Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Sexarbeiter-Welt (Seite 4 von 7)

Gedanken zum Thema Sexarbeit in Gesesllschaft und Politik

Fairtrade im Bordell

Als Reaktion auf meine Gedanken zu Blauen Flecken bei Sexarbeiterinnen und die Aufmerksamkeit von Kunden (siehe Blog „Peinliche Erklärungen“), schickte mir ein Kunde die Frage/ Denkanregung: „Ist ein ‚fairtrade‘ Prozess für Sexarbeit denkbar? Wenn ja, wie würde dieser aussehen? Wäre so ein ‚fairtrade‘ Prozess/ Label glaubwürdig?“ – als Gesprächsgrundlage bzw mit der Bitte um Stellungnahme. Hier also meine Gedanken dazu:

Ich lege ‚fairtrade‘ jetzt mal so aus, dass es darum geht, sicherzustellen, dass eine Sexarbeiterin diese Arbeit freiwillig macht. Die Frage, aus welcher Motivation heraus sie das macht, werde ich nur am Rande berühren. Es gibt durchaus Menschen, die in Frage stellen, ob es eine Frau gibt, die freiwillig Sexarbeit macht, und die als Grundlage z.B. psychische Traumata vermuten oder übermäßige wirtschaftliche Zwänge. Dieses Thema mit zu behandeln würde jedoch den Rahmen dieses Textes sprengen; vielleicht werde ich zu einem späteren Zeitpunkt darüber schreiben.

2017 trat das Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG) in Kraft, das seitdem von vielen Menschen, die mit Prostituierten zu tun haben, und von diesen selber scharf kritisiert wird. Wie der Name es sagt war es jedoch Absicht dieses Gesetzes, Prosituierte zu schützen – im Zweifelsfall auch vor sich selbst. Hauptaspekte dieses Gesetzes sind eine Erlaubnispflicht für Bordelle, die u.a. ein Sicherheitskonzept und eine Überprüfung des Betreibers beinhaltet, sowie die Registrierung aller Prostituierten und eine verpflichtende Gesundheitsberatung für alle. (Es ist vor allem diese Registrierung, die in der Kritik steht, da sie viele Frauen in die Illegalität gedrängt hat.)

Die Registrierung ist verbunden mit einem Gespräch über die Rechte von Prostituierten gegenüber Betreibern und mit einer Einführung in Sicherheitsaspekte. Wie jede Registrierungsstelle und jede Beamtin das im Detail regelt, bleibt Ihr überlassen. Ich habe diese Registrierung jetzt zwei Mal mitgemacht. Beim ersten Mal war die Beamtin bemüht, aber mit wenig Ahnung von der Materie, und ich war genervt. Beim zweiten Mal war es ein nettes Gespräch über die Frage, wie ich mit dem Corona-Lockdown klarkomme. (Aus anderen Bundesländern habe ich negative Geschichten über inquisitorische Fragen gehört.) Positiv ist anzumerken, dass bei diesen Gesprächen keine Begleitpersonen zugelassen sind und das Amt für ausländische Prostituierte einen Dolmetscher stellt. Theoretisch hat eine Frau also in dieser Situation die Möglichkeit, um Hilfe zu bitten.

Kontrolliert werden kann diese Registrierung jedoch nur vom Ordnungsamt. Ich glaube nicht, dass in Bordellen viele solcher Kontrollen durchgeführt werden. In meiner Zeit im Appartement habe ich es einige Male erlebt, dass Verbindungsbeamte der Polizei sich vorgestellt haben und Visitenkarten verteilt und Hilfe angeboten, und dass Frauen von Beratungsstellen da waren. Das ist ein deutlich niedrigschwelligeres Angebot für Frauen in Not als es die Registrierungsstelle bietet. Alle Frauen, die nicht in offiziellen Bordellen arbeiten, und/ oder häufig den Standort wechseln, fallen durch das Netz dieser Maßnahmen.

