Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Gedanken (Seite 6 von 11)

Gedanken zu verschiedenen Themen im Rahmen der Sexarbeit

Klare Ansagen

In den letzten Wochen frage ich mich immer wieder, warum so viele Menschen nicht in der Lage sind, klare Ansagen zu machen und Absprachen zu treffen. Meine Branche ist da bekannt für, für ewiges hin und her schreiben und unklare Absprachen, aber auch im Rest meines Lebens erlebe ich das mehr und mehr.

Seit Anfang des Jahres versuche ich, für mein Pferd einen Sattler zu bekommen. Der erste Termin war problemlos, Termin telefonisch vereinbart und auch eingehalten. Der Sattler stellte fest, dass ich einen neuen Sattel bräuchte, und versprach, mich am nächsten Morgen anzurufen, um mir ein Angebot zu machen. Ich habe drei Tage auf den Anruf gewartet, dann versucht ihn anzurufen, um Rückruf gebeten, ein paar Tage später noch mal eine Nachricht geschrieben, nach einer Woche noch mal – und nie wieder etwas gehört. Was war denn so schwer daran, einfach zu sagen: „Tut mir leid, ich habe nichts Passendes.“?!

Termin mit einer neuen Sattlerin gemacht. Den hat sie dann zwei Stunden vorher abgesagt. Bis zum nächsten Termin habe ich sie drei Mal angeschrieben. Jetzt warte ich auf den zweiten Termin; zwischen den Antworten auf Nachrichten liegen jeweils 3-7 Tage…

Ähnliches erlebe ich bei meiner Arbeit. Anfragen mit „Hej, wie geht’s?“ sind ziemlich regelmäßig. Kontakte, die sich über Wochen hinziehen, ohne das irgendwas gesagt wird. Kurzfristige Anfragen, bei denen derjenige sich dann sofort wieder ausloggt und erst Tage später wieder online geht. Warum ruft man nicht einfach kurz an? Terminanfragen, die dann weder bestätigt und abgesagt werden.

Ausnahmen bestätigen die Regel, ich habe natürlich auch jede Menge zuverlässiger Stammkunden. Trotzdem gibt es Zeiten wie diese, in denen ich einfach nur genervt bin.

Stress und Sex

„It was never „just sex“. Even the fastest, dirtiest, most impersonal screw was about more then sex. It was about connection. It was about looking at another human being and seeing your own loneliness and neediness reflected back. It was recognising that together you had the power to temporarily banish that sense of isolation. It was about experiencing what it was to be human at the basest, most instinctive level.“

Nicht immer geht es beim Sex um Sex. Anders ausgedrückt: Oft haben Menschen Sex aus anderen Gründen als Erotik. Sex wird ein Mittel zum Zweck: um Stress abzubauen, um Nähe zu spüren, um Einsamkeit zu bekämpfen, um Frust abzubauen, als Mittel gegen Traurigkeit – generell gibt es kein Gefühl, dass man nicht mit Sex ausdrücken oder unterdrücken kann.

In der letzten Woche ist die Stimmung bei vielen Menschen umgeschlagen. Von Freude oder Verunsicherung über die anstehenden Lockerungen der Corona-Maßnahmen verschob sich der Schwerpunkt auf die Geschehnisse in der Ukraine. Krieg in Europa, nach 70 Jahren Frieden – das macht Angst, Unsicherheit, Entsetzen.

Einer meiner Stammkunden hat Verwandte sowohl in der Ukraine als auch in Russland. Sonntag war er bei mir, und die Anspannung war ihm anzumerken. Sex war da ein Ventil, um Stress abzubauen, runterzukommen, sich abzulenken. Ich finde das legitim und stehe gerne für solche Treffen zur Verfügung.

Ich wehre mich immer wieder gegen die Ansicht, dass Sex lediglich ein Ausdruck von Liebe und Begehren sein darf. Sex kann so viel mehr sein! Sex ist ein ursprünglicher Ausdruck von Menschlichkeit und Leben! Erlauben wir uns doch, alle Facetten und Gefühle zu erforschen.

(Das Zitat stammt aus dem Roman „Taming the Beast“ von Emily Maguire.)


Ein ähnlicher Text von mir ist „Trost finden“ vom 25.11.2015.

