Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Monat: April 2019

Auf Termin

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Ostermontag habe ich am Nachmittag eine Massage gegeben. Der Kunde erkundigte sich mehrmals, ob ich jetzt extra wegen ihm ins Appartement gefahren sei; als ich das bejahte, schien es ihm unangenehm zu sein. Dazu bestand natürlich überhaupt kein Grund!

Es ist meine Arbeit, für die ich gut bezahlt werde – da gehört dann etwas Einsatz dazu. Zumal ich nicht so weit weg wohne, es also kein Problem ist, mal kurz reinzufahren. (An diesem Tag hatte ich es sogar noch mit einer schönen Fahrradtour durch die Boberger Dünen verbunden.)

Mit einer Kollegin diskutiere ich immer wieder darüber, ob es nicht sinnvoll ist, zu bestimmten Zeiten im Appartement zu sein und in dieser Zeit auch spontane Termine anzunehmen. Meine Erfahrung spricht dagegen: So kurzfristige Terminanfragen (unter einer Stunde Vorlauf) habe ich nur eine handvoll Male im Jahr. Im Gegensatz dazu steht, dass mich das Rumsitzen im Appartement total frustriert. Theoretisch könnte ich lesen oder schreiben, aber praktisch kann ich mich dort nicht konzentrieren und schlage im Endeffekt nur Zeit tot.

Manchmal verbringe ich trotzdem Nachmittage im Appartement, klöne mit Kolleginnen oder sehe fern. Aber ich bin motivierter und besser drauf, wenn ich nur auf Termin reinfahre – und das merken natürlich auch meine Kunden.

Feuerwehreinsatz

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Gründonnerstag hatte ich erst spät einen Termin und habe ausgiebig das schöne Wetter genossen, bevor ich nachmittags mit dem Fahrrad ins Appartement gefahren bin.

Ich war geduscht, leger gekleidet un dabei, mir die Nägel zu lackieren, als eine Kollegin ins Zimmer kam: „Feuerwehreinsatz, wir müssen das Gebäude räumen!“ Ich zog eine Jacke über, schlüpfte in Ballerinas und steckte das Handy in die Jackentasche.

Als wir draußen auf der Straße standen, hieß es, das sei nur eine Sache von einer halben Stunde, also machte ich mir noch keine Sorgen – bis zu meinem Termin hatte ich noch eine Stunde. Doch nach 20 Minuten wurde klar, dass es wohl länger dauern würde. Ich versuchte, meinen Kunden zu erreichen, doch sein Telefon war aus.

Inzwischen hatten wir reichlich Gelegenheit, die Nachbarn kennenzulernen, die genauso wie wir vor der Polizeiabsperrung standen. Jemand aus der betroffenen Firma erklärte uns ausführlich, dass Aluminiumsulfat sich selbst entzündet hätte und dabei giftige Dämpfe entstünden, deswegen das Großaufgebot der Feuerwehr.

Mein Gast rief mich an, als er an der Polizeisperre zwei Straßen weiter nicht weiterkam, und es blieb mir nichts anderes als auf höhere Gewalt zu verweisen und den Termin auf zwei Tage später zu verschieben. Mittlerweile wurde es langsam kalt und die Stimmung kippte Richtung Gereiztheit. Ich war für den Abend verabredet und hatte auch einfach keine Lust mehr, halb angezogen und ungeschminkt auf der Straße rumzustehen und mir Gedanken über die Gedanken der Männer um mich her zu machen.

Im Endeffekt standen wir über drei Stunden auf der Straße, bevor die Absperrung aufgehoben wurde und wir wieder ins Appartement durften. Bis dahin hatte sich nicht nur der Termin, sondern auch meine Abendplanung erledigt. Ich zog mich an, machte eine kleine Fahrradtour nach Hause und versuchte, mein Stimmung in einer heißen Badewanne wieder anzuheben.

Abschied II

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Vor einigen Tagen habe ich hier von dem bewussten Abschied eines Kunden gesprochen, der sich aus dem Paysex zurückgezogen hat. Beim Schreiben musste ich an eine andere Begegnung denken, die schon viele Jahre zurückliegt und von der ich heute erzählen möchte.

Damals gab ich noch Tantra-Massagen. Als dieser Kunde das erste Mal zu mir kam, war er schon deutlich von der Parkinson-Krankheit gezeichnet. (Später stellte ich fest, dass er sehr viel jünger war als ich ihn geschätzt hatte.) Er nahm sich immer viel Zeit für seine Besuche bei mir. Wir begannen mit einem Picknick aus Obst und Süßigkeiten. Dann duschte ich ihn, wusch zärtlich den ganzen Körper, während er sich auf mich stützte. Nach einer langen Massage lagen wir dann beeinander und kuschelten.

Nach etwa einem Jahr fragte er mich, ob ich ihn vielleicht bei ihm zu Hause besuchen könnte. Er wusste, dass ich eigentlich keine Hausbesuche machte, aber seine Krankheit schritt schnell voran, und er war einfach nicht mehr mobil genug, um zu mir zu kommen. Ich war dann noch zwei Mal bei ihm, bevor er sich nicht mehr meldete.

