Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Monat: Juli 2015

Bewertungen

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Wenn ich Bewertungen hier bei kaufmich durchblättere, haben diese entweder fünf Sterne und Lobgesänge oder einen Stern und Beschimpfungen bzw Warnungen. Das ist wohl das, was Sinn der Bewertungen ist – zu sagen „war alles in Ordnung“ oder „hat nicht funktioniert“.

Bewertungen sind also für die Frauen eine Möglichkeit, ihr Profil aufzuwerten (über gute Bewertungen von Kunden) oder andere Frauen vor unzuverlässigen Kunden zu warnen (über schlechte Bewertungen, die sie vergeben).

Für Kunden ist der Nutzen von Bewertungen viel geringer, denke ich. Klar, sie können sehen, wie lange die Frau schon dabei ist und ob sie Kunden hatte, die irgendwie zufrieden waren. Aber beruht nicht der Großteil eines Dates auf der Erfüllung der persönlichen Vorstellungen und Vorlieben und letztendlich auf Sympathie? Und dabei nützt es leider wenig zu wissen, wie andere Kunden mit dieser Frau klargekommen sind – denn die Sympathie-Ebene entscheidet sich bei jeder Begegnung neu.

Es gibt Foren, wo Kunden die Möglichkeit haben, detaillierter über ihr Erlebnis mit einer Frau zu schreiben. Ich habe mal eine Geschichte gehört, wo jemand in einem Forum von einer Frau in den höchsten Tönen geschwärmt hat und detailliert sein geiles Erlebnis beschrieben hat. Ein anderer Mann ist daraufhin zu dieser Frau gegangen – und war furchtbar enttäuscht, weil die Frau sich nicht an das beschriebene Programm gehalten hat. Bei wem liegt jetzt der Fehler? Bei der Frau, die es wagt, ihr Programm zu variieren, nach Stimmung und Sympathie? Oder bei dem Mann, der zu genaue Vorstellungen hatte, ohne diese aber klar kommuniziert zu haben?

Von diesem Problem abgesehen, finde ich es einfach indiskret, Details aus Erotik-Dates in die Öffentlichkeit des Internets zu tragen; das gilt sowohl für Männer als auch für Frauen. In meinen Augen ist Erotik immer noch etwas Intimes, das zwischen zwei Menschen geschieht und nicht nur ihre Privat-, sondern ihre Intimsphäre betrifft. Jeder Mensch hat das Recht, diese Sphäre von sich zu schützen – auch im Paysex-Bereich, finde ich.

Buch: „Red Light“ von Phoebe Müller

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


„Ich bin eine Motte.“

Das ist der letzte Satz eines Buches, das einen Platz sehr weit oben auf der Liste meiner Lieblingsbücher hat. Der Anfang lautet:

„Es war vor einigen Jahren und begann damit, dass ich vom roten Lichtschein angezogen wurde. Wie eine Motte. Unfreiwillig.“

Zwischen diesen Sätzen erzählt die Autorin auf 150 Seiten mit leichter, poetischer Sprache und doch sehr viel Tiefe die (fiktive?) Geschichte einer jungen Journalistin, die vom Rotlicht einer Bar angezogen wird, ihm nicht widerstehen kann und in den Sog des Nachtlebens gerät. Die Erzählung schwankt zwischen Lachen und Weinen, erzählt sehr viel von Faszination, von Abenteuer, von Zusammenhalt, aber auch von schweren Momenten und der ständigen Suche nach der eigenen Identität.

Ich finde mich an sehr vielen Stellen wieder, gerade in der ständigen Ambivalenz der Protagonistin. Ja, ich bin auch eine Motte…

Fotografie, Fotos, Pinkshots

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


In den letzten Wochen wurde ich mehrmals gefragt, ob ich mich auch fotografieren lasse. Ich lasse mich sogar sehr gerne fotografieren – frage aber als nächstes immer, welche Intention der „Fotograf“ dabei hat.

