In meinem letzten Beitrag habe ich mich über die schlechte Gesundheitsberatung bei der GESAH aufgeregt. Im Umgang mit Menschen, für die Sexualität und/ oder Gesundheitsfragen nicht zum beruflichen Alltag gehören, frage ich mich aber öfter mal: wie aufgeklärt sind die meisten Menschen eigentlich, wieviel Wissen haben sie?
Ich erinnere mich, dass ich während meiner Schulzeit irgendwann nur noch genervt war vom Thema Sexualkunde. Alle zwei Jahre stand es auf dem Lehrplan, mit wachsender Intensität, ergänzt durch Ausflüge zu Pro Familia. Doch wenn ich jetzt daran zurückdenke, was ich gelernt habe: biologische Grundlagen über Sex und Schwangerschaft, ziemlich viel über Verhütung, und ein wenig über HIV, wenig über andere STI.
Vor ein paar Jahren habe ich das beeindruckende Buch „Make Love“ von Ann-Marlene Henning gelesen (erschienen 2012). Sie geht sehr viel tiefgängiger und feinfühliger auf verschiedene Bereiche ein, neben der Biologie auch auf Fragen wie sexuelle Identität, Vorlieben, Erleben, Unsicherheiten, Consent, besondere Vorlieben und vieles andere. Ich möchte dieses Buch auch Erwachsenen von ganzem Herzen empfehlen! (Älteren Erwachsenen empfehle ich auch das Buch „Make more love“ über Sex im Alter.)
Ich habe mittlerweile ein ganzes Regal voll mit Büchern über Sex, SM, Beziehungen, Polyamory, Tantra u.a. Man kann es wohl als mein Lebensthema bezeichnen. Dadurch sind manche Dinge für mich selbstverständlich geworden; vor allem Wissen über Anatomie, sexuelle Gesundheit, Erregungskurven und individuelles Empfinden.
Immer wieder stolpere ich jedoch darüber, dass viel von dem Wissen, dass ich als allgemein bekannt voraussetze, das bei vielen Menschen doch nicht ist. Im Internet führen wir wilde Diskussionen über sexuelle Gesundheit, und mit meinen Kunden rede ich immer wieder über individuelle Anatomie und das Training von Empfindungen und Erregung.
Ich würde mir da mehr Interesse wünschen, das über das Konsumieren von Pornos und deren falschen Bildern hinausgeht. Nichts gegen Pornos, aber das ist als würde man Hochleistungssportlern beim Wettkampf zusehen und davon Trainingstipps für sein Fitnesstraining ableiten wollen. Wer nicht gerne liest, dem möchte ich die Seite www.joyclub.de empfehlen; diese betreibt seit einiger Zeit ein sehr interessantes Projekt „Sexeducation“, bei dem verschiedene Trainer Lifestreams (und Aufzeichnungen) zu unterschiedlichen Themen anbieten.