Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Kategorie: Gedanken (Seite 1 von 11)

Gedanken zu verschiedenen Themen im Rahmen der Sexarbeit

Gerüche und Düfte

Es kommt zum Glück nur sehr, sehr selten vor, dass mir bei einem Kunden mangelhafte Hygiene auffällt. Fast alle meiner Kunden kommen entweder frisch geduscht zu mir oder gehen auf eigene Initiative bei mir duschen. Wer bei mir duscht, riecht danach nach meinem Duschgel (ein ganz sanfter Honigduft). Alternativ rieche ich häufig ein sanftes Aftershave oder Deo, und jeder Mensch hat natürlich auch einen Eigengeruch.

Ob man jemanden riechen kann oder nicht, ist leider oft eine sehr intuitive Entscheidung, die das Unterbewusstsein trifft und gegen die man nicht viel machen kann. Ich habe zum Glück in meinem Leben bisher nur eine handvoll Menschen getroffen, die ich einfach nicht riechen konnte, d.h. deren Eigengeruch mir unangenehm war (trotz guter Hygiene).

Ich selber benutze auch neutrale Pflegeprodukte, rieche also nach meinem Duschgel oder vielleicht nach Nivea-Deo. Das tue ich zum einen deswegen, damit keine Düfte abfärben, aber auch weil Düfte Geschmackssache sind und schnell als negativ oder einfach als zu viel empfunden werden.

Ab und zu bekomme ich mal eine Anfrage, in der darum gebeten wird, dass ich vor dem Termin nicht dusche (und am besten noch direkt vom Sport komme). Da erkläre ich dann meist, dass ich nicht das gewünschte Ergebnis werde liefern können. Ich dusche an normalen Tagen 2-3 Mal am Tag (und benutze regelmäßig Deo); da wird das Weglassen einer Dusche kein hohes Maß an Körpergeruch erzeugen wie gewünscht.

Wie natürlich darf es sein?

Vor kurzem hat mich ein Kunde vor unserem Termin (sehr freundlich) darum gebeten, doch bitte darauf zu achten, mich frisch zu rasieren, da es beim letzten Mal etwas stachelig gewesen sei. Ich fühlte mich ein bisschen ertappt und kam der Bitte natürlich gerne nach.

Die meisten meiner Kunden kommen gerade deswegen zu mir, weil sie meine Natürlichkeit lieben. Doch was genau heißt eigentlich natürlich? Im Sommer bin ich meist ungeschminkt, und auch jetzt schminke ich oft nur ein wenig die Augen. Zum Glück habe ich relativ reine Haut und selten das Bedürfnis, mich deutlich zu schminken. Auf Social Media folge ich einer Sexarbeiterin, die deutlich mehr Hautprobleme hat und diese mit einer dicken Schicht MakeUp überschminkt (was zumindest online richtig gut aussieht). Ich frage mich nur immer, wie ihr MakeUp wohl intensives Schmusen oder gar Spiele mit Öl überstehen würde… meines tut das nämlich so gut wie nie.

Manchmal, wenn ich mich im Spiegel sehe oder auf Schnappschüssen, sehe ich in meinem Gesicht langsam mein Alter. Die Falten auf der Stirn bei intensiven Blicken, die nicht mehr sofort weggehen, oder bei Müdigkeit Spuren um Augen und Mund. Viele Frauen, die oft deutlich jünger sind als ich, bekämpfen das konsequent mit Botox und Co. Ich habe ehrlich gesagt Angst, dass es nicht so wird wie erwartet, und ich mag auch meine Mimik und möchte die nicht glattbügeln. Also doch mehr MakeUp, oder einfach mehr Schlaf und Kosmetik?

Zurück zum Anfang des Textes, manchmal unterschätze ich auch nach so vielen Jahren noch, wie viel Zeit ich für all diese kleinen Dinge brauche: duschen, rasieren, cremen, ein wenig MakeUp – und plötzlich bin ich spät dran und irgendwas bleibt auf der Strecke. So laufe ich seit meinem Urlaub mit unlackierten Nägeln rum, weil ich das ständig vergesse. Ich hoffe dann einfach, dass meine Kunden mit so viel Natürlichkeit leben können.