Kunden sind nicht berechtigt, eine Sexarbeiterin nach ihrer Registrierung zu fragen. Bei offziellen Bordellen kann davon ausgegangen werden, dass diese angemeldet und die Frauen registriert sind. Im Escort-Bereich ist diese Kontrolle nicht gegeben. Wie stellt eine Kunde also fest, ob eine Frau dieser Tätigkeit freiwillig nachgeht?

Es gibt Menschenhandel und Zwangsprostitution, was Verbrechen sind, die entsprechend verfolgt und bestraft werden sollten. Dies macht aber nur einen sehr kleine Prozentsatz der Frauen in der Prostitution aus. Ein schwieriges Themen sind Frauen aus dem außereuropäischen Ausland (und Osteuropa), die kein Deutsch oder Englisch sprechen – sich hier also nicht verständigen können und auch häufig mit rechtlichen Aspekten nicht auskennen. Hier kann die oben genannte Registrierung helfen, aber viele arbeiten ohne Registrierung . Damit sind sie auf Vermittlungspersonen angewiesen, die sich um Einreise, Unterbringung und Vermittlung kümmern. Es gibt Vermittler, die das fair handeln, und solche, die die Unwissenheit der Frauen ausnutzen. Es mag auch immer wieder der Fall sein, dass die Frau zwar theoretisch weiß auf was sie sich einlässt, die Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten aber so beschönigt wurden, dass sie der Reise nach Deutschland unter falschen Annahmen zugestimmt hat und hier nicht klarkommt.

Falls ein Kunde bei einer Frau das Gefühl hat, dass sie in einer solchen Situation ist, ist es am sinnvollsten den Kontakt zu einer Beratungsstelle oder zur Polizei herzustellen. Viele Beratungsstellen verteilen Flyer (auch in anderen Sprachen), und es gibt Notrufnummern. So etwas wie ein ‚fairtrade“-Siegel, wie es mein Kunde angedacht hat, würde diesen Frauen nicht helfen, da sie wie beim ProstSchG durch Raster fallen würden.

Der Großteil der Frauen in Deutschland machen diese Arbeit freiwillig. Wie gerne sie ihn macht oder ob sie vielleicht lieber aussteigen würde oder zumindeste eine Auszeit bräuchte, steht auf einem anderen Blatt – da werde ich in einem Folgetext drüber schreiben. Theoretisch steht es jeder Frau frei, einfach jederzeit aufzustehen, sich anzuziehen und zu gehen, ohne dass sie jemand davon abhalten würde.

Zwangsberatung vs Beratungsstellen

Im November muss ich immer zur Gesundheitsberatung nach ProstSchG. Das ist seit 2017 vorgeschrieben (ebenso wie alle zwei Jahre die Registrierung). Diesmal war ich in unter zehn Minuten wieder raus. Ich saß einer jungen Sozialpädagogin gegenüber, die sehr nett und bemüht war. Gleichzeitig war ihr aber wohl bewusst, dass das für fast alle Frauen eine Pflichtveranstaltung ist, die sie schnell hinter sich bringen wollen – und wie viel Ahnung sie selber vom Gewerbe hat, kann ich nicht beurteilen.

Ich merke bei diesen Terminen immer, dass ich sehr darauf bedacht bin, mich selbst darzustellen. Alles was ich sage bringt rüber, wie lange ich das schon mache, wie selbstsicher ich bin, was ich alles weiß, worauf ich alles achte… Das ist aber irgendwie nicht Sinn eines Beratungsgesprächs. Da kommt halt zum Tragen, wie wichtig diese Bescheinigung ist, um weiterarbeiten zu können. Wenn ich mich hier verletzlich zeige, vielleicht sogar hilflos oder überfordert, kann das meine berufliche Existenz bedrohen. Ich stelle mir vor, dass das für die Beraterin auf der anderen Seite genauso frustrierend ist wie für die Frauen; es kommt kein echter Kontakt zustande, und eventuelle Hilfsangebote kommmen nicht an.