Einige Monate später fand ich eine Todesfall-Karte in meinem Briefkasten. Im ersten Moment konnte ich den Namen nicht einordnen, doch dann fiel er mir wieder ein. Bis heute bin ich bei dem Gedanken berührt, dass ich in seinem Leben wichtig genug war, um meine Daten bei seinen Angehörigen für die Benachrichtigung zu hinterlegen.

Diese Begegnung war eine von denen, die meine Einstellung zu dieser Arbeit stark geprägt haben.

Abschied

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


In der Sexarbeit sind bewusste Abschiede selten. Anbieterinnen hören häufig von einem Tag auf den anderen auf und verschwinden von der Bildfläche (für immer oder um einige Monate später wieder aufzutauchen). Kunden verabschieden sich nicht, sondern buchen einfach keinen neuen Termin. Bei einigen Stammkunden, gerade wenn sie eine Zeit lang sehr häufig da sind, kann ich merken, wie es auseinandergeht; die Termine werden seltener und seltener und hören dann ganz auf. Bei anderen fällt mir manchmal erst nach Monaten auf, dass er lange nicht mehr bei mir war.

Vor zwei Wochen hat sich jemand bewusst von mir verabschiedet. Er war in den letzten Monaten vier oder fünf Mal bei mir, für längere Termine, die er sorgfältig plante. Diesmal eröffnete er unser Treffen mit den Worten, dass es das letzte sei (und im Gegensatz zu anderen Ankündigungen dieser Art glaubte ich ihm). Seine Begründung rührte mich: Er will seine Frau nicht mehr belügen, keine Ausreden mehr finden, und es sei ja auch gemeinsames Geld, das er ausgeben würde. Für ihn waren die letzten Monate in der Welt des Paysex ein Ausflug, von dem er jetzt nach Hause zurückkehrte.

Ich habe höchsten Respekt für ihn, fühle mich geehrt und bin dankbar für unsere Begegnungen – und wünsche ihm für seine Zukunft alles Gute!

Die Macht der Worte

Dies ist eine Kopie, der Text wurde ursprünglich veröffenlicht auf meinem Profil „TraumfrauHH“ bei kaufmich.com.


Er ist ein Stammkunde von mir. Wir kennen uns schon einige Zeit und haben eine gute Zeit zusammen. Manchmal ist es einfach Entspannungszeit, aber manchmal erzählt er auch, meist von dem Stress, den er auf der Arbeit hat.

Beim letzten Mal hat er das zweite Mal eine Formulierung genutzt, die mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf geht: „Aber dazu bist du ja nicht da!“ Ich weiß nicht mal mehr genau, worum es ging, und das ist auch nicht wichtig – es war nicht abwertend gemeint, sondern in seinen Augen einfach eine Feststellung.

Klar, ich bin hier im Appartement, weil ich eine Dienstleistung anbiete und damit eine Funktion erfülle. Aber ich bin trotzdem ein Mensch, und ich finde, man sollte Menschen nie auf eine Funktion reduzieren – nicht in großen Unternehmen, nicht nach Berufen, und erst recht nicht in Begegnungen!

Der Dalai Lama brachte es einmal sehr schön auf den Punkt: „Menschen wurden erschaffen, um geliebt zu werden, und Dinge wurden geschaffen, um benutzt zu werden. Das Problem in unserer heutigen Zeit ist, dass Dinge geliebt werden und Menschen benutzt.“ Nun erwarte ich keine Liebe, aber Respekt und Menschlichkeit halt ich durchaus für angebracht.

Häufiger ist das ein Thema bei Anrufen. Da gibt es Formuliereungen, die keine Frau in diesem Job gerne hört und die bei der ein oder anderen zu Hinweisen oder gar einer sofortigen Absage führen. Natürlich ist es legitim, anzurufen und sich nach Service und Preisen zu erkundigen. Aber bitte nicht so:

– „Was kostet du denn?“
(Ich stehe nicht zum Verkauf, Sklaverei ist weltweit verboten. Du kannst nur einen Service bei mir buchen.)
– „Ich habe gehört, dich kann man mieten?“
(Nein, ich bin kein Gegenstand, der vermietet wird und bei dem Schäden versichert sind.)
– „Was kann man denn mit dir alles machen?“
(Du kannst etwas mit mir erleben, aber etwas passiv über mich ergehen zu lassen gehört nicht zu meiner Vorstellung von Erotik.)

Grenzwertig finde ich auch:
– „Was machst du denn alles?“
Diese Frage ist so allgemein, dass ich da ewig was zu erzählen kann – bis der Anrufer die Geduld verliert und wir beide pampig werden. Ich kann ja verstehen, wenn jemand keine Lust hat Anzeigen zu lesen – aber dann frage mich einfach konkret nach dem was du erleben möchtest!

Generell mögen alle Frauen, wenn der Eindruck vermittelt wird, dass der Anrufer etwas mit ihr erleben möchte – und nicht nur beliebig alle Anzeigen im Internet durchtelefoniert, weil für ihn alle Frauen gleich und somit austauschbar sind. Das sind sie auch in der Sexarbeit nicht!