Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Gedanken (Seite 1 von 10)

Gedanken zu verschiedenen Themen im Rahmen der Sexarbeit

Stammkunden

In den letzten Jahren mache ich nur wenig Werbung. Ab und zu habe ich trotzdem neue Kunden, aber 80% meiner Kunden sind Männer, die ich schon mal getroffen habe. In der letzten Woche habe ich mir genau darüber Gedanken gemacht.

Gedanklich teile ich Kunden meist nach der Häufigkeit ihrer Besuche auf. Gute Stammkunden, die jeden Monat kommen, habe ich eine handvoll. Die meisten kommen so alle 2-3 Monate, manche auch nur 3-5 Mal im Jahr. Über die Jahre entsteht trotzdem auch mit diesen Kunden eine Art Vertrautheit.

Manchmal dauert es viele Monate, bis mir auffällt, dass ich einen bestimmten Kunden schon lange nicht mehr gesehen habe. Bei mir meldet sich ja niemand ab, wenn er sich entscheidet nicht mehr zu kommen. Manchmal ist es vielleicht auch gar keine bewusste Entscheidung, sondern ergibt sich einfach irgendwie.

Oft tut mir das leid. Verstehen kann ich es trotzdem. Ich erlebe es auch in meinem Leben so, dass die meisten Dinge eine Phase haben. Nach einiger Zeit passen sie einfach nicht mehr, ohne dass es einen bestimmten Grund dafür gibt. Wobei ich manchmal auch hoffe, dass es einen schönen Grund gibt, z.B. eine erfüllende Beziehung. Manchmal sind es wohl auch nicht so schöne Gründe, wie Krankheiten oder private Probleme.

Ich hoffe, doch bei den meisten in angenehmer Erinnerung zu bleiben, so wie es die meisten meiner Kunden bei mir tun. Ich mag es, viele verschiedene Eindrücke und Lebenssplitter zu sammeln; das ist es, was mir an den Begegnungen mit Menschen Freude macht.

Diskretion

Ich habe hier auf diesem Blog schon mehrfach über verschiedene Aspekte von Diskretion gesprochen (wen es interessiert, einfach ins Suchfeld „Diskretion“ eingeben, dann werden mehrere Texte angezeigt). Am letzten Sonntag hatte ich ein Erlebnis, dass mich wieder über dieses Thema nachdenken lässt.

Ich hatte ein privates Date, das erste nach vielen Monaten, mit jemandem, den ich auf einer anderen Internetseite (Joyclub) kennengelernt habe. Wir hatten vorher ein paar Tage geschrieben, und dabei war natürlich auch Arbeit ein Thema. Ich habe erst gesagt, dass ich selbständig sei, und auf sein wiederholtes Nachfragen dann direkt gesagt, dass ich Sexarbeit mache. Generell gehe ich bei Dates offen mit diesem Thema um – je nach Gefühl aber manchmal auch erst beim zweiten oder dritten Date.

Bei unserem Treffen erzählte er dann, dass er einem Freund von mir erzählt hätte, und dieser ihm mein Profil bei kaufmich gezeigt häätte und er daraufhin etwas in meinem Blog gelesen hätte. Erst mal fand ich da nichts dabei, aber im Nachhinein ärgert es mich irgendwie doch.

Wenn ich jemanden kennenlerne, freue ich mich darauf zu erleben, wie die Person auf mich wirkt und was sie mir von sich erzählt. Ich würde auch nie jemanden googeln, bevor ich ihn das erste Mal treffe – was sollen mir seine beruflichen Informationen oder die Bilder auf Facebook helfen? Sie verzerren das Bild eher, dass ich von dieser Person bekommen kann.

Auf kaufmich präsentiere ich mich auf eine bestimmte Art, die nur einen kleinen Teil meiner Person und Persönlichkeit zeigt. Viele Menschen verwechseln diesen Teil aber mit mir als Gesamtperson, und dann ist es extrem schwierig bis unmöglich für mich, dieses Bild wieder zu ändern. Dieses Mal war das zum Glück nicht der Fall. Trotzdem hätte ich es schöner gefunden, wenn er mich einfach so kennengelernt hätte und sich ein unvoreingenommenes Bild gemacht hätte.