Anonymität und Sicherheit

Vorgestern führte ich mal wieder diese Diskussion: „Ja, ich kann dann. Ruf mich bitte an, um den Termin fest zu vereinbaren.“ – „Können wir das nicht hier im Internet absprechen? Es darf auf keinen Fall jemand davon erfahren, deswegen will ich nicht dass du meine Telefonnummer hast.“ – „Dann wird nichts daraus, ich gebe meine Adresse nicht raus, wenn ich keine Telefonnummer habe.“

Ein paar Gedanken dazu: Ich kann verstehen, dass die meisten Männer nicht wollen, dass jemand von ihren Besuchen bei Prostituierten weiß. Selbst wenn keine Ehe/ Beziehung auf dem Spiel steht (was häufig der Fall ist), ist das doch für Kunden ebenso ein Stigma wie für Anbieterinnen, verbunden mit vielen Vorurteilen und Klischees. Also versucht man, so anonym wie irgend möglich zu bleiben, um die Kontrolle darüber zu behalten.

Früher hab ich in so einem Fall immer vorgeschlagen, doch besser in einen Club, Laufhaus o.ä. zu gehen, da man dort problemlos absolut anonym bleiben kann und das außerdem auch spontan möglich ist. Mit der Corona-Nachverfolgung ist es nicht mehr so einfach – wird sich aber wohl bald wieder ändern.

Auf der Timeline einer amerikanischen Sexarbeiterin habe ich mal eine Meme gesehen mit folgendem Text: “ I expect her to trust me with her life but I don’t trust her with my data.“ („Ich erwarte, dass sie mir ihr Leben anvertraut, aber ich vertraue ihr nicht meine Daten an.“). Genau das ist das Problem: Ich arbeite nicht mehr in einem Club oder Appartement, wo ich fast immer Kolleginnen im Nebenzimmer habe. Es ist immer ein erhöhtes Risiko, mit einem Fremden allein in einer Wohnung zu sein.

Ich erwarte keine ausführlichen Daten, sondern lediglich einen Vornamen und eine Handynummer. Da bleibt ein ziemlich hohes Risiko, aber das Gefühl ist einfach ein anderes für mich als wenn ich jemanden absolut anonym treffe – und für meine Kunden auch. Vertrauen ist keine Einbahnstraße, erst recht nicht zwischen Fremden, und es muss jeder ein kleines Stück aus seiner Komfortzone raus, damit es funktionieren kann.

Diskretion gehört zum Geschäft jeder Sexarbeiterin. Was haben wir davon, unsere Kunden in Schwierigkeiten zu bringen?! Der Ruf ist schnell ruiniert, und das ist für uns stark geschäftsschädigend. Die meisten Sexarbeiterinnen leben von Stammkunden, und die schafft man sich garantiert nicht, wenn man nicht diskret sein kann oder will.

Nebenbei denke ich ab und zu an meine Kindheit, in der es nur Festnetznummern gab und man auch mal die Büronummer rausgegeben hat und sich dabei noch viel mehr auf die Diskretion einer Escort verlassen musste. Heute kann man auf fast jedem Handy Nummern blockieren, oder man legt sich gleich ein günstiges Prepaid-Handy zu für solche Kontakte.

Warum ich massiere

Massage ist für mich…

… Meditation, Tanz, Hingabe, Flow

… etwas absolut Sinnliches und Lustvolles

… ein Vertrauensbeweis bzw. sogar Vertrauensvorschuß desjenigen, den ich massiere

… eine Möglichkeit, viel über denjenigen zu erfahren, den ich massiere

… immer wieder neu und aufregend

… eine Möglichkeit, mich ständig weiterzuentwickeln

… definitiv kein Vorspiel zu was-auch-immer, sondern eigenständig wertvoll

Grenzen wahrnehmen

Es wird viel über Grenzen geredet, vor allem über die Grenzen der Anbieterin, und darüber, wie sie diese durchsetzt. Dabei wird aber häufig der Schritt davor übersehen: Bevor ich mir Gedanken mache, wie ich meine Grenzen durchsetze, muss ich erst einmal herausfinden, wo genau sie liegen.