Wenn ich mich mit meinem Fotografen treffe, der seit acht Jahren tolle Bilder von mir macht (auch alle Bilder in diesem Profil), steht das Ergebnis im Vordergrund. Wir wollen tolle Bilder, die wir gerne zeigen. So ein Shooting macht zwar auch Spaß, ist aber in erster Linie Arbeit. Und Flirten oder gar mehr steht dabei überhaupt nicht auf dem Ablaufplan – egal wie erotisch das Shooting-Thema ist.

Dann gibt es Fotos, auch Schnappschüsse genannt. Man nehme irgendeine kleine Kamera, in heutigen Zeiten auch gerne einfach ein Smartphone, halte drauf und drücke auf den Auslöser. Kann manchmal ganz nett sein, aber zu mehr als einer Erinnerung (oder einem Beweisfoto) taugen solche Bilder wohl kaum.

Und dann gibt es diejenigen, die aufgrund meines Erotik-Profils nach Fotos fragen, und denen es nur selten um das Ergebnis geht. Dabei steht der Flirt im Vordergrund, mehr mit dem Fotografen als mit der Kamera, und auch häufig das Vorspiel zum Sex. Da wird dann abwechselnd geknipst und gefummelt, gepost und geleckt… Das macht Spaß, ist erotisch – aber die Bilder sind meiner Meinung nach danach keinen Blick wert.

Gerne wird bei letzterem auch von unten zwischen meine Beine fotografiert, oder ich mit weit gespreizten Beinen auf dem Bett. Jagd-Trophäen? Ich mag Pornos und ich mag PornArt-Fotografie, aber solche Pinkshots finde ich nicht ästhetisch. Ich habe auch keine Angst davor, dass solche Bilder von mir im Internet landen, bzw es stört mich einfach nicht – diese Bilder gibt es in solchen Massen, wenn sich da jemand dran aufgeilen möchte, wünsche ich ihm viel Spaß dabei.

Der Wunsch, den ich nicht erfüllen kann

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Es gibt eine Aussage von Kunden, die mich immer in tiefe Verzweifelung stürzt. Einen Wunsch, mit dem ich nicht umgehen kann. Eine Aufforderung, bei der mein Kopf sofort leer wird, mein Kopfkino ausgeht und ich mir einfach einen anderen Job wünsche.

Dieser Kunde ist sehr nett, wenn er schreibt oder anruft. Die Anrede höflich, meist stellt er sich sogar mit Namen vor. Dann folgen ein paar Komplimente zu meinen Bildern und meinem Aussehen, und dass ich ja sehr kompetent wirke.

Und dann kommt er, dieser Satz: „Mach einfach mit mir, was du willst!“, oder auch: „Ich möchte deine Wünsche erfüllen!“

Das geht nicht! Es widerspricht völlig dem Setting, das in dieser Situation nun mal gegeben ist. Ich bin Sexarbeiterin und damit Dienstleisterin. Ich arbeite mit den Wünschen meiner Kunden. Ich bin gut darin, Szenarien zu entwerfen, die ihre Bedürfnisse erfüllen. Ich kann Körper und Reaktionen lesen und daraus das perfekte Erlebnis kreieren.

Aber ich kann keine Gedanken lesen und erst recht nicht herausfinden, was jemand irgendwo tief in seinem Inneren für Wünsche und Fantasien hat. Und es ist ja nun nicht wirklich so, dass derjenige ganz altruistisch meine Wünsche erfüllen möchte – dafür würde mich wohl keiner bezahlen.

Wenn ich mich auf einen Termin einlasse, kommt dann also jemand zu mir, der mir überhaupt nichts gibt, mit dem ich arbeiten kann. Er begrüßt mich höflich, geht ins Bad, zieht sich aus, legt sich hin – und wartet ab, was ich jetzt tue.