Last but not least ärgert mich die Indiskretion dieses Freundes. Gibt es irgendeinen Kunden hier, der es okay fände, wenn in seinem Privatleben herumerzählt wird, dass er ein Profil bei kaufmich hat?! Für mich ist kaufmich (mehr oder weniger) ein Hauptjob und ich gehe da offen mit um. Es gibt aber durchaus Frauen, die das nur nebenbei machen und in ihrem Privatleben auf Diskretion angewiesen sind, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen.

Altersangaben

Im kaufmich-Forum (das ich eigentlich nicht verfolge) bin ich vor ein paar Tagen über eine Diskussion zum Thema Altersangaben im Profil von Sexarbeiterinnen gestolpert. Eine Sexarbeiterin schlug vor, statt eines Alters eine Altersspanne anzugeben oder alternativ die Möglichkeit zu geben, das Alter ganz wegzulassen. Ihre Argumentation war, dass sie ihr Alter eh immer runtersetzt, da sie „ja deutlich jünger aussieht“.

Das einzige Mal, dass ich mein Alter nach unten korrigiert habe, war ganz am Anfang meiner Sexarbeit. Ich war 23, und im Club wurde gesagt ich sei 19, da „die meisten Männer möglichst junge Frauen wollen“. In der Praxis hat mich das ständig in Schwierigkeiten gebracht, da mein Alter und mein Lebenslauf nicht mehr übereinstimmten und ich mich öfter mal verplappert habe.

Jetzt bin ich 44, und ich möchte selber nicht beurteilen, ob ich danach aussehe oder jünger. Auch mir wird ab und zu gesagt, dass ich jünger aussehe. Wenn ich mich auf Fotos sehe, sieht man manchmal schon mein Alter, finde ich. Was nichts daran ändert, dass ich mit meinem Aussehen im Reinen bin und mich für attraktiv halte.

Ich war nie ein Fan von diesen „weißen Lügen“, und nach einigen sehr negativen Erfahrungen in meinem Privatleben in den letzten Jahren lehne ich sie völlig ab. Ich möchte gesehen werden, ich möchte in Kontakt gehen, und ich möchte einen Eindruck von meinem Gegenüber bekommen. Wenn ich jede kleinste Angabe ständig hinterfragen muss, führt das zu so viel Unsicherheiten, dass der ganze Kontakt in meinen Augen keinen Sinn mehr macht.

Ein letzter Aspekt, der bei dieser Altersdiskussion übersehen wird, ist, dass es nicht immer nur ums Aussehen sind, sondern es durchaus auch wichtig sein kann, in welcher Lebensphase sich jemand befindet. Natürlich kann es attraktiv sein, Sex mit einer 20-jährigen Sexarbeiterin zu haben. Nur: wie viel Erfahrung kann sie haben, wie viel Einfühlungsvermögen, und wie viel Gesprächsstoff findet sich um den Sex herum?

Mythos Privatfrau

Manchmal reagiere ich empfindlich auf Anfragen, bei denen sich der Absender wahrscheinlich nicht viel gedacht hat. So ist es heute Nachmittag passiert, als mir jemand schrieb: „Ich möchte endlich meine Fantasien ausleben und zwar nicht im Bordell oder so sondern bei einer sympathischen natürlichen privaten Dame.“ Meine Antwort fiel wohl etwas harsch aus: „Leider strotzt deine Nachricht für mich nur so von Vorurteilen. Ich werde für Treffen bezahlt, demnach ist das nicht privat sondern mein Beruf. Ich habe auch Erfahrung mit Arbeiten in professioneller Umgebung, also dem was Du so abwertend als Bordell pauschalisierst – und bin stolz auf die Erfahrung und das Können, die ich dabei erworben habe. Ich denke also nicht, dass ich zu Deinen Vorstellungen passe.“

Vor vielen Jahren brachte es mal ein Kunde passend auf den Punkt, indem er sagte: „Ich werde keine private Frau beleidigen, indem ich ihr Geld anbiete und sie damit zu einer Professionellen mache. Und sobald eine Frau dafür Geld nimmt, ist sie eine Professionelle.“ Das Sexarbeiterinnen „das Hobby zum Beruf machen“, ist ein Mythos. Wir unterscheiden sehr deutlich zwischen privatem Sex und Arbeit! Für mich ist Professionalität durchaus etwas Positives, darf aber halt nicht mit privaten Treffen verglichen werden.