Es gibt Grenzen, die ergeben sich fast von selbst, weil sie so logisch sind: Kein AO. Dem Kunden keinen vollen Realnamen geben oder andere Daten, die meine Anonymität gefährden (wobei es bei mir mittlerweile durchaus Kunden gibt,die meinen vollen Namen kennen und wissen, was ich sonst so mache). Keine Techniken, die ich schmerzhaft oder ekelig finde.

Danach wird es aber schnell schwammig. Zum Beispiel hat jede Frau individuelle Grenzen, wann ihr ein Pay-Date zu nah wird. Bei vielen sind das körperliche Dinge: Nicht Küssen. Kein „Nachkuscheln“. Nicht lecken lassen. Oder auch: Nichts Privates erzählen. Auch nichts von Leben der Kunden wissen wollen. Bei mir sind es zeitliche und räumliche Grenzen: Kein Escort (Essen gehen o.ä.). Kein Overnight. Treffen nur im Appartement.

Manchmal passiert es aber auch, dass mir erst nach einem Date bewusst wird, dass mir etwas zu viel oder zu nah war. Das können bestimmte Gesprächsthemen sein, oder Fragen nach meinem Privatleben, vor allem nach Beziehungen und Zukunftsplänen. Oder ich probiere mit einem Kunden etwas aus, dass für mich neu ist, und stelle fest, dass ich dieses Spiel nicht wiederholen möchte.

Manche Dates funktionieren für mich nur, wenn es mir gutgeht – wenn ich körperlich und psychisch stark bin. Das gilt für Rollenspiele und SM-Sessions, aber auch personenbezogen für manche Kunden, die ich als anstrengend empfinde.

Grenzen sind nur selten etwas Statisches, sondern eher ein Prozess, der ständige Aufmerksamkeit erfordert. Ich muss meine Grenzen regelmäßig nur erkunden und bestimmen, um sie dann klar kommunizieren zu können.

(Re-Post vom 09.11.18)

Faire Leistung

Manchmal kommt es vor, dass ein Kunde einen Termin mit einer Sexarbeiterin bucht und danach enttäuscht ist. Dann ist es immer einfach, das auf die Sexarbeiterin zu schieben und zu sagen, sie habe nicht die versprochene Leistung erbracht. Manchmal kann das durchaus der Fall sein; ein Kunde fragt nach einer bestimmten Technik oder einem Fetisch, und die Anbieterin sagt vorher zu, lehnt es aber im Termin selber ab. Ebenso unfair finde ich es, wenn veraltete (oder gar ganz falsche oder sehr stark bearbeitete) Bilder in Anzeigen genutzt werden und die Frau, die der Kunde trifft, nicht viel mit der Frau auf den Bildern gemein hat.

Andererseits ist es aber so, dass auch Sexarbeiterinnen nur Menschen sind. Sie haben gute und schlechte Tage, können sich mehr oder weniger gut auf einen Kunden einstellen, kämpfen auch mal mit körperlichen Themen. Vieles ist auch eine Frage der Chemie.

Wenn der Funke einfach nicht überspringt, kann ich als Sexarbeiterin auf meine Erfahrung zurückgreifen und da trotzdem ein angenehmes Erlebnis draus machen, wenn der Kunde bereit ist, mir die Führung zu überlassen. Es wird aber dann trotzdem nicht viel mehr als mittelmäßig sein. Vielleicht, weil der Kunde mich aufgrund meiner Anzeigen falsch eingeschätzt hat. Vielleicht lässt sich auch kein klarer Grund dafür benennen.

Die meisten Kunden träumen von einem idealen Erlebnis: Sex, der genau ihre Vorstellungen erfüllt. Ohne Peinlichkeiten, ohne Tabus, ohne körperliche Einschränkungen. Die Erfüllung von Vorlieben und Fetischen. Eine wortlose Verständigung mit der Anbieterin. Das Gefühl, dass auch die Frau große Lust empfindet.

Lust ist aber etwas, das sich nicht befehlen lässt. Ich kann die Voraussetzungen dafür schaffen, indem ich z.B. nicht erschöpft und übermüdet bin. Trotzdem gibt es Tage, an denen mein Körper eher träge reagiert. Dann kann ich Nähe genießen, Berührungen als angenehm empfinden, mich beim Sex von der Lust meines Gegenübers mittragen lassen – aber Orgasmen höchstens vorspielen.