Dankbar für die kleinen Dinge

Gestern war ich frustriert. Viele Dinge laufen nicht gut im Moment, vor allem was Terminvereinbarungen und Zuverlässigkeit angeht, und ich war in der Stimmung, dazu mal wieder einen Blog zu schreiben. Davon abgehalten hat mich nur die Tatsache, dass schon mein letzter Text ein Jammer-Blog war (da über einen bestimmten Mann). Und heute ist mein Gefühl dann plötzlich anders:

Ich bin dankbar. Nicht für die Dinge, die ich sonst immer im Zusammenhang mit meiner Arbeit nenne, wie Freiheit, Geld, spannende Sessions. Sondern für die kleinen Dinge, die mir im ersten Moment gar nicht auffallen, die aber eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen. Für all die kleinen Gedanken und Vertraulichkeiten, die ich von meinen Kunden bekomme. Für die kurzen Einblicke in andere Leben, Erfahrungen und Gefühle.

Manchmal denke ich, dass gerade Anonymität und Unverbindlichkeit dazu verleiten, Dinge von sich zu zeigen, die man sonst eher für sich behält: Bedürfnisse, Wünsche, geheime Sehnsüchte – sehr oft erotische, aber nicht nur. Diese besonderen Begegnungen beeindrucken mich und bereichern meinen Erfahrungen und Eindrücke.

Und oft sind es auch Kleinigkeiten im Gespräch, die dann hängen bleiben: der kurze Bericht über die besondere Reise, das Erwähnen der ungewöhnlichen Sprache, die Leidenschaft für das ungewöhnliche Hobby, oder auch etwas Gewöhnliches, was trotzdem irgendwie weit weg ist von meiner eigenen Welt. Die Dinge, die ich Monate später beiläufig in einem Gespräch erwähne, weil sie bei mir hängen geblieben sind: „Mir hat mal jemand erzählt, dass…“

Und dann all die kleinen Gesten: Schokolade als Mitbringsel, Blumen wenn ich krank bin, ein Abendessen mit einem langjährigen Stammkunden. Eine kurze Nachricht: „Hej, ich habe an dich gedacht.“ Alles Dinge, die man nicht unbedingt erwartet, wenn man von Sexarbeit redet.

Für all diese Dinge bin ich heute dankbar, und finde, dass das durchaus auch mal gesagt und gewürdigt werden sollte.

Erfahrungen

Es kommt relativ häufig vor, dass ein neuer Gast zu mir sagt, dass er noch keine Erfahrungen mit Sexarbeiterinnen hat (und dementsprechend sehr nervös ist). Das ist kein Problem – längt nicht alle Männer besuchen Sexarbeiterinnen, und diese sind meist gut darauf eingestellt, jemandem die Befangenheit zu nehmen und Initiative zu ergreifen. Im Endeffekt sind Sexarbeiterinnen aber auch einfach nur Frauen, nur mit mehr Erfahrung und Wissen.

An dieser Stelle komme ich dann zu einer Frage, die mich immer wieder beschäftigt: Wieviel Erfahrung ist eigentlich „normal“? Wenn es um Dating geht, wird immer mal wieder der Begriff „Bodycount“ in die Runde geworfen; dieser Begriff bezeichnet die Anzahl der Personen, mit denen jemand in seinem Leben schon Sex hatte. Niemand redet aber darüber, wie so der durchschnittliche Bodycount ist.