Ich verstehe, was manche dieser Kunden sich davon erträumen: eine Frau, die das nur ab und zu macht, wo sie also „etwas Besonderes“ sind, und einen offenen und vielleicht etwas naiven Umgang damit. In der Realität ist es eher so, dass viele Frauen Sexarbeit ausprobieren und es dann nach sehr wenigen Wochen wieder sein lassen, da es doch Fähigkeiten erfordert, die sie nicht besitzen – vor allem die Fähigkeit, sich auf jeden einzulassen und gleichzeitig die eigenen Grenzen zu wahren. Viele Kunden berichten mir dann von der Unzuverlässigkeit dieser Frauen, von kurzfristig abgesagten oder gar versetzten Treffen, oder auch von Forderungen, die an dieser Stelle meiner Meinung nach nichts zu suchen haben: nach Fotos, privaten Informationen, ja nach einer Art Werben (was die meisten Kunden zu umgehen versuchen, indem sie eine Sexarbeiterin anschreiben).

Was Bordelle angeht, so sind dies einfach professionell eingerichtete Räume für erotische Begegnungen – und somit meist einem Hotelzimmer oder privaten Räumen überlegen. Ich mag es, alleine in meiner Wohnung zu arbeiten, da es mir mehr Möglichkeiten (abseits der Sexarbeit) bietet – und vermisse trotzdem manchmal die Möglichkeiten und die sexuell aufgeladene Atmosphäre des Appartements, das ich früher genutzt habe.

Last but not least: Ich habe viele Jahre Erfahrung und Ausbildung in das Thema Sexualität investiert und viel Zeit mit Selbsterfahrung und Reflektion verbracht, um meinen Kunden so begegnen zu können wie ich es heute tue. Das dann als Hobby abgewertet zu sehen und als etwas, das jede Frau einfach so tun könnte, trifft mich.

Termine ablehnen

Nach einem sehr guten April war der Start in den Mai etwas holprig bis jetzt. Anfang Mai war ich ja für ein paar Tage krank, und danach hat es einige Tage gedauert wieder zurück in meine Alltagsroutine zu kommen. Die Woche war eher ruhig, und ich war froh darüber.

Diese Woche habe ich gleich drei Termine abgelehnt, was mir ein komisches Gefühl gibt. Ich bin Dienstleisterin und Sexarbeit ist ein wichtiges Einkommen für mich; da erscheint es immer paradox, wenn ich Termine von meiner Seite aus ablehne. Es gibt drei Gründe, warum ich das tue:

Ich bin sicher, dass der Termin nicht ernst gemeint ist und der Kunde mit großer Wahrscheinlichkeit nicht kommen wird. Das ist meist der Fall, wenn vorher die Anzeige nicht gelesen wurde und dann z.B. nach Dingen gefragt wird, die ich nicht anbiete. Mittlerweile habe ich ein gutes Gefühl für sowas und mag damit nicht meine Zeit verschwenden.

Der Kunde fragt nach Dingen, die ich nicht anbiete, und will den Termin dann trotzdem, oder fragt nach etwas, dass ich zwar eigentlich anbiete, aber nicht in der Art wie er es sich wünscht. Das ist öfter mal der Fall, wenn es um Dinge geht, die eigentlich in den dominanten Bereich fallen. Ich biete das zwar an, aber mein Raum ist kein Studio und ich keine Domina, und das sage ich auch deutlich. Manchmal erlebe ich dann schöne Spiele, aber wenn ich das Gefühl habe, dass eine Kunde Erwartungen hat, denen ich eindeutig nicht entspreche, lehne ich den Termin ab.