Zugewandtheit, Zärtlichkeit, Aufmerksamkeit, Nähe – all das ist ist eine Frage der Einstellung und Übung. Aber Lust und Begehren lässt sich nicht herbeizitieren. Je mehr ich mich vom Kunden unter Druck gesetzt fühle und er unbedingt eine bestimmte Reaktion bei mir erzeugen möchte, desto unangenehmer wird es. Für Lust kann man Voraussetzungen schaffen und sie einladen – das gilt für beide Seiten.

Es gibt auch immer wieder Kunden, die von sich selbst zu viel erwarten und dann enttäuscht sind, wenn der Körper nicht so reagiert wie gewünscht. Es ist dann einfach, dass auf die Frau zu schieben – sie war halt nicht geil genug oder hat etwas nicht genau richtig gemacht. Das ist nicht nur der Frau gegenüber unfair, sondern man negiert damit die eigenen Empfindungen und trennt sich von seinem Körper – und es wird mit jedem Mal schwieriger werden, Zugang zum eigenen Körper und der eigenen Lust zu finden.

Vergessen wir also einfach nicht, dass Sex nicht nach Drehbuch passiert, sondern zwischen zwei realen Menschen, mit all ihren Empfindungen, Erwartungen und Schwächen. Dann können sich wunderschöne Begegnungen ergeben, die vielleicht ganz anders sind als geplant.

Kommunikation

Vor kurzem sprach mich ein Stammgast darauf an, dass es für mein Marketing vielleicht besser wäre, wenn ich WhatsApp installieren und zusätzlich auf meiner Homepage eine eMail-Adresse angeben würde. Seine Begründung war, dass „gerade für den ersten Kontakt ein schriftliches Beschnuppern besser ist als wenn man direkt telefoniert. Das kann man ja immer noch machen, wenn ein Termin konkret wird.“

Ich muss zugeben, dass es auch mir bei Erstkontakten manchmal leichter fällt, eine Mail zu schreiben, statt direkt anzurufen. Und für kurze Terminvereinbarungen o.ä. nutze ich privat durchaus gerne WhatsApp. Im Moment nutze ich meine eigene Webseite jedoch kaum bzw sie hat keinen Inhalt, so gut wie alle meiner Kunden kommen über kaufmich.com. Dort gibt es eine Mail-Funktion, die eine längere, nicht so dringende Anfrage ermöglicht und damit gut eine eMail ersetzen kann. Bei eMail ist die Gefahr immer relativ groß, dass etwas im Spam-Ordner landet oder anderweitig übersehen wird.

Viele Menschen sind mittlerweile daran gewöhnt, dass alle Kontaktmöglichkeiten auf dem Smartphone landen und demnach sofort gelesen werden. Gerade bei eMail ist das aber nicht der Fall (und bei Kontakten auf kaufmich.com auch nicht), so dass eine Antwort einige Stunden dauern kann und sich ein Kontakt ganz schön in die Länge zieht. Wenn es um Terminvereinbarungen geht, bin ich also eher für einen kurzen Anruf oder eine SMS.

Warum SMS und kein WhatsApp? Zum einen aus rein praktischen Gründen: Im Moment nutze ich ein kleines Handy, nicht mal halb so groß wie ein Smartphone, das nicht viel mehr kann als Telefonieren und (kurze) SMS. Es hat keine Internet-Verbindung, keine Apps, und wird mit einer Prepaid-Karte betrieben (ohne Datennutzung). Dieses Telefon passt immer in meine Hosentasche und der Empfang funktioniert häufig auch noch da, wo an Internetverbindung nicht zu denken ist. Ein großes Smartphone würde ich wohl viel häufiger im Auto oder im Spind liegen lassen (wie ich es mit meinem privaten häufig tue).

Ich weiß nicht, was der oben erwähnte Kunde unter „erstes Beschnuppern“ versteht – ich gehe davon aus, dass ein potentieller Kunde mein Profil gelesen hat und demnach einen ersten Eindruck. Vielleicht sind noch Fragen offen geblieben, oder er möchte mir seine Vorstellung von einem Date schildern – das gerne per eMail oder Anruf.

