Vor kurzem hat mich ein Kunde vor unserem Termin (sehr freundlich) darum gebeten, doch bitte darauf zu achten, mich frisch zu rasieren, da es beim letzten Mal etwas stachelig gewesen sei. Ich fühlte mich ein bisschen ertappt und kam der Bitte natürlich gerne nach.
Die meisten meiner Kunden kommen gerade deswegen zu mir, weil sie meine Natürlichkeit lieben. Doch was genau heißt eigentlich natürlich? Im Sommer bin ich meist ungeschminkt, und auch jetzt schminke ich oft nur ein wenig die Augen. Zum Glück habe ich relativ reine Haut und selten das Bedürfnis, mich deutlich zu schminken. Auf Social Media folge ich einer Sexarbeiterin, die deutlich mehr Hautprobleme hat und diese mit einer dicken Schicht MakeUp überschminkt (was zumindest online richtig gut aussieht). Ich frage mich nur immer, wie ihr MakeUp wohl intensives Schmusen oder gar Spiele mit Öl überstehen würde… meines tut das nämlich so gut wie nie.
Manchmal, wenn ich mich im Spiegel sehe oder auf Schnappschüssen, sehe ich in meinem Gesicht langsam mein Alter. Die Falten auf der Stirn bei intensiven Blicken, die nicht mehr sofort weggehen, oder bei Müdigkeit Spuren um Augen und Mund. Viele Frauen, die oft deutlich jünger sind als ich, bekämpfen das konsequent mit Botox und Co. Ich habe ehrlich gesagt Angst, dass es nicht so wird wie erwartet, und ich mag auch meine Mimik und möchte die nicht glattbügeln. Also doch mehr MakeUp, oder einfach mehr Schlaf und Kosmetik?
Zurück zum Anfang des Textes, manchmal unterschätze ich auch nach so vielen Jahren noch, wie viel Zeit ich für all diese kleinen Dinge brauche: duschen, rasieren, cremen, ein wenig MakeUp – und plötzlich bin ich spät dran und irgendwas bleibt auf der Strecke. So laufe ich seit meinem Urlaub mit unlackierten Nägeln rum, weil ich das ständig vergesse. Ich hoffe dann einfach, dass meine Kunden mit so viel Natürlichkeit leben können.
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