Der dritte Fall ist am schwersten zu beschreiben. Ab und zu (zum Glück nur selten) kommt es vor, dass ein Kunde am Telefon so komisch rüberkommt, dass ich mich unwohl fühle beim Gedanken an ein Treffen. Es können Kleinigkeiten im Ton oder in den Formulierungen sein, die mich am Respekt des Kunden vor mir und meiner Tätigkeit zweifeln lassen. Dann lehne ich den Termin ab, um mir ein unangenehmes Erlebnis zu ersparen, dass mir für mehr als ein paar Stunden den Spaß an meiner Arbeit verdirbt.

In allen drei Fällen bleibt in den Stunden danach ein leiser Zweifel, ob meine Entscheidung richtig war oder ob ich zu empfindlich reagiert habe und den Termin einfach professionell hätte durchziehen sollen. Meine Intuition ist gut, aber natürlich kann ich immer mal falsch liegen und jemandem einen Termin verwehren, mit dem es im Endeffekt gut gelaufen wäre.

Krankheit

Jetzt war ich tatsächlich mal wieder ein paar Tage richtig krank. Schon letzte Woche hab ich mich nicht richtig fit gefühlt, Freitagabend ging es mir dann gar nicht mehr gut, mit Husten und Erkältungssymptomen. Es ist leider auch nicht besser geworden, sondern das Wochenende habe ich komplett im Bett verbracht und Montag und Dienstag noch überwiegend zu Hause.

So etwas stellt mich immer gleich vor mehrere Herausforderungen. Zum einen bin ich so selten krank, dass ich da nur sehr wenig Geduld mit mir und meinem Körper habe und arg genervt bin. Nicht zum Sport zu gehen ist das eine, aber auch nicht zum Pferd ist schwierig, und wenn ich wie diesmal das Gefühl habe, mich so auf gar nichts konzentrieren zu können, bin ich echt mies gelaunt.

Zum anderen sage ich nur sehr ungerne Dates ab bzw lehne Anfragen ab. Mein Verantwortungsgefühl kämpft also mit dem Gedanken, dass ich meinem Kunden meine volle Aufmerksamkeit und Kraft schulde, und natürlich möchte ich auch niemandem mit irgendwas anstecken. Mittlerweile löse ich das gerne so, dass ich dem Kunden direkt sage, dass ich mich nicht so fit fühle, und es ihm überlasse, ob er den Termin trotzdem möchte oder ob wir das verschieben.

Heute geht es mir langsam besser. Morgen werde ich wieder zum Stall fahren, Sport erst nächste Woche wieder. Ich hoffe, dass ich trotzdem ein wenig schönes Wetter genießen kann – vielleicht wird es ja jetzt Sommer.

Anfragen für Tantra-Massagen

Immer wieder mal bekomme ich Anfragen für Tantra-Massagen, und jedes Mal bin ich unsicher, wie ich damit umgehen soll.

Der erste Punkt für mich ist, dass ich Tantra-Massagen schon seit Jahren nicht mehr bewerbe. Früher hatte ich eine Homepage rein für mein Angebot für Tantra-Massagen (erst war das mein Hauptberuf, später dann parallel zur Sexarbeit bzw als fließender Übergang). Mittlerweile mache ich nur noch auf kaufmich Werbung, und da halt ausschließlich für Sexarbeit. Wie kommt jemand also ausgerechnet auf mich, wenn es mehrere reine Tantra-Massage-Angebote in Hamburg gibt?

Wenn mich jemand nach einer Tantra-Massage fragt, frage ich also erst mal mehrfach nach, ob es wirklich um eine reine Tantra-Massage gehen soll. Wenn dann so was kommt wie „na ja, vielleicht mit ein bisschen Französisch“ oder „kann ich denn auch zwei Mal kommen“ oder „ich würde dich auch gerne anfassen“, ist klar dass es nicht um Tantra geht, und ich behandle das ganze wie eine Erotische Massage und demnach wie einen normalen Sexarbeit-Termin.