Bei WhatsApp herrscht aber bei vielen Nutzern eine Chat-Kultur. Ein (erster) Kontakt sieht dann häufig so aus: „Hey“ – „Hej“ – „Wie geht’s?“ – „Gut, danke.“ – „Was machst du so?“ Fragezeichen auf meiner Seite – will er jetzt meinen Service wissen, oder fragt er was ich jetzt gerade mache? Ersterer steht im Profil, zweites geht ihn nichts an. Worauf ich hinaus will: Ich habe noch nie eine Anfrage gehabt, aus der sich dann wirklich ein Termin ergeben hat, die mit so einem Chat-„Beschnuppern“ begann. Demnach ist mir da einfach meine Zeit zu schade für!

Auch mit Stammkunden hatte ich dieses Problem schon. Ich freue mich über kurze Nachrichten, um den Kontakt zwischen Terminen zu halten, wie jetzt gerade Nachrichten, die mir ein „Frohes neues Jahr“ wünschen. Ich stehe aber nicht auf lustige Bildchen und Sprüche, und ich möchte auch nicht jeden Tag „Guten Morgen, Wie geht’s dir, Was machst du, Gute Nacht“ schreiben. Wenn Nachrichten über Mail und SMS laufen, hält sich das meist automatisch im Rahmen. Bei WhatsApp artet es schnell aus.

Last but not least: Ich habe einen relativ hohen Prozentsatz an Anfragen, die über Mail kommen, teilweise mit festen Terminanfragen, die im Sande verlaufe, wenn ich um eine Terminbestätigung per Telefon bitte. Die Wahrscheinlichkeit, dass mich so jemand beim Termin versetzt hätte, ist also ziemlich hoch. Dazu kommt bei mir ein Sicherheitsgedanke: Eine Telefonnummer lässt sich im Notfall zurückverfolgen, eine Mail-Adresse nicht. Das ist den meisten bewusst und sie verhalten sich entsprechend.

Fazit: Wenn ich meine Homepage überarbeitet habe, wird es wohl auch eine eMail-Adresse geben. Auf WhatsApp u.ä. werde ich aber auch in Zukunft verzichten und im Normalfall immer auf ein kurzes Telefonat bestehen. Damit fühle ich mich einfach sicherer.

Nähe

„Ich bin in der Lage, Begegnungen voll echter Nähe und Intimität zu kreieren.“ Das habe ich mal über mich in einem Profil geschrieben. Doch was genau bedeutet eigentlich „Nähe und Intimität“? Vor allem in der Sexarbeit?

„It was never „just sex“. Even the fastest, dirtiest, most impersonal screw was about more then sex. It was about connection. It was about looking at another human being and seeing your own loneliness and neediness reflected back. It was recognising that together you had the power to temporarily banish that sense of isolation. It was about experiencing what it was to be human at the basest, most instinctive level.“

Nähe und Intimität setzt voraus, sich verletzlich zu machen und in Kontakt zu gehen. Das muss man wollen, und man kann es üben. In manchen Begegnungen fällt es uns leicht, in anderen nicht.

Ich übe das schon sehr lange (und glaube auch, ein Talent dafür zu haben). Viele sagen über mich, dass meine Gegenwart beruhigend und erdend wirkt. Ich freue mich darüber, und noch mehr, wenn jemand sich darauf einlassen und sich berühren lassen kann.

Manchmal entsteht so auch in der Anonymität von Sexarbeit ein Gefühl von Nähe. Das Bewusstsein vorausgesetzt, dass Nähe niemals absolut ist, können so wunderschöne Momente entstehen, die einen Wert für sich haben und nährend wirken über die körperliche Entspannung hinaus.

(Das Zitat stammt aus dem Roman „Taming the Beast“ von Emily Maguire.)

Risiken eingehen

Die Corona-Inzidenz steigt und steigt. Hamburg steht noch einigermaßen da und hat jetzt in sehr vielen Bereichen 2G beschlossen. Auch bei mir und meinen Kunden steigt das Bewusstsein für die Pandemie-Krise, und es stellt sich immer wieder die Frage: Sind solche Treffen überhaupt noch vernünftig?