Ich habe einige Kunden, die explizit zu mir gekommen sind, weil sie das Gefühl hatten, in ihrem Leben zu wenig sexuelle Erfahrungen gemacht zu haben. Für sie ist der Besuch bei mir ein Versuch, zumindest einen Teil dieser Erfahrungen nachzuholen. In meinem Privatleben hatte ich vor kurzem ein Gespräch mit einem Mann, der sich von meiner Erfahrung einschüchtern ließ (wörtlich: „Was Sex angeht, bist du ja Profi!“). Als ich dann darauf hinwies, dass er in seinem Alter ja wohl kaum unerfahren sei, sagte er nur: „In Beziehung zu leben heißt ja nicht, auch viel Sex zu haben.“

Für mich spielt bei Erfahrung nicht nur der Bodycount eine Rolle, sondern vor allem die Frage, wie bewusst und intensiv man seine Sexualität gelebt hat. Es ist durchaus auch möglich, mit einem einzelnen Partner eine ganze Reihe von Erfahrungen zu machen; vielleicht ist das sogar einfacher, da man Vertrauen aufbaut, den anderen kennt und besser kommunizieren kann, als man es mit einem neuen Partner tut. Sexuelle Techniken sind da nur die Oberfläche. Natürlich macht es Spass, verschiedene Dinge auszuprobieren.

Was ich aber viel wichtiger finde, ist die Frage, wie ich mit meinem eigenen Körper und meinen Empfindungen umgehe. Wie gut kann ich mich einlassen, was kann ich alles fühlen und wahrnehmen, und wie reflektiert gehe ich mit meinem Gefühlen und meinen Erfahrungen um? Erst die Verbindung von „technischem“ Wissen und der Kenntnis des eigenen Körpers und der eigenen Empfindungen und Emotionen ist meiner Meinung nach ein Erfahrungsweg, den es sich zu gehen lohnt – immer wieder und in jedem Alter.

Termine vereinbaren

Die letzten zwei Wochen hatte ich gut zu tun; ich habe viele Stammgäste getroffen und viele tolle Dates gehabt. Gleichzeitig hatte ich aber eine ganze Menge frustrierender Momente, und das betraf meist das Thema Terminvereinbarung.

Ich hatte einige Tage, die wirklich voll waren und an denen ich noch Termine ablehnen musste, und andere Tage, an denen ich gerne noch ein oder zwei Termine gemacht hätte, aber keine Anfragen hatte. Ziemlich normal, wenn man selbständig ist, ich weiß. Trotzdem nervt mich manchmal, wie wenig ernst es manchen mit der Anfrage zu sein scheint.

So rief mich ein Kunde an für Donnerstag 18:00. Die Zeit konnte ich nicht – aber dieselbe Zeit an einem anderen Tag, denselben Tag am Nachmittag, oder ich hätte auch noch später am Abend möglich gemacht. Nein, alles nicht gut genug – er meldet sich irgendwann wieder (oder auch nicht). Sowas passiert ziemlich regelmäßig, sehr gerne vor allem bei kurzfristigen Anfragen, und es lässt mich zurück mit dem Gefühl, es eh nicht richtig machen zu können.

Ich versuche alles möglich zu machen, vor allem für Stammgäste. Das funktioniert aber bei manchen Zeiten nur mit Vorlauf. Früher hatte ich feste Zeiten (13:00-19:00), in denen ich auch spontan konnte, und der Rest des Tages gehörte mir. Heute habe ich nie richtig frei, bin aber auch nicht (mehr) bereit, immer auf Abruf zu stehen.

Ein anderer Aspekte dieses Themas: Wenn ich gut gebucht bin, heißt das gleichzeitig, dass ich wohl gut bin in dem was ich mache – was als Empfehlung gilt und damit zu mehr Buchungen führen sollte. Gleichzeitig erwarten aber viele Kunden, dass ich mich voll nach ihren Zeiten richte (siehe oben) und nehmen es mir übel, wenn das nicht möglich ist.

Ein Phänomen, dass es scheinbar nur in meiner Branche gibt – bei den meisten anderen Dienstleistungen sind die Menschen bereit, Termine miteinander zu vereinbaren und nicht einfach diktieren zu wollen.