Wenn es jemandem wirklich um eine Tantra-Massage geht und derjenige evtl schon Erfahrung damit hat, kommt als nächstes häufig die Frage nach dem Preis. Tantra-Massagen sind am Markt günstiger als Sexarbeit. Für mich sind sie aber weder weniger Arbeit/ Aufwand, noch machen ich sie lieber als Sexarbeit. Im Endeffekt gehe ich da nach meinem Gefühl: wenn jemand so rüberkommt, dass ich wirklich eine sinnlich-entspannte Tantra-Massage geben kann, ohne Überschwappen in zu viel Erotik, komme ich ihm mit dem Preis entgegen. Sobald ich die gerinsten Zweifel daran habe, bleibe ich bei meinem normalen Preis.

Absprachen und Konsens

Als ich noch Tantra-Massagen gegeben habe, wurde ich ab und zu gefragt: „Und was ist, wenn du zwischendurch Lust auf mehr bekommst? Dann können wir doch auch einfach mehr machen…“ Mir war durchaus bewusst, aus welcher erotischen Fantasie diese Frage entsprungen war. Trotzdem gingen meine Gedanken und meine Antwort immer in eine völlig andere Richtung, nämlich: würde ich nie tun. Begründung: Ich bin sehr gut darin, Stimmungen zu schaffen und Situationen zu lenken. Wenn ich also auf einer Tantra-Massage zu Sex überleiten wollen würde, würde mir das wohl problemlos gelingen – und die wenigsen Männer würden in dieser Situation klar Nein sagen. Wenn man es genau nimmt, habe ich denjenigen aber in diese Situation hineinmanipuliert und mich nicht an vorher gesprochene Absprachen gehalten – und das ist massiv übergriffig und damit unethisch!

Vor zehn Tagen hatte ich eine Situation, die mich genau daran denken ließ. Ich hatte ein Date mit einem Kunden, den ich zum ersten Mal traf, also noch gar nicht kannte. Im Vorgespräch sagte er, dass er hauptsächlich Lust auf eine Massage hätte und mir gerne die Führung überlassen würde. Ich fing an ihn zu umarmen, auszuziehen, wir küssten uns – und irgendwie entwickelte sich die Situation und Stimmung in meinen Augen ganz anders. Wir haben dann lange rumgeknutscht, gefummelt, Lippen über Körper wandern lassen… doch als ich nach einem Kondom griff, sagte er: „Eigentlich wollte ich ja nur eine Massage.“ In dem Moment kam ich mir übergriffig vor, und habe dann den Termin erst mit einer Intimmassage und dann noch mit einer Ganzkörpermassage beendet (und dabei gründlich die Zeit überzogen).

Nach dem Termin habe ich mich echt komisch gefühlt und mir viel Gedanken über meine Professionalität gemacht und darüber, ob ich mich da nicht falsch verhalten und von meinen eigenen Wünschen und Gefühlen habe hinreißen lassen. Zum Glück haben wir ein paar Tage später noch mal kurz geschrieben, und für ihn war wohl alles in Ordnung und er hat den Termin genossen. Trotzdem werde ich mir noch mal Gedanken darüber machen, wie ich in Zukunft genauer mit Absprachen umgehen kann.

Erfahrungen und Bodycount

Ich habe mit 23 mit Sexarbeit angefangen, und davor hatte ich mich privat „ausgetobt“. Eine Zeit lang habe ich gezählt, mit wie vielen Männern ich im Bett war. Irgendwann mit Mitte 20 habe ich das aufgegeben und seitdem nie wieder darüber nachgedacht. Auch ist es ab einem gewissen Alter in Gesprächen mit Freunden oder Partnern immer weniger Thema gewesen, bis zu dem Punkt jetzt, da ich nicht mehr weiß wann ich das letzte Mal mit jemandem über „Bodycount“ geredet habe.

Manchmal denke ich darüber nach, wie sehr sich meine Erfahrungen wohl von denen der meisten Menschen unterscheiden. Sexuell habe ich viel Erfahrung, aber gleichzeitig auch völlig andere als Menschen, die z.B. in langjährigen Beziehungen leben oder gelebt haben. Meine Sexualität hängt viel mit meinem eigenen Erleben meines Körpers und meiner Lust zusammen und erst in zweiter Linie mit meinem Gegenüber. Das unterscheidet mich wohl von Menschen, die ihre Sexualität immer mit einer bestimmten Person verbunden haben.