Ich bin selber geimpft und treffe schon seit einigen Wochen nur noch Kunden, die ebenfalls geimpft wird. Seit zehn Tagen mache ich jetzt wieder regelmäßig Tests; an Tagen, an denen ich Dates habe (oder Menschen in Innenräumen treffe), teste ich mich jeden Morgen mit einem Selbsttest, zum Wochenende hin mache ich einen offiziellen Test in einem Testzentrum.

Ein guter Freund von mir hat sich seit Beginn der Pandemie ins Privatleben zurückgezogen. Im ersten Jahr ist er außer zum Supermarkt nirgendwo hin gegangen. Auch diesen Sommer war er höchstens mal kurz in der Stadt – keinerlei kulturelle Veranstaltungen, Gastronomie, etc. Treffen mit Freunden nur sehr, sehr eingeschränkt. Ist das noch lebenswert, und wie lange kann man das durchhalten?

Vor drei Wochen hatte ich eine Situation, in der ich Corona ausgesetzt war – und mich nicht angesteckt habe. Das lässt mich jetzt nicht unvorsichtig werden, aber es zeigt mir, dass es keine letztendlichen Garantien gibt, und manchmal hat man einfach Glück.

Manche Kunden fragen mich, ob ich Sexdates nicht für gefährlich halte, in diesen Zeiten. Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich treffe eine handvoll Männer die Woche, alle geimpft. Das Risiko erscheint mir deutlich geringer als z.B. ein ausgedehnter Shopping-Bummel an einem Samstag oder ein Kino/Theater-Besuch.

Als langjährige Sexarbeiterin gelange ich immer wieder an den Punkt, an dem ich mir Gedanken über die gesundheitlichen Risiken meiner Arbeit mache. Im Moment steht Corona im Vordergrund. Sonst sind sexuell übertragbare Krankheiten ein Risiko, das immer im Raum steht. Ich kann Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, aber ein Restrisiko bleibt. Vielleicht zählt das einfach zum allgemeinen Lebensrisiko…

Serviceliste

Das Profil eigentlich jeder Sexarbeiterin enthält eine Service-Liste, also eine Liste der sexuellen Techniken, die angeboten werden. Viele Kunden richten ihre Buchungen nur nach Fotos und Serviceliste aus. Es fällt mir immer wieder schwer, diese Liste auszufüllen, und ich finde es schwierig, auf diese Liste reduziert zu werden.

Ich habe immer viel Wert darauf gelegt, auch einen Text über mich zu schreiben, der etwas über mein Wesen aussagt, über die Art wie ich Termine gestalte, über die herrschende Grundstimmung. Solange Aspekte wie Hygiene, Safer Sex und SSC beachtet werden, gibt es nur wenige Dinge die ich als Tabu bezeichnen würde. Es gibt aber durchaus eine ganze Reihe von Dingen, die einfach nicht zu meiner Art von Erotik und zu meiner Ausstrahlung passen.

Immer wieder werde ich z.B. nach bizzaren Techniken gefragt. Ich spiele gerne in diesem Bereich. Viele Männer erwarten aber dann eine Domina, also eine Frau mit bestimmendem Auftreten und einer gewissen Strenge. In diese Rolle passe ich so gar nicht! Selbst wenn ich bizzare Spiele spiele und dabei auch die Führung übernehme, bin ich von meiner Ausstrahlung her nicht dominant.

Ich mag es, wenn ich eine Art Beziehung zu meinen Kunden aufbauen kann und jemand auf einer Vertrauensbasis bereit ist, mir geheime Wünsche zu erzählen und Neues auszuprobieren. Wer stets nach neuen Extremen sucht, ist jedoch bei mir falsch – ich mag einfach die Stimmung bei solchen Treffen nicht. Rein technisch kann es sein dass zwischen diesen beiden Terminen kein Unterschied bestehen würde…

Last but not least habe auch ich eine Tagesform. Nicht jeden Tag mag ich alles anbieten, sei es wegen einer anderen Grundstimmung oder wegen einer eingeschränkten körperlichen Verfassung. Und manchmal gibt es auch Dinge, die sympathieabhängig sind und die ich nicht jedem Kunden anbiete, sondern die sich nur im persönlichen Kontakt ergeben können.

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