Begriffe

Wenn ich von meiner Arbeit spreche, nutze ich den Begriff Sexarbeit. Kürzlich frage mich mal wieder jemand, warum ich Sexarbeit sage und nicht Prostitution. Dafür gibt es zwei Gründe:

Sexarbeit ist für mich der breitere Begriff. Wenn ich Prostitution sage, meine ich ganz klassische Services: GV, OV, AV, Küssen, Schmusen etc – das was unter „zärtlicher Bereich/ Girlfriendsex“ fällt, oder im englischen „full service spicy worker“ genannt wird. Sexarbeit ist aber viel mehr, darunter fallen auch der komplette Bizzar-Bereich (dominant, devot, fetisch), Tantra-Massagen, Sexualassistenz, u.a., sowie Dinge wie Pornographie, Web-Cams u.ä.

Der zweite Grund ist politisch. Als Prosituierte anfingen, sich politisch zu engagieren, gegen ihre soziale Ächtung angingen und anfingen Rechte einzufordern, nutzten sie den Begriff Sexarbeiterin im Gegensatz zu Prostituierte, um klar zu machen, dass sie dieser Tätigkeit freiweillig und als selbstgewählte Arbeit nachgingen und weder Opfer noch moralisch verkommen waren (oder psychisch krank, wie es moderner gerne unterstellt wird).

Generell ist mein Selbstbild ein anderes, wenn ich Sexarbeiterin bin und nicht nur Prostituierte. Der Begriff Prostituierte ist immer noch mit Scham und Abwertung verbunden, wohingegen Sexarbeiterin kraftvoll und selbstbestimmt klingen kann.

Stammkunden

In den letzten Jahren mache ich nur wenig Werbung. Ab und zu habe ich trotzdem neue Kunden, aber 80% meiner Kunden sind Männer, die ich schon mal getroffen habe. In der letzten Woche habe ich mir genau darüber Gedanken gemacht.

Gedanklich teile ich Kunden meist nach der Häufigkeit ihrer Besuche auf. Gute Stammkunden, die jeden Monat kommen, habe ich eine handvoll. Die meisten kommen so alle 2-3 Monate, manche auch nur 3-5 Mal im Jahr. Über die Jahre entsteht trotzdem auch mit diesen Kunden eine Art Vertrautheit.

Manchmal dauert es viele Monate, bis mir auffällt, dass ich einen bestimmten Kunden schon lange nicht mehr gesehen habe. Bei mir meldet sich ja niemand ab, wenn er sich entscheidet nicht mehr zu kommen. Manchmal ist es vielleicht auch gar keine bewusste Entscheidung, sondern ergibt sich einfach irgendwie.

Oft tut mir das leid. Verstehen kann ich es trotzdem. Ich erlebe es auch in meinem Leben so, dass die meisten Dinge eine Phase haben. Nach einiger Zeit passen sie einfach nicht mehr, ohne dass es einen bestimmten Grund dafür gibt. Wobei ich manchmal auch hoffe, dass es einen schönen Grund gibt, z.B. eine erfüllende Beziehung. Manchmal sind es wohl auch nicht so schöne Gründe, wie Krankheiten oder private Probleme.

Ich hoffe, doch bei den meisten in angenehmer Erinnerung zu bleiben, so wie es die meisten meiner Kunden bei mir tun. Ich mag es, viele verschiedene Eindrücke und Lebenssplitter zu sammeln; das ist es, was mir an den Begegnungen mit Menschen Freude macht.

Diskretion

Ich habe hier auf diesem Blog schon mehrfach über verschiedene Aspekte von Diskretion gesprochen (wen es interessiert, einfach ins Suchfeld „Diskretion“ eingeben, dann werden mehrere Texte angezeigt). Am letzten Sonntag hatte ich ein Erlebnis, dass mich wieder über dieses Thema nachdenken lässt.