Und was soll ich tun? Eine sanfte Streichelmassage? Sex? Facesitting? Eine SM-Session? Verbalerotik? Alles möglich, und das eine kann genauso daneben liegen wie das andere.

Also bitte, lieber potentieller Kunde: Gib mir einen Hinweis, in welche Richtung deine Fantasien gehen! Auch devot zu sein ist eine Fantasie. Diese kann sich in viele Richtungen ausleben und entwickeln. Wenn du mir eine ungefähre Richtung gibst, kann ich damit arbeiten und wir können eine tolle Session zusammen haben. Aber lass mich bitte nicht einfach so im Trüben stochern!

Mein Appartement

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.

In dem hier beschriebenen Appartement habe ich von Oktober 2014 bis September 2015 gearbeitet.


Seit Oktober 2014 habe ich jetzt ein kleines, sehr gemütliches Zimmer in einem Erotik-Appartement untergemietet.

Meine alte Wohnung ging irgendwann einfach gar nicht mehr, den Renovierungszustand konnte ich meinen Kunden nicht mehr zumuten, und mit dem Vermieter wurde ich nicht einig. Und obwohl ich lange gesucht habe, ist es sehr schwer, eine kleine Wohnung (mit Duschbad) zu finden, die gewerblich genutzt werden darf (so was halb-legales wollte ich nicht mehr, zu riskant).

Als ich das erste Mal im Appartement war, war ich hin und her gerissen. Einerseits hat es mir echt gut gefallen, viel schöner eingerichtet als meine alte Wohnung, mit viel Liebe zum Detail, und ich würde mir nicht mehr so viele Gedanken um den ganzen alltäglichen Kleinkram machen müssen. Andererseits hatte ich davor fast zehn Jahre alleine gearbeitet und war es gewohnt, nur auf mich selber achten zu müssen und zu tun und zu lassen, was mir gerade passte.

Ich ließ es auf einen Versuch ankommen, und in den ersten Wochen war ich total euphorisch: Plötzlich wieder Kolleginnen zu haben, jemanden zum quatschen in den Pausen, andere Frauen mit ähnlicher Arbeit, die verstanden wie es mir gerade ging – es war wie nach Hause kommen. Und das ist es auch heute noch: Die meiste Zeit freue ich mich, wenn Kolleginnen da sind. Wir haben einen engen Draht zueinander, einige bezeichne ich mittlerweile als Freundinnen.

Nachteil ist, dass es halt nicht so absolut ruhig ist wie wenn ich eine ganze Wohnung für mich alleine habe. Gerade bei langen Massagen hänge ich mittlerweile ein Schild an die Tür „Massage – bitte Ruhe!“, das die Kolleginnen zum Glück schnell gelernt haben zu respektieren. Nicht dass es furchtbar laut bei uns wäre, aber man hört halt immer wieder mal das Klackern von Absätzen, das Klingeln eines Telefons oder Stimmen aus einem anderen Zimmer.

Eine Dauerlösung wird dieses Appartement nicht sein, aber in den letzten Monaten habe ich mich gut eingelebt und fühle mich wohl. Meine Kunden bestätigen, dass das Appartment sehr gepflegt ist und wir uns echt Mühe geben. Also genieße ich das, bis sich eine andere Lösung findet (die dann perfekt ist).

Und für die unter Euch, die nun etwas skeptisch sind, hier noch mal ein paar Fakten:

Das Appartement besteht aus zwei miteinander verbunden Wohnungen, diskret gelegen im Erdgeschoß eines Hauses, in dem sich Wohnungen und Gewerbe mischen. Wir haben sechs Zimmer, von denen aber zur Zeit nur fünf vermietet sind. Meist sind nur etwa drei Frauen im Appartement, da wir alle unterschiedliche Arbeitszeiten haben. Und jede von uns achtet sehr darauf, dass ihr Gast keiner anderen Frau und natürlich erst recht keinem anderen Gast begegnet.