Ganz anders läuft es im Casa Blanca, einer deutlich älteren Beratungsstelle hier in Hamburg, bei der man anonym bleiben kann. Dort kann ich ehrlich von meinen Gedanken und Problemen erzählen, ohne das darüber geurteilt wird – und auch um Hilfe bitten. Die ganze Absicht des Prostitutionsschutzegesetzes läuft ins Leere durch den Zwang, der durch dieses Gesetz ausgeübt wird. Das Geld hätte man besser in offene Beratungsstellen investiert!

Gerade habe ich gelesen, dass der Bund drei Millionen Euro für Modellprojekte zur Verfügung stellt, die sich mit Ausstiegsberatung für Prostituierte beschäftigen: „Ziel sei die Chancengleichheit ehemaliger Sexarbeiterinnen auf dem regulären Arbeitsmarkt. Der Verein berate die Frauen zu Existenzsicherung, Wohnsituation, körperlicher und seelischer Gesundheit und begleite sie auch bei Behördengängen. Auch ein Bewerbungstraining werde angeboten.“ Jetzt kann man darüber diskutieren, ob Ausstieg immer das Ziel sein sollte oder es manchmal auch einfach anderer Wege bedarf, um besser mit den Herausforderungen in der Sexarbeit umzugehen. Aber eine solche freiwillige, offene Beratung ist auf jeden Fall ein sinnvollerer Weg als der verkrampfte Zwang des Prostitutionsgesetzes – dort der trifft der alte Spruch zu: „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.“

Werbeportale

Nicht viele Sexarbeiterinnen haben eine eigene Homepage, und wenn sie eine haben, ist es schwierig, alleine darüber genügend Kunden zu erreichen. Der Großteil der Werbung läuft über größere Seiten, auf denen die Frauen Anzeigen schalten können bzw Profile erstellen.

Sexarbeiterinnen sind auf diese Seiten angewiesen. In fast jeder Region gibt es so etwas wie einen Marktführer – die eine Seite, auf der man auf jeden Fall landet, wenn man nach einer Sexarbeiterin für die Region sucht. Die Betreiber dieser Seiten sind sich ihrer Position sehr bewusst – und lassen sich das sehr teuer bezahlen. (Bei einer Hamburger Seite habe ich darüber hinaus mal ein Verhalten gegenüber den Frauen erlebt, dass man sich in keiner anderen Branche würde leisten können.)

Immer wieder kommt jemand auf die Idee, auch mit so einer Seite Geld verdienen zu wollen. Eine Seite ist schnell zusammengebastelt. Aber da man nur schwer dem Marktführer Konkurrenz machen kann, wird auch hier mit unfairen Mitteln gearbeitet – in vielen Fällen in Form von kopierten Profilen. Da tauchen Frauen dann auf Seiten auf, auf denen sie nie selber Anzeigen geschaltet haben, und häufig sind die Informationen falsch oder zumindest unvollständig. Das führt zu viel Ärger bei den Frauen und Frust bei den Kunden.

In den letzten Monaten ärgere ich mich vermehrt über einen Betreiber, der zwei Seiten zum Thema Tantra-Massage bzw Erotische Massage hat. Früher hatte ich da mal Werbung geschaltet, was gut lief. Als Massagen bei mir in den Hintergrund traten, habe ich die Anzeigen irgendwann gelöscht. Nun scheint es diesem Anbieter in letzter Zeit nicht gut ergangen zu sein (ob wegen Corona oder aus anderen Gründen kann ich nicht beurteilen). Seine Idee, um trotzdem Geld zu verdienen: Alte Profile von AnbieterInnen hochladen, aber ohne Kontaktinformationen, so dass Kunden eine Mitgliedschaft erwerben müssen. Auch dann gibt es jedoch keine Kontaktinformationen, sondern man kann lediglich über ein internes Mailsystem schreiben. Diese Mails werden natürlich nie beantwortet, denn die Frauen wissen nichts von diesen Anzeigen.

