Ich habe jetzt schon in mehreren Zeitungsartikeln gelesen, dass viele Sexarbeiterinnen auch nach Corona weiterhin „in der Illegalität arbeiten“ und die offiziellen Bordelle (Laufhäuser, Clubs, Appartements etc) Probleme haben, genügend Frauen zu finden, die dort arbeiten wollen.

Mein erster Gedanke ist dabei, dass Sexarbeit (in Deutschland) nicht illegal ist, auch wenn sie nicht in offiziellen Bordellen ausgeübt wird. Es ist völlig legal, als Escort zu arbeiten und Haus- oder Hotelbesuche zu machen, oder Sexarbeit in der eigenen Wohnung oder im Hotel anzubieten. Während Corona war das illegal, weil es gegen das Prostitutionsverbot der Corona-Maßnahmen verstieß. Dieses Verbot wurde aber mittlerweile aufgehoben und es gelten die Regeln wie vor Corona (plus Hygiene-Auflagen und Nachverfolgungspflicht, die weiterhin gelten, und 2G/3G).

Die Corona-Krise hat unsere Gesellschaft und auch die Sexarbeit verändert, und die längerfristigen Folgen sind noch nicht absehbar. Einige Sexarbeiterinnen haben sich während Corona andere Tätigkeiten gesucht und werden vielleicht nicht in die Sexarbeit zurückkehren. Einige haben während dieser Zeit illegal weitergearbeitet und dabei neue Strukturen geschaffen, aus denen sie nicht in die alten Strukturen zurückkehren (zumindest nicht sofort). Ich bin nicht sicher, ob das wirklich so negativ ist, wie es dargestellt wird.

Bordelle werben mit einer erhöhten Sicherheit für die Frauen. Das ist richtig, man arbeitet nie alleine und hat immer Hilfe vor Ort, wenn es Probleme mit einem Kunden gibt. Außerdem ermöglichen Bordelle es denn Frauen, gegenüber den Kunden absolut anonym zu bleiben; das ist auch ein Sicherheitsfaktor (Stalking ist ein weit verbreitetes Problem) und verringert das Risiko, ungewollt geoutet zu werden.

Andererseits sind die Verdienstmöglichkeiten auf ganz selbständiger Basis natürlich höher. Ein Appartementzimmer o.ä. kostet mehrere hundert Euro die Woche. Alternativ wird ein nicht geringer Prozentsatz des Verdiensts an den Betreiber abgegeben.

Im Endeffekt muss jede Sexarbeiterin selbst entscheiden, wo für sie die optimale Balance zwischen Verdienst/Kosten und dem Service ist, den Betreiber bieten. Ich würde mir wünschen, dass diese Entscheidungen individueller betrachtet und dargestellt würden und nicht ständig alles über einen Kamm geschoren und als positiv/negativ dargestellt wird.