Lust auf was Neues? Neben meinem kleinen Massagezimmer habe ich zur Zeit die Möglichkeit, das gegenüberliegende Bizzarr-Zimmer zu nutzen – sprich mich einfach darauf an!

Zeitmanagement

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Heute war einer dieser Tage, wie ich sie hasse – eindeutig eine Negativ-Seite meines Jobs. Ich liebe Dates – sinnliche, heiße, erotische, geile, einfach jede Art von Begegnung und Körperkontakt. Deswegen bin ich Sexarbeiterin – seit vielen Jahren und noch immer gerne.

Was mich in dieser Branche immer noch irritiert, ist der Anspruch der Männer, dass ich jederzeit und ständig verfügbar und bereit zu sein habe. Beispiele aus den letzten 24 Stunden: Gestern Abend fuhr ich erst spät nach Hause, nach einem langen Tag, saß ich in der S-Bahn, als um viertel nach elf (abends!) mein Telefon schellte: „Hey, hier ist XXX, wir hatten die Tage mal geschrieben wegen eines Hausbesuchs. Kannst du jetzt sofort vorbeikommen?“ – Heute ein ruhiger Tag, draußen strahlender Sonnenschein und deutlich über 20 Grad. Mein Telefon schellte den ganzen Vormittag nicht. Mittags fuhr ich kurz in die Praxis, entschloß mich dann aber, statt drinnen im Halbdunkeln zu sitzen, lieber in den Park zu fahren. Ich saß seit mehreren Stunden in der Sonne, als um halb fünf mein Handy piept: „Hey, hast du Zeit?“ „Klar. In einer halben Stunde?“ „Sorry, viel zu spät.“ – Ich blieb also weiterhin entspannt in der Sonne sitzen. Halb sieben beschloss ich, es für heute gut sein zu lassen, und mache mich auf den Weg nach Hause. Um kurz nach sieben schellte mein Telefon noch mal: „Hallo, bist du noch da, kann ich noch kommen?“ „Nein, meine Rufbereitschaft endet spätestens um sieben.“ „Okay, dann melde ich mich morgen wieder.“ Wahrscheinlich mit demselben Ergebnis…

Mal davon abgesehen, dass mir irgendwann in meinem kleinen Arbeitszimmer die Decke auf den Kopf fällt, wenn ich den ganzen Tag im Halbdunkeln sitze und warte, ohne wirklich was zu tun zu haben, und dass ich ab und zu auch gerne etwas Privatleben habe – ich mag es auch, mich auf meine Kunden einstellen zu können. Mir in Ruhe zu überlegen, welches Outfit zu diesem Termin und dem gewünschten Setting passt, Spielzeug rauszusuchen, vielleicht schon mal Öl für eine Massage warm zu machen, mich gedanklich auf die Begegnung einzustimmen. Der Kunde zahlt schließlich eine Menge Geld für meine ungeteilte Aufmerksamkeit und Hingabe, oder?

Außerdem frage ich mich immer, ob derjenige, der da gerade so ganz dringend spontan einen Termin wollte, wirklich zu mir will, oder ob er jetzt einfach die nächste auf der Liste anruft. Soll er gerne machen – denn lieber sind mir Kunden, die wissen was sie an mir haben und warum sie genau zu mir kommen. Und die deswegen auch bereit sind, ihren Termin ein wenig zu planen. Alle anderen sind vielleicht in einem Laufhaus besser aufgehoben – da ist der Service mehr oder weniger einheitlich und immer genug Auswahl an Frauen.

Wenn ich einen Termin irgendwo mache, egal ob für Massage, Kosmetik, Heilpraktik o.a,, habe ich eine Vorlaufzeit von mehreren Tagen. Warum ist es in meinem Job zu viel verlangt, wenn sich jemand 1-3 Stunden vorher überlegt, ob er zu mir kommen möchte? Dafür gibt es dann auch eine entspannte Stimmung und ein individuelles Erlebnis.