchmal passiert es einfach, dass bei einem Treffen mit einer Sexarbeiterin ganz andere Bedürfnisse erfüllt werden als die sexuellen Gründe, wegen denen man das Treffen ursprünglich vereinbart hat. Es bedarf Erfahrung der Sexarbeiterin, das dann zu gestalten und sich darauf einzulassen – dann ergeben sich ganz besondere Situationen und Erlebnisse für beide Beteiligten.

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