Zählen die Erfahrungen in der Sexarbeit eigentlich als sexuelle Erfahrungen? Klar lerne ich darin viel über mich, und auch meine Kunden lernen über ihren Körper und ihre Empfindungen. Aber es ist ein „sicherer“ Rahmen, der stark reguliert ist und vorgegebene Abläufe hat, so dass die Begegnungen nie hunderprozentig offen, ehrlich und unvoreingenommen sind. Ich kann mich schnell auf jemanden Neues einstellen, wenn es um rein sexuelle Begegnungen geht. Im Privaten bin ich manchmal genauso unsicher und fast gehemmt wie die meisten Menschen, vor allem wenn es um Gefühle geht.

Es gibt die Theorie, dass Monogamie schwer ist für Menschen, die in ihrem Leben schon viele Partner hatten. Zumindest für mich kann ich das bestätigen. Ich erlebe mich in den letzten Jahren privat sehr auf meinen Partner fixiert und wenig auf der Suche. Gleichzeitig erscheint mir die Vorstellung, in meinem Leben wirklich nur noch mit einer einzigen Person Sex zu haben, völlig absurd.

Mich würde mal interessieren, wie viele Sex-Partner eigentlich Durchschnitt sind. Ab und zu gibt es da angeblich Studien zu, aber die dort genannten Zahlen erscheinen mir meist lächerlich gering. Zählt Paysex da eigentlich zu, und One-Night-Stands, oder geben die meisten Menschen dort nur feste Partner an? Macht es Sinn, da zu unterscheiden?

Konzept

Ich kriege immer noch nicht die Kurve, wieder regelmäßig hier zu schreiben. Im Moment bin ich verunsichert, wie es mit meiner Sexarbeit weitergehen soll. In den letzten zwei Jahren habe ich mich sehr darauf verlassen, dass es irgendwie einfach weitergeht. Ich habe überwiegend Stammkunden, mit denen ich eingespielte Dates habe, und treffe nur gelegentlich jemanden Neues.

Meine Homepage habe ich vor einiger Zeit vom Netz genommen, weil ich sie überarbeiten wollte – was ich aber immer noch nicht gemacht habe. Mein Blog hier liefert eine Menge Informationen über mich, diese aber ziemlich unsortiert, teils unwichtig, und nicht in Form eines konkreten Angebots.

Vor ein paar Tagen habe ich auf kaufmich mit jemandem geschrieben, mit dem ich vorher schon mal locker Kontakt hatte, der aber nie bei mir war. Nach einigen Mails kippte der Ton plötzlich und er verhöhnte mich, dass er ja eh nie zu mir kommen würde, da ich „keinen Spass machen würde“. Worum es konkret ging: um meinen Umgang mit Safer Sex und darum, dass ich mich als professionell bezeichne. Es waren nicht mal konkret die Inhalte, die ihm nicht passten, sondern meine Gedanken waren ihm zu tiefgängig und ich ihm insgesamt zu wenig spontan und „spaßig“. Dies hat mich verunsichert und beschäftigt mich noch.

Mir ist bewusst, dass ich schon 70 % aller Interessierten verliere, weil ich keine spontanen Termine mache. Letzten Sonntag hatte ich kurz überlegt, ob ich vielleicht ein oder zwei Tage die Woche für spontane Termine in der Wohnung bleibe. Ich fürchte aber, dass es sich nicht lohnt, sondern ich nur Zeit verschwende (die mir dann an anderer Stelle fehlt).

Ich glaube immer noch, dass es auch für die Ernsthaftigkeit und Tiefe, mit der ich Sexarbeit betreibe, einen Markt gibt. (Und alle meiner Kunden werden wohl bestätigen, dass es trotzdem Spass macht.) Meine Überlegung ist nur, ob mein Konzept und meine Werbung da im Escort-Bereich wirklich richtig ist, oder ob ich den Schwerpunkt mehr in Richtung Tantra/ Sexualtherapie/ Surrogat verschieben sollte. Oder vielleicht macht beides Sinn und ich lasse es noch eine Weile parallel laufen…

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