Für mich hat das neue Jahr etwas anders begonnen, als ich es mir gewünscht hätte. Meine letzte Woche war ziemlich voll, und irgendwie scheint dabei meine Konzentration und/ oder mein Glück auf der Strecke geblieben zu sein.
Am Dienstag bin ich von meinem Pferd gefallen (was eigentlich unmöglich sein sollte, so bequem wie er ist). Das Problem war nicht mal das runterfallen, sondern dass ich erst nach vorne auf den Hals gefallen bin und dabei der Schirm meines Reithelms abgebrochen ist. Direkt nach dem Sturz bin ich aufgestanden und wieder aufgestiegen, mit nur einer leichten Schwellung an der rechten Augenbraue. Im Laufe der folgenden Nacht ist diese Schwellung dann ins Augenlid geblutet, das jetzt geschwollen war – und dunkelblau verfärbt.
Als Sexarbeiterin ein blaues Auge zu haben, ist so ziemlich das Blödeste was passieren kann. Man wird sofort mit den üblichen Vorurteilen konfrontiert, von wegen gewalttätiger Zuhälter. Mein Freund hat da noch Scherze drüber gemacht, aber ich fand das gar nicht so lustig.
Es war dann nicht so schlimm wie erwartet. Direkt aufgefallen und darauf angesprochen hat mich nur ein einziger Kunde; den meisten fiel die dunkle Färbung im Schummerlicht meiner Wohnung gar nicht auf oder sie buchten es unter „verunglücktes Make-Up“. Sechs Tage später, als es schon nicht mehr so schlimm aussah, hatte ich einen Termin bei meiner Hausärztin. Die sah es auf den ersten Blick und sprach mich an: „Wer hat sie denn geschlagen?“ Da waren wohl doch die Vorurteile aktiv…
Um den unglücklichen Start in die Woche abzuschließen, ist mir am Freitagabend die Kette an meinem Fahrrad gerissen, was auch fast zu einem Sturz geführt hätte. Ich konnte mich fangen, bin aber mit der Wade auf die Pedale und mit den Hintern auf die Vorderkante des Sattels gefallen, was beides böse blaue Flecken verursacht hat (die meinen Kunden deutlich mehr auffallen als das blaue Augenlid).
Im Englischen sagt man: „She seems to be accident prone all of a sudden.“ („Sie scheint plötzlicher sehr unfallgefährdet zu sein.“) und fragt damit indirekt, ob es ein Problem mit Beziehungsgewalt gibt. Ich finde es gut, dass die Aufmerksamkeit dafür in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat und gerade medizinisches Personal geschult wird, darauf zu achten.
In meinem Leben hatte ich nie einen Partner, der gewalttätig war. Wohl aber immer mal wieder Phasen, in denen ich zu kleineren Unfällen neigte, einfach durch Pech oder durch stressbedingten Mangel an Konzentration. Es ist also für mich ein Zeichen, mich etwas zurückzunehmen, mehr zu schlafen und mich in Achtsamkeit zu üben.
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