Manchmal versuche ich, Anzeigen mit kopierten Daten löschen zu lassen (falls es mir irgendwie auffällt). In den meisten Fällen bekomme ich keine Antwort und es passiert gar nichts. Ich habe mir auch schon sagen lassen müssen, dass das nicht illegal wäre, da die Daten ja auch an anderer Stelle öffentlich im Internet stehen, und dass ich das demnach hinnehmen müsse.

Sexarbeit nach Corona

Ich habe jetzt schon in mehreren Zeitungsartikeln gelesen, dass viele Sexarbeiterinnen auch nach Corona weiterhin „in der Illegalität arbeiten“ und die offiziellen Bordelle (Laufhäuser, Clubs, Appartements etc) Probleme haben, genügend Frauen zu finden, die dort arbeiten wollen.

Mein erster Gedanke ist dabei, dass Sexarbeit (in Deutschland) nicht illegal ist, auch wenn sie nicht in offiziellen Bordellen ausgeübt wird. Es ist völlig legal, als Escort zu arbeiten und Haus- oder Hotelbesuche zu machen, oder Sexarbeit in der eigenen Wohnung oder im Hotel anzubieten. Während Corona war das illegal, weil es gegen das Prostitutionsverbot der Corona-Maßnahmen verstieß. Dieses Verbot wurde aber mittlerweile aufgehoben und es gelten die Regeln wie vor Corona (plus Hygiene-Auflagen und Nachverfolgungspflicht, die weiterhin gelten, und 2G/3G).

Die Corona-Krise hat unsere Gesellschaft und auch die Sexarbeit verändert, und die längerfristigen Folgen sind noch nicht absehbar. Einige Sexarbeiterinnen haben sich während Corona andere Tätigkeiten gesucht und werden vielleicht nicht in die Sexarbeit zurückkehren. Einige haben während dieser Zeit illegal weitergearbeitet und dabei neue Strukturen geschaffen, aus denen sie nicht in die alten Strukturen zurückkehren (zumindest nicht sofort). Ich bin nicht sicher, ob das wirklich so negativ ist, wie es dargestellt wird.

Bordelle werben mit einer erhöhten Sicherheit für die Frauen. Das ist richtig, man arbeitet nie alleine und hat immer Hilfe vor Ort, wenn es Probleme mit einem Kunden gibt. Außerdem ermöglichen Bordelle es denn Frauen, gegenüber den Kunden absolut anonym zu bleiben; das ist auch ein Sicherheitsfaktor (Stalking ist ein weit verbreitetes Problem) und verringert das Risiko, ungewollt geoutet zu werden.

Andererseits sind die Verdienstmöglichkeiten auf ganz selbständiger Basis natürlich höher. Ein Appartementzimmer o.ä. kostet mehrere hundert Euro die Woche. Alternativ wird ein nicht geringer Prozentsatz des Verdiensts an den Betreiber abgegeben.

Im Endeffekt muss jede Sexarbeiterin selbst entscheiden, wo für sie die optimale Balance zwischen Verdienst/Kosten und dem Service ist, den Betreiber bieten. Ich würde mir wünschen, dass diese Entscheidungen individueller betrachtet und dargestellt würden und nicht ständig alles über einen Kamm geschoren und als positiv/negativ dargestellt wird.

Körpernahe Dienstleistungen

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Seit Beginn der Corona-Pandemie kämpfen Prostituierte darum, mit anderen körpernahen Dienstleistungen gleichgestellt zu werden. Besonders hier in Hamburg war Prostitution bisher sehr viel länger verboten als andere körpernahe Dienstleistungen wie z.B. Massagen. 

Manche Frauen haben das als Schlupfloch genutzt und statt erotischen Treffen Wellness-Massagen angeboten (zumindest offiziell, was hinter verschlossenen Türen geschieht ist wohl eine andere Sache). Für offiziell angemeldete Prostitutionsstätten (Appartements, Clubs etc) war das jedoch schwierig, da manchmal eine Umwidmung des Gewerbes verlangt wurde. 