Ich hatte ein privates Date, das erste nach vielen Monaten, mit jemandem, den ich auf einer anderen Internetseite (Joyclub) kennengelernt habe. Wir hatten vorher ein paar Tage geschrieben, und dabei war natürlich auch Arbeit ein Thema. Ich habe erst gesagt, dass ich selbständig sei, und auf sein wiederholtes Nachfragen dann direkt gesagt, dass ich Sexarbeit mache. Generell gehe ich bei Dates offen mit diesem Thema um – je nach Gefühl aber manchmal auch erst beim zweiten oder dritten Date.

Bei unserem Treffen erzählte er dann, dass er einem Freund von mir erzählt hätte, und dieser ihm mein Profil bei kaufmich gezeigt häätte und er daraufhin etwas in meinem Blog gelesen hätte. Erst mal fand ich da nichts dabei, aber im Nachhinein ärgert es mich irgendwie doch.

Wenn ich jemanden kennenlerne, freue ich mich darauf zu erleben, wie die Person auf mich wirkt und was sie mir von sich erzählt. Ich würde auch nie jemanden googeln, bevor ich ihn das erste Mal treffe – was sollen mir seine beruflichen Informationen oder die Bilder auf Facebook helfen? Sie verzerren das Bild eher, dass ich von dieser Person bekommen kann.

Auf kaufmich präsentiere ich mich auf eine bestimmte Art, die nur einen kleinen Teil meiner Person und Persönlichkeit zeigt. Viele Menschen verwechseln diesen Teil aber mit mir als Gesamtperson, und dann ist es extrem schwierig bis unmöglich für mich, dieses Bild wieder zu ändern. Dieses Mal war das zum Glück nicht der Fall. Trotzdem hätte ich es schöner gefunden, wenn er mich einfach so kennengelernt hätte und sich ein unvoreingenommenes Bild gemacht hätte.

Last but not least ärgert mich die Indiskretion dieses Freundes. Gibt es irgendeinen Kunden hier, der es okay fände, wenn in seinem Privatleben herumerzählt wird, dass er ein Profil bei kaufmich hat?! Für mich ist kaufmich (mehr oder weniger) ein Hauptjob und ich gehe da offen mit um. Es gibt aber durchaus Frauen, die das nur nebenbei machen und in ihrem Privatleben auf Diskretion angewiesen sind, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen.

Altersangaben

Im kaufmich-Forum (das ich eigentlich nicht verfolge) bin ich vor ein paar Tagen über eine Diskussion zum Thema Altersangaben im Profil von Sexarbeiterinnen gestolpert. Eine Sexarbeiterin schlug vor, statt eines Alters eine Altersspanne anzugeben oder alternativ die Möglichkeit zu geben, das Alter ganz wegzulassen. Ihre Argumentation war, dass sie ihr Alter eh immer runtersetzt, da sie „ja deutlich jünger aussieht“.

Das einzige Mal, dass ich mein Alter nach unten korrigiert habe, war ganz am Anfang meiner Sexarbeit. Ich war 23, und im Club wurde gesagt ich sei 19, da „die meisten Männer möglichst junge Frauen wollen“. In der Praxis hat mich das ständig in Schwierigkeiten gebracht, da mein Alter und mein Lebenslauf nicht mehr übereinstimmten und ich mich öfter mal verplappert habe.

Jetzt bin ich 44, und ich möchte selber nicht beurteilen, ob ich danach aussehe oder jünger. Auch mir wird ab und zu gesagt, dass ich jünger aussehe. Wenn ich mich auf Fotos sehe, sieht man manchmal schon mein Alter, finde ich. Was nichts daran ändert, dass ich mit meinem Aussehen im Reinen bin und mich für attraktiv halte.

Ich war nie ein Fan von diesen „weißen Lügen“, und nach einigen sehr negativen Erfahrungen in meinem Privatleben in den letzten Jahren lehne ich sie völlig ab. Ich möchte gesehen werden, ich möchte in Kontakt gehen, und ich möchte einen Eindruck von meinem Gegenüber bekommen. Wenn ich jede kleinste Angabe ständig hinterfragen muss, führt das zu so viel Unsicherheiten, dass der ganze Kontakt in meinen Augen keinen Sinn mehr macht.

