Blog von Tina, Sexarbeiterin aus Hamburg

Monat: April 2025

Erfahrungen

Es kommt relativ häufig vor, dass ein neuer Gast zu mir sagt, dass er noch keine Erfahrungen mit Sexarbeiterinnen hat (und dementsprechend sehr nervös ist). Das ist kein Problem – längt nicht alle Männer besuchen Sexarbeiterinnen, und diese sind meist gut darauf eingestellt, jemandem die Befangenheit zu nehmen und Initiative zu ergreifen. Im Endeffekt sind Sexarbeiterinnen aber auch einfach nur Frauen, nur mit mehr Erfahrung und Wissen.

An dieser Stelle komme ich dann zu einer Frage, die mich immer wieder beschäftigt: Wieviel Erfahrung ist eigentlich „normal“? Wenn es um Dating geht, wird immer mal wieder der Begriff „Bodycount“ in die Runde geworfen; dieser Begriff bezeichnet die Anzahl der Personen, mit denen jemand in seinem Leben schon Sex hatte. Niemand redet aber darüber, wie so der durchschnittliche Bodycount ist.

Ich habe einige Kunden, die explizit zu mir gekommen sind, weil sie das Gefühl hatten, in ihrem Leben zu wenig sexuelle Erfahrungen gemacht zu haben. Für sie ist der Besuch bei mir ein Versuch, zumindest einen Teil dieser Erfahrungen nachzuholen. In meinem Privatleben hatte ich vor kurzem ein Gespräch mit einem Mann, der sich von meiner Erfahrung einschüchtern ließ (wörtlich: „Was Sex angeht, bist du ja Profi!“). Als ich dann darauf hinwies, dass er in seinem Alter ja wohl kaum unerfahren sei, sagte er nur: „In Beziehung zu leben heißt ja nicht, auch viel Sex zu haben.“

Für mich spielt bei Erfahrung nicht nur der Bodycount eine Rolle, sondern vor allem die Frage, wie bewusst und intensiv man seine Sexualität gelebt hat. Es ist durchaus auch möglich, mit einem einzelnen Partner eine ganze Reihe von Erfahrungen zu machen; vielleicht ist das sogar einfacher, da man Vertrauen aufbaut, den anderen kennt und besser kommunizieren kann, als man es mit einem neuen Partner tut. Sexuelle Techniken sind da nur die Oberfläche. Natürlich macht es Spass, verschiedene Dinge auszuprobieren.

Was ich aber viel wichtiger finde, ist die Frage, wie ich mit meinem eigenen Körper und meinen Empfindungen umgehe. Wie gut kann ich mich einlassen, was kann ich alles fühlen und wahrnehmen, und wie reflektiert gehe ich mit meinem Gefühlen und meinen Erfahrungen um? Erst die Verbindung von „technischem“ Wissen und der Kenntnis des eigenen Körpers und der eigenen Empfindungen und Emotionen ist meiner Meinung nach ein Erfahrungsweg, den es sich zu gehen lohnt – immer wieder und in jedem Alter.

Termine vereinbaren

Die letzten zwei Wochen hatte ich gut zu tun; ich habe viele Stammgäste getroffen und viele tolle Dates gehabt. Gleichzeitig hatte ich aber eine ganze Menge frustrierender Momente, und das betraf meist das Thema Terminvereinbarung.

Ich hatte einige Tage, die wirklich voll waren und an denen ich noch Termine ablehnen musste, und andere Tage, an denen ich gerne noch ein oder zwei Termine gemacht hätte, aber keine Anfragen hatte. Ziemlich normal, wenn man selbständig ist, ich weiß. Trotzdem nervt mich manchmal, wie wenig ernst es manchen mit der Anfrage zu sein scheint.

So rief mich ein Kunde an für Donnerstag 18:00. Die Zeit konnte ich nicht – aber dieselbe Zeit an einem anderen Tag, denselben Tag am Nachmittag, oder ich hätte auch noch später am Abend möglich gemacht. Nein, alles nicht gut genug – er meldet sich irgendwann wieder (oder auch nicht). Sowas passiert ziemlich regelmäßig, sehr gerne vor allem bei kurzfristigen Anfragen, und es lässt mich zurück mit dem Gefühl, es eh nicht richtig machen zu können.

Ich versuche alles möglich zu machen, vor allem für Stammgäste. Das funktioniert aber bei manchen Zeiten nur mit Vorlauf. Früher hatte ich feste Zeiten (13:00-19:00), in denen ich auch spontan konnte, und der Rest des Tages gehörte mir. Heute habe ich nie richtig frei, bin aber auch nicht (mehr) bereit, immer auf Abruf zu stehen.

Ein anderer Aspekte dieses Themas: Wenn ich gut gebucht bin, heißt das gleichzeitig, dass ich wohl gut bin in dem was ich mache – was als Empfehlung gilt und damit zu mehr Buchungen führen sollte. Gleichzeitig erwarten aber viele Kunden, dass ich mich voll nach ihren Zeiten richte (siehe oben) und nehmen es mir übel, wenn das nicht möglich ist.

Ein Phänomen, dass es scheinbar nur in meiner Branche gibt – bei den meisten anderen Dienstleistungen sind die Menschen bereit, Termine miteinander zu vereinbaren und nicht einfach diktieren zu wollen.