In Hamburg werden ab Samstag 22.5. wieder körpernahe Dienstleistungen erlaubt sein. Noch gibt es auf der Seite der Stadt keine offizielle Auflistung über die neue Verordnung. Ich befürchte aber, dass Prostitution wieder seperat behandelt wird. Viele Frauen brauchen also auch weiterhin einen Ausweichplan – seien es Massagen oder etwas ganz anderes. 

Das Rotlicht

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Einige Branchen leiden mehr unter den Corona-Maßnahmen als andere, und Sexarbeit ist mit am meisten betroffen. In den Medien ist dabei häufig vom „Rotlicht“ die Rede, und auch auf Demonstrationen und Veranstaltungen von Sexarbeiterinnen und Betreibern wird dieser Begriff häufig benutzt. Was genau ist „das Rotlicht“?

Klassisch betrachtet ist das Rotlicht der Bereich einer Stadt, in dem (meist mehrere) Bordelle stehen und/ oder Frauen auf der Straße ihre Dienste anbieten. Genau dieser Bereich ist es auch, der in der Öffentlichkeit (z.B. in den Medien) immer wieder auftaucht, manchmal in Form einzelner Sexarbeiterinnen, häufig in Form von Betreibern von Bordellen u.ä.

Das ist insofern logisch, da diese Menschen hauptberuflich mit Sexarbeit ihr Geld verdienen (direkt oder indirekt) und jetzt finanziell am härtesten vom Lockdown betroffen sind. Auch müssen sie nur selten auf Arbeitgeber, Familie o.ä. Rücksicht nehmen. In diesem Sinne bin ich dankbar für alle, die unserer Branche ein Gesicht geben und sich in der Öffentlichkeit und politisch engagieren!

Sexarbeit ist mittlerweile jedoch viel breiter gefächert . Sehr viele Sexarbeiterinnen machen das nur zeitweise oder nur nebenbei, und es arbeiten auch längst nicht mehr alle in Bordellen oder auf der Straße, sondern viele sind unabhängig als Escort oder in Termin- oder Privatwohnungen tätig.

In der Öffentlichkeit überwiegt immer noch das Bild des Bordellbetreibers, der Geld mit „seinen Mädchen“ verdient. Das ist sehr nah dran am Zuhälter und ruft damit die Prostitutionsgegner auf den Plan. Dieses Bild ist aber falsch! Bordellbetreiber bieten eine Dienstleistung für die arbeitenden Frauen und garantieren ihre Sicherheit und Anonymität. Man kann natürlich immer über Details diskutieren (Preise, Weisungsgebundenheit), aber die wenigsten Frauen sind so abhängig wie es häufig dargestellt wird.

Insofern ist es eher eine negative Entwicklung, dass in der jetzigen Situation das klassische Rotlicht wieder mehr ins Licht der Öffentlichkeit rückt und die Vielfalt von Sexarbeit nur am Rande erwähnt wird. Das spiegelt sich auch in den aktuell zunehmenden Bemühungen, das „Nordische Modell“ in Deutschland einzuführen.

Alternative Berufsmöglichkeiten

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Im November hat der BesD (Berufsverband Sexarbeit) anlässlich des zweiten Lockdowns erneut um Spenden gebeten für Sexarbeiterinnen, die durch das Berufsverbot in Not geraten sind. Unter dem Artikel in den sozialen Medien sammelten sich in kürzester Zeit eine Vielzahl von hämischen Kommentaren. Männer boten „Sperma-Spenden“ an, während Frauens sich eher darüber ausließen, dass „die halt was vernünftiges hätten lernen sollen“ oder dass „in der Pflege immer Leute gesucht würden“ oder „die ja putzen gehen können“.

Nun sind Sexarbeiterinnen nicht die einzigen, die von Berufsverboten betroffen sind, und ich frage mich schon, ob z.B. Kosmetikerinnen ähnlich hämische Kommentare ernten würden, wenn sie von ihrer Notlage berichten. (Viele Solo-Selbständige fallen durchs Raster der Hilfen und können höchstens noch ALG II/ Hartz IV beantragen.)