Ein letzter Aspekt, der bei dieser Altersdiskussion übersehen wird, ist, dass es nicht immer nur ums Aussehen sind, sondern es durchaus auch wichtig sein kann, in welcher Lebensphase sich jemand befindet. Natürlich kann es attraktiv sein, Sex mit einer 20-jährigen Sexarbeiterin zu haben. Nur: wie viel Erfahrung kann sie haben, wie viel Einfühlungsvermögen, und wie viel Gesprächsstoff findet sich um den Sex herum?

Mythos Privatfrau

Manchmal reagiere ich empfindlich auf Anfragen, bei denen sich der Absender wahrscheinlich nicht viel gedacht hat. So ist es heute Nachmittag passiert, als mir jemand schrieb: „Ich möchte endlich meine Fantasien ausleben und zwar nicht im Bordell oder so sondern bei einer sympathischen natürlichen privaten Dame.“ Meine Antwort fiel wohl etwas harsch aus: „Leider strotzt deine Nachricht für mich nur so von Vorurteilen. Ich werde für Treffen bezahlt, demnach ist das nicht privat sondern mein Beruf. Ich habe auch Erfahrung mit Arbeiten in professioneller Umgebung, also dem was Du so abwertend als Bordell pauschalisierst – und bin stolz auf die Erfahrung und das Können, die ich dabei erworben habe. Ich denke also nicht, dass ich zu Deinen Vorstellungen passe.“

Vor vielen Jahren brachte es mal ein Kunde passend auf den Punkt, indem er sagte: „Ich werde keine private Frau beleidigen, indem ich ihr Geld anbiete und sie damit zu einer Professionellen mache. Und sobald eine Frau dafür Geld nimmt, ist sie eine Professionelle.“ Das Sexarbeiterinnen „das Hobby zum Beruf machen“, ist ein Mythos. Wir unterscheiden sehr deutlich zwischen privatem Sex und Arbeit! Für mich ist Professionalität durchaus etwas Positives, darf aber halt nicht mit privaten Treffen verglichen werden.

Ich verstehe, was manche dieser Kunden sich davon erträumen: eine Frau, die das nur ab und zu macht, wo sie also „etwas Besonderes“ sind, und einen offenen und vielleicht etwas naiven Umgang damit. In der Realität ist es eher so, dass viele Frauen Sexarbeit ausprobieren und es dann nach sehr wenigen Wochen wieder sein lassen, da es doch Fähigkeiten erfordert, die sie nicht besitzen – vor allem die Fähigkeit, sich auf jeden einzulassen und gleichzeitig die eigenen Grenzen zu wahren. Viele Kunden berichten mir dann von der Unzuverlässigkeit dieser Frauen, von kurzfristig abgesagten oder gar versetzten Treffen, oder auch von Forderungen, die an dieser Stelle meiner Meinung nach nichts zu suchen haben: nach Fotos, privaten Informationen, ja nach einer Art Werben (was die meisten Kunden zu umgehen versuchen, indem sie eine Sexarbeiterin anschreiben).

Was Bordelle angeht, so sind dies einfach professionell eingerichtete Räume für erotische Begegnungen – und somit meist einem Hotelzimmer oder privaten Räumen überlegen. Ich mag es, alleine in meiner Wohnung zu arbeiten, da es mir mehr Möglichkeiten (abseits der Sexarbeit) bietet – und vermisse trotzdem manchmal die Möglichkeiten und die sexuell aufgeladene Atmosphäre des Appartements, das ich früher genutzt habe.

Last but not least: Ich habe viele Jahre Erfahrung und Ausbildung in das Thema Sexualität investiert und viel Zeit mit Selbsterfahrung und Reflektion verbracht, um meinen Kunden so begegnen zu können wie ich es heute tue. Das dann als Hobby abgewertet zu sehen und als etwas, das jede Frau einfach so tun könnte, trifft mich.

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