Es ist ein weit verbreitetes Vorurteil, dass Sexarbeiterinnen in diesem Beruf landen, weil sie keine anderen Möglichkeiten hätten. Die meisten haben sehr wohl andere Möglichkeiten – meist auch über Putzen oder andere Jobs im Niedrigstlohnbereich hinaus. Nur: Sie haben sich für die Sexarbeit entschieden, und in normalen Zeiten verdienen sie ihren Lebensunterhalt damit, ohne „der Gesellschaft zur Last zu fallen“.

Im Jahr 2020 ist leider nichts normal, und in vielen Berufen fallen Selbständige durch Berufsverbote plötzlich ins Nichts. Hilfen sind unzureichend, und den meisten Menschen fällt es schwer, ihren Lebensstandard von einem Monat auf den nächsten so weit runterzuschrauben, dass sie mit deutlich weniger Geld auskommen (Verträge sind zu erfüllen, Mieten zu bezahlen…).

Jetzt von all diesen Menschen zu fordern, dass sie sich „halt was anderes suchen müssen“, geht meiner Meinung nach völlig an der Situation vorbei. Selbst die Branchen, die nicht direkt vom Lockdown betroffen sind, sind zur Zeit sehr zurückhaltend mit Neueinstellungen (selbst vorhandene Mitarbeiter sind häufig in Kurzarbeit). Und mal eben eine Umschulung machen? Das dauert meist Jahre – Zeit, die derjenige dann auch irgendwie überbrücken müsste.

Die meisten dieser Menschen wollen ja eigentlich gar keinen anderen Job. Sie hoffen immer noch darauf, dass das Leben sich irgendwann wieder normalisiert und sie in ihre gewohnte Tätigkeit zurückkönnen – z.B. wieder in einem Bordell arbeiten. Bis dahin versuchen sie, sich irgendwie über Wasser zu halten – wenn es geht mit Aushilfsjobs, sonst halt mit staatlicher Unterstützung. (Meiner Meinung nach ist es völlig angebracht, dass der Staat Ausfallgeld zahlt, wenn er für ansonsten legale Berufe ein zeitweises Berufsverbot verhängt.)

Ich würde mir auch für Sexarbeiterinnen etwas mehr Verständnis und Mitgefühl wünschen in der jetzigen Situation (so, wie wir es auch für z.B. Gastronomen und Künstler aufbringen) statt Spott und Häme. Eine Gesellschaft besteht aus deutlich mehr als dem, was gerade als „systemrelevant“ angesehen wird. Wem steht es zu, über die Berufsentscheidungen anderer Menschen zu urteilen?

Sexarbeit im Hotel

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Gestern habe ich einen Artikel gelesen, in dem es darum ging, dass jetzt (in Zeiten des Corona-Verbots) viele Sexarbeitende ihre Dienste in Hotels anbieten würden, häufig mit Wissen der Hotelbetreiber, und sich in einigen Hotels ganze Flügel als illegale Bordelle etabliert hätten.

Ich war sehr erstaunt darüber, denn bis jetzt hatte ich eher den Eindruck, dass die Hotel-Branche es sehr ungern sieht, wenn ihre Zimmer rein für Sex genutzt werden. (Das gilt nicht nur für Sexarbeit, sondern auch für private Swingerpartys.) Escorts werden in Hotels meist geduldet, aber gerne gesehen werden sie nicht. Ich mache eh nicht gerne Hotelbesuche, aber im Moment hätte ich echt Angst, von einem übereifrigen Hotelmitarbeiter angeschwärzt zu werden. (Seien wir ehrlich: Wir geben uns Mühe diskret zu sein, aber wer darauf achtet, kann leicht den Unterschied zwischen einer mitreisenden Begleiterin oder einem Date und einem Escort erkennen.)

Hier auf Kaufmich habe ich vor Corona mal gelesen, dass manche Escorts ihre Touren nicht in Appartements, sondern in Hotels planen. Da stellten sich mir dann zwei Fragen: Wenn man mehr als ein oder zwei Gäste am Tag hat (was bei Touren ja Sinn der Sache ist), fällt das schnell auf und frau läuft Gefahr, aus dem Hotel geworfen zu werden. Und: Wie macht sie das mit Bettwäsche und Handtüchern? Die Hotels, in denen ich im Urlaub absteige, haben maximal zwei Sets Handtücher im Bad. Ich lege schon Wert darauf, dass jeder Kunde ein sauberes Handtuch hat, und wenn ich nach jedem Termin dusche, komme ich mit einem Handtuch am Tag auch nicht sehr weit. Auch bin ich kein Fan davon, einfach ein Handtuch unterzulegen, sondern ziehe lieber nach jedem Termin ein frisches Laken aufs Bett.

Alles in allem scheinen mit Hotels also keine ideale Arbeitsumgebung (außer vielleicht für einen langen Abend mit einem Kunden oder ein Overnight). Wenn der oben erwähnte Artikel recht hat (wovon ich ausgehe), laufen diese Hotels außerdem Gefahr, bald Ziel einer Razzia zu werden. Das kostet die Frauen dann Strafe und gibt für die Hotelbetreiber evtl sogar Ärger wegen Betrieb eines illegalen Bordells.

„Gerade sehr gefragt“

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Heute Morgen ist mir zum ersten Mal die goldene Flamme auf meinem Profil aufgefallen. Sie steht dafür, dass mein Profil „gerade sehr gefragt“ ist, ich also überdurchschnittlich viele Mail als Erstkontakte hatte und Klicks auf meine Telefonnummer.

Das sagt im Moment wohl eher etwas darüber aus, wie wenig hier auf Kaufmich los ist. Noch viel weniger Frauen schreiben Blogs, daher habe ich relativ viele Profilbesuche.

Ich bin immer wieder erstaunt, wenn sich Frauen hier im Blog darüber auslassen, dass es für sie unmöglich ist, alle Nachrichten zu beantworten, da dass zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Mir ist das noch nie passiert.

Gestern habe ich hier mit sieben Männern geschrieben und hatte drei Anrufe. Auch außerhalb von Corona wäre das für mich der Durchschnitt an Kontakten, eher sogar ein guter Tag. Natürlich führt nicht jeder Kontakt auch zu einem Termin.

Als ich Vollzeit Sexarbeit gemacht habe, hatte ich 8-12 Termine in der Woche. Als Nebenjob plane ich nur noch so 4-6 Dates die Woche. Da kann ich gut von leben, aber reich werde ich damit nicht.

Corona als Ausstieg

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Gestern habe ich Fotos gesehen von einer Frau, mit der ich mal im selben Appartement gearbeitet habe. Sie hatte Fotos machen lassen im Business-Outfit, ganz seriös, um damit Werbung für eine neue Tätigkeit zu machen.

Sexarbeit ist seit über drei Monaten verboten und wird es wohl noch für viele Monate sein. Viele Frauen fangen spätestens jetzt an, sich nach alternativen Einkommensmöglichkeiten umzusehen. Eine Freundin von mir gibt wieder Wellness-Massagen, obwohl sie jahrelang betont hat, da überhaupt keinen Nerv mehr drauf zu haben. Sie wird später zur Sexarbeit zurückkehren – aber wie viele Frauen werden das nicht mehr tun?

Ich bin gerade auch an dem Punkt. Mein Nebenjob, mit dem ich die Corona-Zeit überbrücken wollte, dümpelt so vor sich hin und wird mich wohl nicht mehr weit bringen. Sexarbeit geht noch für eine ganze Weile nicht. Wenn ich mich jetzt neu orientiere, ein Konzept erstelle, Bewerbungen schreibe – wieviel Sinn macht das, und gehe ich dann wirklich in ein paar Monaten zurück?

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